Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen werden Frauen besonders oft Opfer häuslicher Gewalt. Dass nicht allen Hilfesuchenden geholfen werden kann, ist beschämend.

Statistisch gesehen hat die Gelsenkirchener Polizei 2020 jeden Tag 2,4 Fälle häuslicher Gewalt erfasst. Die meisten der insgesamt 899 Opfer waren Frauen (788) - und das sind nur die registrierten Fälle. Der Gleichstellungsatlas der Landesregierung zeigt, dass allein anhand der bekannten Fälle Frauen in Gelsenkirchen besonders oft Opfer häuslicher Gewalt sind. In nur fünf NRW-Städten sind die Zahlen noch dramatischer.

In Wirklichkeit dürften es aber auch in Gelsenkirchen viel mehr als die 788 Frauen sein, die unter gewalttätigen Partnern zu leiden hatten und haben. Frauen, die aus Angst vor noch mehr Gewalt oder sozialer Ächtung in ihrem sozialen Milieu mit dem Schmerz und der Erniedrigung und am Ende auch weiter mit ihrem Peiniger in einem Haushalt leben.

Denn oftmals sind es vor allem Frauen mit Migrationshintergrund, die der Gewalt ihrer Männer oder Brüder ausgesetzt sind und die sich nicht wagen, sich an die Behörden zu wenden oder anderweitig Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie fürchten, als Nestbeschmutzerinnen ausgeschlossen zu werden. Zumal in den Kulturen ihrer Herkunftsländer es dem Mann oftmals geradezu zusteht, Frauen und Töchter „auch mal mit Gewalt zu züchtigen“.

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Darüber muss offen und ehrlich geredet werden, unabhängig davon, ob Rechte dies für ihre Hetze instrumentalisieren und Linke vor lauter Sorge um undifferenzierte Diskussionen um den Brei herumreden.

„Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache. Und noch viel weniger ist sie Frauensache“

Keine Frage, Gewalt gegen Frauen ist nicht allein ein importiertes Problem. Gewalt gegen Frauen ist Alltag in Deutschland und wurde viel zu lange ins Private verdrängt. Ganzen Generationen von Frauen wurde beigebracht, dass man über so etwas nicht redet. Was im Schlafzimmer passiert, bleibt im Schlafzimmer. „Gewalt gegen Frauen ist keine Privatsache. Und noch viel weniger ist sie Frauensache. Gewalt gegen Frauen fängt bei Männern an. Sie ist das Resultat eines schädlichen Verständnisses von Männlichkeit“, hieß es einst treffend in der Süddeutschen Zeitung.

Dass es inzwischen zahlreiche Initiativen und Bemühungen gibt, dies Tabus zu brechen und Frauen in Not zu helfen, ist gut. Dass es in Städten wie Gelsenkirchen, wo Frauen offensichtlich besonders gefährdet sind, viel zu wenig Plätze in Schutzeinrichtungen gibt, ist beschämend.