Gelsenkirchen/Herne. . Martin Bornträger aus Herne ist neuer Präsident der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Gelsenkirchen. Nun spricht er über seinen Job.
Der Herner Martin Bornträger ist seit Januar Präsident der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV) mit Sitz in Gelsenkirchen. Zum Amtsantritt sprach die WAZ mit dem 44-Jährigen.
Guten Tag, Herr Präsident, wie gefällt Ihnen diese Anrede?
Die ist ungewohnt (lacht). Ich sag immer: Bornträger gefällt mir besser. Die Funktion ist wichtig und die Verantwortung, die damit zusammenhängt – aber nicht der Titel.
Sie waren zuletzt Abteilungsleiter im Düsseldorfer Innenministerium, in der vergangenen Legislaturperiode Büroleiter des damaligen NRW-Innenministers Ralf Jäger (SPD). Sind Sie als SPD-Mann wegen des neuen Innenministers Herbert Reul (CDU) gegangen, oder wollte Reul den SPD-Mann Bornträger loswerden?
Diese Frage haben sich viele gestellt. Weder noch. Ich hatte mit Herrn Reul eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die wir auch gut hätten fortführen können. Als aber die Stelle frei wurde, habe ich nicht gezögert: Sie ist meine Traumstelle. Ich kannte die FHöV ja schon gut, weil ich im Ministerium für sie zuständig war. Außerdem: Früher war ich Studienrat an einem Gymnasium und habe mich in der Bildungspolitik engagiert. Ich kenne also beide Welten, die der Bildung und die der Politik. Der neue Posten verbindet beides. Ich bin Herrn Reul daher sehr dankbar, dass er mich bei meiner Bewerbung unterstützt hat.
Sie leiten nun die größte Verwaltungsfachhochschule in Europa. Ist das eine Herkulesaufgabe?
Es ist in jedem Fall eine große Herausforderung, weil die Hochschule stark expandiert. Wir haben innerhalb kürzester Zeit einen starken Anstieg der Studierendennzahlen. Das hat damit zu tun, dass das Land entschieden hat, 2500 neue Polizeianwärter auszubilden. Bis vor einigen Jahren waren es gerade mal 400 bis 500. Aber auch für Verwaltungen wird stärker ausgebildet, etwa für Kommunen. Auch Bezirksregierungen oder Ministerien haben riesige Bedarfe. Das führt dazu, dass wir perspektivisch in zwei Jahren 13.000 Studentinnen und Studenten haben. Von daher ist das vielleicht wirklich eine Herkulesaufgabe. Aber: Die bewältige ich ja nicht alleine. Wir sind im Präsidium zu Dritt und haben ganz hervorragende Leute in Lehre und Verwaltung.
Können Sie diese steigenden Studentenzahlen stemmen?
Da gilt der Spruch der Kanzlerin: Wir schaffen das. Wir behelfen uns damit, dass wir neue Standorte öffnen. Herne ist da ein gutes Beispiel. Wir haben am Studienort Gelsenkirchen einen großen Raumbedarf, den wir nicht decken konnten, da war der Schritt nach Röhlinghausen ein richtiger. Dort haben wir einen guten Standort gefunden, auch dank der Stadt Herne, die uns sehr kurzfristig die Räume zur Verfügung gestellt hat. Im Gegenzug ist Herne nun Hochschulstandort, und ich freue mich sehr, dass diese Lücke geschlossen werden konnte. Dass wir dezentraler werden, ist auch gut, denn wir wollen nah dran sein an den Kommunen, für die wir ausbilden.
Die FHöV hat die ehemalige Görresschule für zunächst fünf Jahre angemietet. Ist es Ihr Interesse als Herner, die Hochschule auch dauerhaft in der Stadt zu haben?
Das hat mit mir als Herner nichts zu tun. Ich freue mich natürlich über jede gute Entwicklung, die Herne macht. Aber: Der erste Blick muss auf die Hochschule gerichtet sein. Im Moment zeigen die Studierendenzahlen dauerhaft nach oben. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir an den jetzt etablierten Standorten auch länger bleiben. Aber natürlich sind wir abhängig vom Land und von den Kommunen, die uns Studierende schicken.
Als der Kooperationsvertrag unterschrieben wurde, hieß es, der Standort Röhlinghausen könnte sogar ausgebaut werden. Ist davon noch die Rede?
Wenn die Studierendenzahlen weiter steigen, kann es sein, dass wir weitere Bedarfe auch an der Abteilung Gelsenkirchen haben. Dann müsste man gucken, ob es auch in Röhlinghausen noch Entwicklungspotenzial gibt. Dass Herne mit seiner zentralen Lage spannend ist, ist klar. Und dass die Hochschule nun auch eine Busanbindung erhalten soll, ist ein dickes Plus.
Ihr Vorgänger sagte, dass die Hochschule ein Teil der Stadtgesellschaft werden soll. Wie kann man das erreichen?
