Gelsenkirchen-Rotthausen. Im Süden Gelsenkirchens will sich die evangelische Kirche auf die Altstadt fokussieren. Im Gottesdienst in Rotthausen kochten die Emotionen hoch.

Für einen Gottesdienst zum dritten Advent ist die evangelische Kirche an der Steeler Straße gut besucht, jedenfalls unter Corona-Bedingungen. Die Emotionen, die hier am Sonntagmorgen zutage treten, sind auch weniger erwartungsfroh, erwartungsvoll als üblich in der Vorweihnachtszeit. Es geht vielmehr um die Zukunft der Gemeinde und vor allem ihrer Bezirke im Stadtsüden, konkret um Rotthausen.

In diesem Moment erfahren die Besucher, was inzwischen schon die Runde gemacht hat: Das Presbyterium der Emmaus-Großgemeinde hat am 6. Dezember bedingt durch die demografische Entwicklung und den Rückgang der Gemeindegliederzahlen, damit auch der Steuereinnahmen, ein neues Gebäudekonzept beschlossen. So der Protokollauszug.

Weniger Gottesdienste in drei evangelischen Kirchen in Gelsenkirchen-Süd

Damit wolle sich die evangelische Kirche entgegen anderer Quellen nicht aus dem Süden zurückziehen, sondern alternative Angebote in allen Stadtteilen entwickeln. Allerdings sei dazu eine Konzentration im Bereich Mitte, der Altstadt, vonnöten. Das dortige Gemeindehaus soll bis 2023 grundsaniert werden. Bereits ab dem Sommer 2022 werde es weniger Gottesdienste in der Friedenskirche, der Kreuzkirche und der Kirche in Rotthausen geben, erfuhren die Besucher.

Pfarrerin Kirsten Sowa stellte sich der Diskussion nach dem Gottesdienst über die Zukunft der Gemeindearbeit im Gelsenkirchener Süden.
Pfarrerin Kirsten Sowa stellte sich der Diskussion nach dem Gottesdienst über die Zukunft der Gemeindearbeit im Gelsenkirchener Süden. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Die Kreuzkirche in der Feldmark soll entwidmet und möglichst neu genutzt werden, auch die Friedenskirche in Schalke und die Kirche in Rotthausen sollen mittelfristig aufgegeben werden, ebenso das Katharina-von-Bora-Haus und das Gemeindezentrum in Rotthausen. Alle Gemeindeversammlungen, die das Thema hätten betreffen können, seien bisher unter Corona-Schutzaspekten abgesagt worden. Möglichst umgehend solle eine Versammlung im nächsten Jahr angesetzt werden.

Sparzwänge im ganzen Kirchenkreis

Superintendent Heiner Montanus erinnerte mit ernsten Worten auf die laut werdenden Vorwürfe, die funktionierende Gemeindearbeit im Süden der Stadt solle „abgewickelt“ und „kaputt gespart“ werden: „Die fetten Jahre sind vorbei. Das, was hier ansteht, wird im Kirchenkreis bei allen Gemeinden so kommen.“

Er mahnte, es sei wichtiger, die Angebote für die Gruppen aufrechtzuerhalten, statt sich an die Gebäude zu hängen.

Personelle Veränderungen

Bereits Ende Juni 2021 verlässt Pfarrer Andreas Chaikowski die Emmaus-Gemeinde, gab das Presbyterium im Gottesdienst in Rotthausen bekannt. Ob die Stelle wieder besetzt werde, sei noch nicht entschieden. Chaikowski ist derzeit Vorsitzender des Presbyteriums.

Die Tätigkeit von Vikarin Friederike Melloh endet im April.

Die Evangelische Kirchengemeinde Gelsenkirchen, die Evangelische Kirchengemeinde Rotthausen und die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Schalke haben sich am Reformationstag 2014 zur Emmaus-Kirchengemeinde zusammengeschlossen.

Häufig tauchte in der über einstündigen, emotional geführten Diskussion im Anschluss an den eigentlichen Gottesdienst Vorwürfe von „mangelnder Transparenz“ von Seiten des Presbyteriums auf. Das Votum zur Konzentration der kirchlichen Präsenz und der Angebote sei dort mit 13:7 Stimmen gefallen, so wurde es zumindest bekanntgegeben. Damit seien nicht allein die Stimmen aus Rotthausen in die Waagschale geworfen worden.

Immer weniger Gemeindeglieder

Pastorin Kirsten Sowa erinnerte eindringlich, es sei eine vereinigte Gemeinde, um die es hier gehe, nicht nur um Rotthausen. „Es ist extrem hart für uns“, unterstrich sie, „aber die Grenze des Finanzierbaren ist erreicht. Immer weniger Gemeindeglieder bedeuten für uns geringere Steuerzuweisungen und weniger Geld für die Gemeinden“.

„Das bietet uns jetzt auch die Chance, über Möglichkeiten für die Zukunft nachzudenken“, rief sie auf. „Es kommen immer weniger Menschen nach“, erinnerte sie an die Abkündigungen, „fünf Beerdigungen und keine einzige Taufe“.

Hoffnung für einen neuen Weg der Gemeinde sah sie schon in der Zeit, wenn das Altstadt-Gebäude renoviert werde: „Dann ist das Haus erst einmal zu, und die Gruppen kommen zu uns.“