Gelsenkirchen-Hassel. Dr. Metin Özyurt, Allgemeinmediziner, hat sich vorgenommen, im Stadtteilzentrum im Norden von Gelsenkirchen gleichsam aufzuklären und zu impfen.

Rund drei Wochen ist es her, da macht sich Dr. Metin Özyurt daran, ein großes Vorhaben zu verwirklichen: In Hassel, wo er eine Hausarztpraxis betreibt, will er noch mehr Menschen impfen und boostern. Nur fehlen ihm dazu die Räumlichkeiten. Mit seinem Plan wendet er sich an seinen Freund, den Stadtverordneten Thomas Klasmann. Der denkt sofort ans Stadtteilzentrum und macht sich ans Werk. Und tatsächlich geht es rasch und unkompliziert. Seit Mittwoch wird am Eppmannsweg 32 geimpft.

Eine Besonderheit: Man benötigt keinen Termin und alles geht ganz zügig. Der Allgemeinmediziner hat hier die Infrastruktur einer Praxis geschaffen, mitsamt digitaler Anbindung zur Kassenärztlichen Vereinigung und dem Robert-Koch-Institut. „So dauert das Impfen bei uns nur wenige Minuten“, sagt Metin Özyurt und tritt wenig später den Beweis an.

Hohe Akzeptanz bei Menschen mit Migrationsgeschichte

Impfpraxis

Die Impfpraxis im Stadtteilzentrum Hassel ist mittwochs und freitags von 14 bis 18 Uhr geöffnet sowie samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr. So soll es bis zum Jahresende bleiben. Wobei die Feiertage ausgenommen sind. Nach dem Jahreswechsel soll das Angebot noch ausgebaut werden.

Der Praxisbetrieb von Dr. Metin Özyurt, der neben dem im Hassel auch einen Standort in Essen hat, läuft normal weiter. Möglich sei dies nur, weil er über ein so großes Team verfügt: Er hat 21 Angestellte, darunter fünf Ärzte.

Besonders ist auch, dass hier, vor dem Hintergrund der Debatte, dass Menschen mit einer Migrationsgeschichte beim Impfen als zurückhaltender gelten, ein Arzt mit türkischen Wurzeln dabei ist, also auch mehrsprachig aufklären könnte. Allerdings sagt der Mediziner: In Hassel bestehe dieses Problem gar nicht. „Bei dieser Bevölkerungsgruppe ist die Akzeptanz sogar höher. So ist meine Beobachtung. Besonders bei älteren Menschen.“ Seiner Schätzung nach liege die Impfquote der Menschen mit türkischen Wurzeln in Hassel bei deutlich über 80 Prozent. Das bestätigt Metin Özyurt in seiner bisherigen Arbeit. [Zum Thema:In Gelsenkirchen ist der Migrantenanteil unter den Intensivpatienten offenbar groß - und die Zahl der Impfwilligen gering. Ärzte sind ratlos.]

Bedarf sehen die beiden Initiatoren, der Arzt und der ehemalige Bezirksbürgermeister, dennoch. „Wer die langen Schlangen an den Impfbussen gesehen hat, der wusste doch, man muss etwas tun“, erklärt Thomas Klasmann. Er verrät, was man als nächstes angehen will. „Metin Özyurt hat mir auch zugesagt, in die Schulen im Ortsteil zu gehen, dort die Eltern zu informieren über die Impfungen bei Kindern und diese dann auch durchzuführen.“ Sobald das möglich ist.

5.000 Dosen Moderna – auch und besonders am Wochenende

Der Mediziner nämlich erzählt, aktuell habe er kaum Impfstofflieferungen des Präparates von „Biontech“. „Wenn wir Glück haben, bekommen wir nächste Woche 30 Dosen.“ Ganz anders sei das bei dem Präparat von „Moderna“. Davon verfüge er über rund 5.000 Dosen, die er nun in Hassler Arme bringen will. Ganz unkompliziert – auch und besonders am Wochenende. [Zum Thema:Einige Impfangebote in Gelsenkirchen in der Übersicht]

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Wichtig sei dabei auch der Ort. Studien zeigen, Menschen lassen sich in vertrauter Umgebung viel lieber impfen. Und das Stadtteilzentrum ist für viele am Ort Bestandteil ihres Alltags geworden. „Wir sind froh, jetzt hier sowohl Tests als auch Impfungen anbieten zu können“, erklärt Bernd Gartenmann, der Hausherr. „Wir sind in einer weltweiten Krise, in der wir hier, im Kleinen, aktiv werden können. Wir wissen ja alle, wenn viele Menschen viele kleine Schritte tun, dann kann man auch diese Krise bewältigen.

Eine Impfwillige kommt sogar aus Recklinghausen

Während der Gespräche finden sich die ersten Impfwilligen ein. Darunter ist eine junge Frau mit Migrationsgeschichte. Mit dem Impfbuch in der Hand steht sie in der Reihe der Wartenden. „Es geht schnell und unkompliziert“, erklärt sie, warum sie heute da ist – obwohl sie aus Recklinghausen kommt. Die Tante lebe hier in Hassel, erzählt sie. Ob es denn solche Angebote nicht in ihrer Heimatstadt gebe? Vielleicht schon, sagt die junge Frau. Aber die kenne sie nicht. Und trotz der Entfernung habe sie sich für diesen Standort entschieden.