Gelsenkirchen-Horst. Bettina Angela Peipe und Martin Gatzemeier aus Gelsenkirchen verwerten seit über dreißig Jahren die ausgekämmte Unterwolle ihrer Hunde.
Modisch und zeitgemäß nachhaltig, das sind die Pullover von Bettina Angela Peipe und Martin Gatzemeier aus Gelsenkirchen. Auf den ersten Blick kann man noch nicht einmal erahnen, aus welchem Material sie gefertigt sind. Die große Überraschung: Sie bestehen aus der Unterwolle der eigenen Hunde. Dieser, die heute noch in der Familie leben und jener, die es einst taten und schon vor Jahren das Zeitliche gesegnet haben.
Seit Anfang der 90er-Jahre bereits sammelt das Paar die ausgebürstete Unterwolle der Hunde, die anfällt, wenn einmal im Jahr der Fellwechsel ansteht. Schon deutlich länger halten sie Hunde aus Tibet. „Eine befreundete Künstlerin hatte damals einen Tibet-Terrier. Da haben wir uns in die Rasse verliebt“, erzählt Martin Gatzemeier. Jahrelang hält das Paar Vertreter dieser Rasse, nimmt vielfach auch Hunde aus dem Tierschutz auf. Dann lernen sie die Rasse der tibetischen Herdenschutzhunde Do Kkhyi kennen. Fortan halten sie auch diese großen Gemütshunde, denen man nachsagt, dass in ihnen die Seelen der Priester weiterleben.
So viel Wolle sammeln die Gelsenkirchener von ihren Hunden
Auf die Idee, die Unterwolle der Hunde zu verwerten, kommt das Paar auf einer Hundeschau. „Da hatte jemand einen Neufundländer, dessen Wolle er für Kleidungsstücke verwendet“, erzählt die Horsterin und erklärt, das sei bei allen Langhaarrassen gar kein Problem.
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Wenn der jährliche Fellwechsel ansteht, dann kämmen die beiden ihre Hunde täglich. „Innerhalb dieser Zeit kommt bei einem großen Hund etwa ein Kopfkissen voller Wolle heraus.“ Weil man für einen Pullover mindestens die dreifache Menge benötigt, heißt es zunächst: sammeln. Die Weiterverarbeitung übernehmen dann Fachleute. „Das Verspinnen muss man vergeben“, erklärt sie. In ländlichen Regionen gebe es Betriebe, die die Wolle zunächst waschen, dann kämmen und schließlich spinnen. Das fertige Garn erhalten Bettina Angela Peipe und Martin Gatzemeier zurück. Dann suchen sie sich im Freundeskreis Menschen, die Spaß am Stricken haben. Das haben die beiden nämlich nicht. Er sei mehr der Handwerker, sagt er. Und sie liest in ihrer Freizeit lieber.
Pullover erinnern auch an bereits verstorbene Hunde
Vier Pullover haben die beiden zum Treffen mitgebracht. Neben zwei der drei eigenen Hunde: Tibetterrier Kipu und Do Kkhyi-Hündin Tarani, benannt nach einer tibetischen Göttin. Zwei der mitgebrachten Pullover tragen sie am Körper. Sein Modell ist dreifarbig, weil es die Wolle dreier Hunde vereint. Ihres ist ein schicker Long-Pullover in einem warmen Braun.
Auch Katzen können Wolle liefern
Grundsätzlich könne man die Unterwolle aller Hunde für Garn gebrauchen, erklärt Bettina Angela Peipe. Bei kurzhaarigen Hunden jedoch sei es erforderlich, andere Wolle mit längeren Haaren mit zu verspinnen.Verwenden könne man auch die Unterwolle von Katzen. Da spricht das Paar aus Erfahrung: Zusätzlich zu den Hunden hält es auch stets mehrere Katzen. Ob der Größe sei natürlich das Ergebnis deutlich kleiner. Die Wolle einer bereits verstorbenen norwegischen Waldkatze habe nur für ein Stirnband gereicht.Strickwaren aus Hundewolle sind im Netz übrigens schon lange kein Geheimtipp mehr. Die so genannte „Chiengora“ gilt als besonders nachhaltiger Werkstoff.
Das Paar ist überzeugt von den Kleidungsstücken, kennt gleich mehrere Vorteile: „Es ist natürlich ähnlich zu verarbeiten wie Schafwolle, hat aber keinerlei Eigengeruch und enthält überhaupt keine Schadstoffe.“ Auch beim Berühren überzeugen die Pullover: Sie sind weich und warm. Zu warm übrigens, um sie im Haus zu tragen. „Ich ziehe den an, wenn ich mit den Hunden gehe oder wenn wir im Urlaub an der Küste sind.“ Noch ein Vorteil: „Die sind richtig nachhaltig“, erzählt er: Sein Pullover sei sicher älter sei als zwanzig Jahre und noch immer so gut wie am ersten Tag.
Ein sehr emotionaler Aspekt kommt auch dazu: „Es ist eine schöne Erinnerung an ein Wesen, mit dem man einen Teil des Weges gegangen ist.“ Das, so sagt Bettina Angela Peipe, sehen immer mehr Menschen so. Die Zahl der Hundehalter, die auch die Wolle ihrer Hunde verarbeiten, steige stetig.
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