Gelsenkirchen/Berlin. Es ist die bisher größte Herausforderung für Paul Giencke vom Büro GM013. Der Berliner Landschaftsarchitekt will in Gelsenkirchen die IGA prägen.

Zum Revier, sagt Paul Giencke, hatte er bislang wenig Anknüpfungspunkte. Gelsenkirchen, gesteht der Österreicher, sei durchaus Neuland für ihn gewesen. Giencke lebt und arbeitet in Berlin. Dort ist auch sein Landschaftsarchitekturbüro, auf Projekte dort konzentrieren er und sein Team – naheliegend – einen Großteil der Arbeit. Doch mit einem großen Wurf haben sich die Landschaftsarchitekten förmlich in den Mittelpunkt des lokalen IGA-Interesses und des Ruhrgebiets katapultiert. Sie belegten im freiraumplanerischen Wettbewerb für den IGA-Part in Gelsenkirchen den ersten Platz. Die Zukunftsinsel der Internationalen Gartenausstellung Metropole Ruhr zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal wird nach ihren Plänen gestaltet. Es ist das bislang größte Projekt der Berliner.

In Gelsenkirchen sind bei der IGA viele Player am Start

Auch interessant

„30 Hektar Fläche zu planen ist schon eine besondere Herausforderung. Da darf man in ganz anderen Zusammenhängen denken“, sagt Giencke. Auch organisatorisch ist sein Büro gefordert. „Es sind sehr viele Player am Start“, sagt der Landschaftsarchitekt. „Mehr oder minder haben wir drei Bauherren.“ Die Vorentwurfsplanung auf Basis des Siegerentwurfs, mit dem Gienckes Berliner Büro GM013 die IGA-Juroren überzeugt hatte, läuft derzeit, im Oktober soll sie abstimmungsreif sein. Sorge, dass viele Entscheidungsträger letztlich auch Entscheidungen schwierig machen könnten, hat der 39-Jährige nicht. „Ich habe das Gefühl, bei der IGA ziehen alle an einem Strang. Da steckt ganz viel Wollen dahinter.“ Außerdem sei im Vorfeld der Ausschreibung schon „sehr viel Abstimmungsleistung erbracht worden“. Sprich: Die Basis stimme, auf der gilt es, nun zu aufzubauen.

Der Nordsternpark hat die Landschaftsarchitekten beeindruckt

Paul Giencke (40) hat in Graz und Berlin studiert. 2013 gründete er das Büro GM013 Landschaftsarchitektur in Berlin.
Paul Giencke (40) hat in Graz und Berlin studiert. 2013 gründete er das Büro GM013 Landschaftsarchitektur in Berlin. © Sina Giencke

Und auch das Umfeld ist schon angelegt, seit der Buga 1997 existiert der Nordsternpark. „Zunächst einmal war ich sehr beeindruckt von dem Park, auch dass er so gut in Schuss ist. Dort sieht man, was gute Pflege und was Wertschätzung seitens der Stadt gegenüber so einem Gelände ausmachen“, findet der Landschaftsarchitekt. Gleichzeitig sei die Anlage natürlich auch Spiegelbild der 90er Jahre, die Planer damals hätten stark mit „Anspielungen und Metaphern“ gearbeitet. Sich in diesem Spannungsfeld mit der vorhandenen Architektur auseinanderzusetzen und sie weiterzuentwickeln, sagt Giencke, mache ihm „total Spaß“, sei aber gleichzeitig auch eine große Aufgabe für sein Büro. „Diese Größe ist neu für uns, sie ist aber auch der logische Schritt in der Entwicklung, die wir bisher gegangen sind.“

Auch interessant

Das Ergebnis überzeugte das Preisgericht: „Mit ihrem Konzept eines klimaneutralen und energieautarken Parks verknüpfen die Verfasser gekonnt das ruppige Potenzial des Bestandes, den Nordsternpark und die zukunftsorientierte Programmierung des Geländes zu einem spannungsvollen neuen wie eigenständigen Ensemble“, würdigte die Jury den Entwurf, der „sich aus der Formensprache des Nordsternparks insbesondere im Umfeld des Amphitheaters sowie der Baum- und Heckenzüge“ entwickele und dabei die vorhandenen Stilmittel aufgreife und variiere.

Gestalterisch die größte Herausforderung bietet das Wendebecken am Kanal

Mit „fünf, sechs Leuten“ sitzt das Team in Berlin aktuell an der Konkretisierung der Pläne, eine dreiköpfige Projektleitung wird schließlich für die Umsetzung zuständig sein. „Uns geht es stark darum, eine klare Orientierung zu schaffen. Ein wichtiger Punkt für mich ist, den Ort wirklich als Insel erfahrbar zu machen“. Gestalterisch die größte Herausforderung, aber sicher auch die meiste Freude, schätzt Giencke, werde das Wendebecken am Kanalufer bescheren, ambitioniert werde aber auch der Umgang mit den „rückwärtigen Flächen“, die an Haldenstrukturen erinnerten.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren +++

Wichtiges Thema der IGA 2027 ist die Klimaresilienz, also die Fähigkeit, Auswirkungen und Belastungen des Klimawandels abzumildern. Für Giencke ist die Frage, wie man den Menschen postindustrielle Flächen „als Naturerfahrungsraum zurückgibt“. Ein wichtiger Baustein dafür wird das ehemalige Kohlenbunkerensemble im Nordsternpark, das zum „Green Tower“ werden soll. Für die Gestaltung werden Andere zuständig sein. Für Giencke geht es darum, das Ensemble „in unsere Arbeit einzubinden“ – für eine IGA aus einem Guss.