Gelsenkirchen. Thorsten Pasucha aus Gelsenkirchen-Buer ist nun Thorsten I. und führt für die Bismarcker Funken für eine Session die örtliche Narrenschar an.
„Liebe Närrinnen und Narren, Gelsenkirchen hat einen neuen Prinzen“, ruft Hans-Georg Schweinsberg gegen 21.30 Uhr am Samstag. Kurz und bündig ist die Übergabe der Insignien da über die Bühne gegangen. Dabei ist es ein geschichtsträchtiger Moment: Erstmals regiert nur ein Prinz das Narrenvolk in Gelsenkirchen. Ohne Prinzessin.
Dass das dem tollen Treiben keinen Abbruch tut, das stellt Thorsten I. Pasucha gleich unter Beweis. Kaum hat er das Mikrofon in der Hand, da lacht, singt und tanzt er auch schon und liefert damit die Freude und den Esprit ab, den alle von ihm erwartet haben.
Gelsenkirchener Karnevalsprinz sagt von sich selbst: „Ich bin eine Rampensau“
„Ich bin ja eine Rampensau auf der Bühne“, erzählt der 54-Jährige ein paar Tage zuvor am heimischen Küchentisch. Kein Wunder. Als Sänger der beliebten Karnevalsband „Trallafitti“ ist er auf den Bühnen der Region ja ohnehin zu Hause. Die Liebe zum jecken Brauchtum aber hat er noch viel länger im Blut. Schon als Kind liebt er die fünfte Jahreszeit – obwohl die Eltern diese Liebe nicht teilen. „Ich weiß noch, ich habe schon ganz früh immer vor dem Fernseher gesessen und ,Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht‘ geschaut.“ Deswegen fahren die Eltern auch mit ihm stets zum Rosenmontagszug in die Heimatstadt Bottrop.
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Gelsenkirchener Karnevalsprinz: Prinzenrolle ist eigentlich kein Lebenstraum gewesen
Im jungen Alter von 16 Jahren gründet Thorsten Pasucha seine erste Partyband. Karnevalshits gehören da schon zum Repertoire. „Und wenn wir gespielt haben ,Ach wär ich nur, ein einzig Mal, ein schmucker Prinz im Karneval‘, dann habe ich immer Gänsehaut bekommen.“ Trotzdem, erzählt er, sei die Prinzenrolle kein Lebenstraum gewesen.
Einfach, weil sie stets so fern scheint. Damals erst recht. „Wir nannten uns ,Die Casanovas‘, hatten lange Haare. Wenn wir im Altenheim unsere Instrumente aufgebaut haben, dann haben sich die alten Leute in ihren Rollstühlen raus fahren lassen. Aber wenn wir das Kufsteinlied gespielt haben und den Schneewalzer, dann kamen sie alle wieder rein.“
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Immer schon feiert Thorsten Pasucha gern Karneval, fährt regelmäßig nach Köln und Düsseldorf und lernt genau dort, auf der Kö im jecken Treiben, seine Frau Petra kennen. Fortan leben beide gemeinsam ihre Liebe zum Brauchtum. So unterstützt ihn auch die Familie, als er 2005 die Band „Trallafitti“ gründet – ursprünglich auch zunächst als Partyband. „Wir haben zum Beispiel zur Weltmeisterschaft 2006 in Buer vor dem Hexenhäuschen auf der Straße gespielt.“
Bald aber konzentriert sich alles auf den Karneval. „Da habe ich auch ein bisschen drauf hingearbeitet“, gesteht der Sänger. „Ich habe bald das Lied ,Karneval im Ruhrpott‘ geschrieben. Und damit ging alles los.“ Die Band ist gefragt, spielt von Dortmund bis Düsseldorf, einmal sogar, darauf ist Thorsten Pasucha zurecht stolz, in den Rheinterrassen. „Aber irgendwann war die Luft raus.“ 2019 beendet die Band ihre Karriere.
Ein bisschen wie ein Heiratsantrag
Thorsten Pasucha bleibt natürlich närrisch – und geht eine jecke Idee an. Er ist Gründungsmitglied des jüngsten Karnevalsclubs der Stadt, der „Buerschen Domfunken“. Mit ihnen ruft er den Mitsing-Abend im Dorfkrug ins Leben, wo nach rheinischem Vorbild Menschen zusammen kommen, um gemeinsam kölsche Lieder zu singen. Schon nach der ersten Ausgabe steht fest, hier entwickelt sich eine Kult-Veranstaltung.
Karnevalsfeiern in der Corona-Pandemie ungewiss
Nach der Prinzenproklamation geht der Karneval in Gelsenkirchen traditionell in die Weihnachtspause. Die Hochzeit der Session beginnt stets mit der Ritterkür der KC Astoria Anfang Januar. Danach starten die Sitzungen aller Vereine.
Ganz offen sprach es am Samstag nur OB Karin Welge aus: Ob und unter welchen Bedingungen dann überhaupt gefeiert werden kann, ist angesichts der steigenden Infektionszahlen gänzlich ungewiss. Am Samstag setzte man bereits auf 2G und hatte zuvor an alle Jecken appelliert, sich obendrein testen zu lassen.
Beim Dankgottesdienst des Festkomitees in St. Urbanus kommt es 2019 zu einem ganz besonderen Moment für Thorsten Pasucha: „Ich stehe im Mittelgang und Gerd Schwenzfeier kommt auf mich zu. Er nimmt meine Hand und fragt mich, Thorsten, willst du Karnevalsprinz werden? Das war wie ein Heiratsantrag. Ich war völlig überrascht. Aber ich glaube, ich habe ,Ja‘ gestammelt. So richtig weiß ich das gar nicht mehr, so emotional war der Moment.“
Als er die Hintergründe erfährt, dass er für die Bismarcker Funken ins Ornat schlüpfen soll, da wird Thorsten Pasucha noch einmal unsicher. „Ich habe gesagt, die kennen mich ja gar nicht.“ Eine unbegründete Sorge. „Ich habe einen super Zuspruch erlebt und bin mit offenen Armen aufgenommen worden.“
Karneval als echte Show
So besonders die Umstände sind, auch in Anbetracht der langen Pause des Narrentums und vor dem Hintergrund der Pandemie, so außergewöhnlich soll auch seine Amtszeit werden. Seine Auftritte werden echte Programmpunkte. So hat Thorsten I. eine Proklamation geschrieben, eine närrische Rede, die er allerorts vorträgt. Sie endet mit den Worten: „Mein großer Wunsch für die Session, bleibt hoffentlich keine Vision: Der ganze Ruhrpott Narrenland, wünscht euch der Prinz vom Emscherstrand.“ Dann folgt ein erstes kleines Lied. Der „Prinz vom Emscherstrand“ gesellt sich dann zur Melodie des „Kölschen Jung“ – der Auftakt für den Tanz der Prinzengarde.
Genauso läuft es am Samstagabend. Die Prinzengarde tanzt bravourös, mit Energie, mit Esprit, top-synchron, mit tollen klassischen Elementen – großartig! Prinz Thorsten krönt das mit seinem Lied „Karneval im Ruhrpott“. Darin heißt es: „Der Karneval im Ruhrgebiet, der ist ne echte Show“. Hier und heute stimmt das allemal.
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