Gelsenkirchen. Die Erzbahnbande trifft sich regelmäßig an der Erzbahnbude in Gelsenkirchen. Was es mit der besonderen Männerrunde auf sich hat, was sie planen.

Sie nennen sich die „Erzbahnbande“, und sie sind auf zwei Rädern unterwegs. Wer jetzt allerdings eine Rockergang vor Augen hat, der könnte falscher nicht liegen: Die freundlichen Herren, um die es geht, sind alle im gesetzten Alter, machen nun wirklich keinen kriminellen Eindruck, sondern frönen lediglich ihrer gemeinsamen Leidenschaft: dem Fahrradfahren.

Und das vor allem auf der Erzbahntrasse, die der Gruppe ihren Namen gegeben hat. „Kennengelernt haben wir uns an der Erzbahnbude“, erzählt Bernhard Gryzie. Der 79-jährige Bismarcker ist gern und viel mit seinem E-Bike unterwegs und lobt den Fahrradweg, der zwischen 2002 und 2008 auf dem Gelände der ehemaligen Erzbahn entstand. Wo einst Züge das Eisenerz vom Hafen Grimberg bis zum Stahlwerk Bochumer Verein transportierten, verkehren heute die Radfahrer fernab vom Straßenverkehr zwischen den Städten Gelsenkirchen, Herne und Bochum.

So entstand die „Erzbahnbande“ in Gelsenkirchen

Beliebter Treffpunkt: Die Erzbahnbude an der Erzbahntrasse auf der Grenze zwischen Gelsenkirchen, Herne und Bochum.
Beliebter Treffpunkt: Die Erzbahnbude an der Erzbahntrasse auf der Grenze zwischen Gelsenkirchen, Herne und Bochum. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Dort, wo die drei Städte zusammenstoßen, betreibt seit einigen Jahren Holger Kesting seine „Erzbahnbude“. Ganz knapp auf Gelsenkirchener Stadtgebiet gelegen, kommen Radler, die auf der Trasse unterwegs sind, nahezu zwangsläufig hier vorbei. Bei gutem Wetter sieht man hier schon einmal die Fahrräder vor lauter Speichen nicht – aber als „Schönwetter-Radler“ kann man die Mitglieder der Erzbahnbande wirklich nicht bezeichnen. Auch jetzt, im Winter, treffen sie sich fast täglich, selbst dann, wenn Holger Kesting seine Bude geschlossen lässt. [Lesen Sie auch:Auf dem Irrweg: Mit dem Rad nach Gelsenkirchen-Röhlinghausen]

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„So hat das Ganze angefangen“, erinnert sich Gryzie, „als lockerer Treff.“ Irgendwann habe man festgestellt, dass es immer die gleichen Radler waren, die sich dort versammeln – aus dieser Gruppe entstand dann die „Erzbahnbande“. Aus den Treffen an der Bude wurde bald mehr: Inzwischen planen die Mitglieder auch gemeinsame Touren, verabreden sich per Whatsapp-Gruppe zu Aktivitäten. „Wir sind aber kein Verein“, beeilt sich Gryzie zu versichern.

Sorge um die E-Bike-Neulinge

Die Touren führen die Mitglieder weit über sie Stadtgrenzen von Gelsenkirchen hinaus – „die weiteste Tour, die wir gemacht haben, war 120 Kilometer lang“, berichtet etwa Kalle Schneiders. Beim Treten der Pedalen setzten inzwischen alle auf elektrische Unterstützung: „Wir fahren alle E-Bikes“, bestätigt Schneiders. Er hat auch beobachtet, dass mittlerweile die meisten der Radlerinnen und Radler, die auf der Trasse unterwegs sind, auf die Hilfe beim Strampeln setzen – und sieht die Entwicklung mit etwas Sorge. Gerade Leute, die sich ein E-Bike neu angeschafft hätten, müssten sich erst an die neuen Geschwindigkeiten gewöhnen, weiß Schneiders. „Oft haben die 20 Jahre nicht auf dem Fahrrad gesessen“, sagt er – und regt an, über einen „Führerschein“ für E-Bikes nachzudenken.

Ein weiteres Thema, das die „Erzbahnbande“ bewegt, sind die kleinen Bunker, die entlang der ehemaligen Bahntrasse stehen. Dabei handelt es sich um sogenannte Ein-Mann- oder „Iglu-Bunker“, die um 1942/43 gebaut wurden. Sie sollten während des Zweiten Weltkrieges den Lokführern der Erzbahn Schutz vor plötzlichen Luftangriffen bieten. Einer dieser Bunker steht auf dem Gelände der „Erzbahnbude“ und ist dementsprechend bunt verziert. „Es gibt aber an der Strecke auch noch andere Bunker, die zum Teil überwuchert und in einem schlechten Zustand sind“, sagt Bernhard Gryzie. „Vielleicht könnte man die ja auch mal verschönern – an der Bochumer Straße soll es ja den einen oder anderen Graffiti-Künstler geben.“