Wir sind ein großer Player, und deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass die Hochschule an ihren Studienorten noch präsenter ist. Ich hoffe, das entwickelt sich, etwa dadurch, dass die jungen Menschen in Röhlinghausen auf den Straßen sind oder zum Bäcker gehen. Und ich als Präsident möchte in den Städten mit den Entscheidungsträgern ins Gespräch kommen, um so Werbung für die Hochschule zu machen.
Warum ist das wichtig? Sie müssen doch nicht um Studenten werben, sie werden ihnen ja automatisch zugewiesen.
Wegen der steigenden Studierendenzahlen brauchen wir etwa auch zusätzliche Lehrende. So müssen wir beispielsweise zeigen, dass wir ein hervorragender Arbeitgeber sind, mit guten Rahmenbedingungen, einem hohen Niveau und spannenden Themen.
Verwaltungen und Polizei müssen moderner aufgestellt werden. Können Sie da Schritt halten?
Ja. Unsere Ausbildung hat eine hohe Qualität. Außerdem sind die Rahmenbedingungen super: Wir haben ein gutes Budget, eine gute Ausstattung, etwa auch der Bibliotheken, und fahren Kurse zwischen 25 und 33 Studierenden. Nicht zuletzt: Wir führen auch neue Angebote ein. So wollen wir 2020 mit einem neuen Studiengang Verwaltungsinformatik ans Netz gehen.
Nicht ganz so „sexy“ klingt der Name „Fachhochschule für öffentliche Verwaltung“. Wäre da nicht mal ein zeitgemäßerer Name sinnvoll?
Ja. Es gibt auch einen Senatsbeschluss mit der Forderung, die FHöV umzubenennen. Übrigens nennen sich gerade viele Fachhochschulen in Hochschule um. Das kann ich gut nachvollziehen, da man zeigen kann, dass man breiter aufgestellt ist. In unserem Fall ist ein großer Teil der Studierenden aus der Polizei, und von dort kam der Wunsch, dass sich die Polizei auch im Namen wiederfindet. Deshalb ist geplant, die Fachhochschule in „Hochschule für Polizei und Verwaltung“ umzubenennen. Der Name ist griffiger und zeigt, was sie tut. Wenn alle zustimmen, kann die FH noch in diesem Jahr umbenannt werden.
Noch mal zurück zur Politik: Sie waren unter anderem im SPD-Landesvorstand, damals gemeinsam mit einer gewissen Michelle Müntefering. Haben Sie keine Ambitionen, vor Ort Politik zu machen? Etwa im Rat?
Ich bin gerne bereit, mich in der Herner SPD zu engagieren und meine Erfahrungen einzubringen. Aber ich war ja früher schon im Rat und Kreistag meiner Heimatstadt Euskirchen. Diese Erfahrungen muss ich nicht unbedingt noch einmal machen.
Entweder oder. . .
Fernsehen oder Streaming?
Zunehmend Streaming, das passt besser bei den vielen Abendterminen. „House of Cards“ habe ich gerne geguckt, obwohl das von der Wirklichkeit eingeholt wurde. Jetzt gucken wir zu Hause „Modern Family“.
Schalke oder BVB?
Blau-Weiß – das passt zu meinem neuen Arbeitsort Gelsenkirchen. Aber ich bin gleichzeitig total froh, dass Dortmund vor Bayern steht.
Morgens geht nichts ohne. . .
. . . Kaffee.
Herne ist für mich. . .
. . .eine absolut liebenswerte Stadt, offen und ehrlich, in der ich mich sehr wohlfühle.
Hund oder Katze?
Hund. Wir haben keinen. Ist eher ein Projekt für die Zukunft.
Dahin möchte ich noch mal in Urlaub:
Mich zieht’s nicht so sehr in die Ferne, ich schätze, was wir seit langem machen: Wandern in den Bergen. Und vor allem: die belgische Nordseeküste. Dort am Meer kann man wunderbar abschalten.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Zur Person
Der Herner Martin Bornträger (44) löste Anfang Januar Reinhard Mokros (64) an der Spitze der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung des Landes NRW (FHöV NRW) ab. Geboren wurde er in Euskirchen. Dort gehörte das SPD-Mitglied unter anderem dem Rat und dem Kreistag an. Beruflich war er zunächst Lehrer an einem Gymnasium in Köln, von 2010 bis 2013 leitete er das Büro des damaligen Innenministers Ralf Jäger. 2013 wurde ihm der Chefposten der Abteilung für Personal und Öffentliches Dienstrecht des Ministeriums übertragen. Nach Herne zog er 2006 – der Liebe wegen.
Die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (FHöV) bildet zurzeit 11.000 Menschen für den gehobenen Polizei- und Verwaltungsdienst aus. Der Sitz ist in Gelsenkirchen, es gibt acht weitere Studienorte, seit kurzem auch in Röhlinghausen. Angeboten werden fünf Bachelorstudiengänge und einen Masterstudiengang. Die Berufspraxis lernen die Studierenden bei ihren Arbeitgebern kennen, bei denen sie vor Beginn des Studiums eingestellt wurden.