Gelsenkirchen. In einer Mini-Kita in Gelsenkirchen kam ein Junge ums Leben. Stadt erklärt, wie es zum Unfall kam. Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung.
Zwei Tage nach der schrecklichen Nachricht über den Tod eines zweijährigen Jungen in einer Mini-Kita in Gelsenkirchen-Schalke sind noch viele Fragen offen. Allen voran diese: Wie konnte es dazu kommen, dass der kleine Junge unentdeckt in die Situation geriet, in der er sich nach Auskunft der Stadt Gelsenkirchen den Kopf in einem Gitter-Hochbett derart einklemmte, dass er an den Folgen verstarb?
Diese und weitere Fragen sind Bestandteil der Ermittlungen, weshalb die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt nichts zu weiteren Einzelheiten sagen könne, so eine Sprecherin. Derweil haben die Behörden bekanntgegeben, dass sie nun wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen zwei 24 und 36 Jahre alte Erzieherinnen ermitteln.
Junge klemmte sich den Kopf im Hochbett in Gelsenkirchener Kita ein
Martin Schulmann, Sprecher der Stadt Gelsenkirchen, hatte zuvor erklärt, dass der Zweijährige in einem Etagenbett unten lag und offensichtlich die elf Kilogramm schwere Bodenplatte des darüberliegenden Bettes hochgedrückt hatte. Daraufhin sei der Kopf des Jungen zwischen dem Bettrahmen und der Bodenplatte des oberen Bettes eingeklemmt worden.
Zum Unfallzeitpunkt waren nicht, wie bisher vonseiten der Stadt berichtet, vier, sondern drei Kinder und zwei Erzieherinnen in der Mini-Kita. Um 13.45 Uhr sei der Junge leblos durch die Erzieherinnen gefunden worden. Wann zuvor das letzte Mal eine der Tagespflegekräfte nach dem Rechten gesehen hat, kann die Stadt auf Nachfrage nicht beantworten. Das Kind wurde zunächst reanimiert, verstarb aber wenig später im Krankenhaus, berichten Stadt und Polizei. Inzwischen liegt auch der Obduktionsbericht vor, der zu dem Schluss kommt, dass der Junge erstickt ist.
Die beiden Erzieherinnen sollen selbst unmittelbar vor dem Ruheraum gesessen und dennoch nichts von dem tragischen Unfall mitbekommen haben. Davon jedenfalls geht die Stadt nach bisherigen Erkenntnissen aus. Allerdings hatte die Stadt noch keine Gelegenheit, selbst unmittelbar mit den Frauen zu sprechen.
Ob die zwei anderen Kinder, die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch in der Mini-Kita waren, auch schliefen, und ob die Tür zum Schlafraum offen stand, ist ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen.
Keine Schlafwache, kein Babyfone in Gelsenkirchener Mini-Kita
Indes werden Fragen laut, warum es in der Mini-Kita keine Schlafwache gegeben hat und warum die Erzieherinnen kein Babyphone mit oder ohne Kamera hatten, mit denen man für gewöhnlich jedes noch so leise Geräusch hören kann.
Dass ein Erzieher oder eine Erzieherin im selben Raum Wache hält, in dem Kita-Kinder ihren Mittagsschlaf halten, sei in Gelsenkirchen nur in größeren Kindertagesstätten üblich, berichtet Schulmann. Die Mini-Kitas, in denen sich zwei Honorarkräfte um maximal bis zu neun Kinder kümmern würden, gestalteten laut Stadt ihren Tagesablauf selbst - und somit auch die Frage, ob sie Schlafwache halten oder nicht.
Gegenstand der Ermittlungen ist auch, ob sich der tödliche Unfall tatsächlich „geräuschlos“ zugetragen hat.
Warum war das Brett des Bettes nicht verschraubt?
Eine weitere, noch ungeklärte Frage ist die nach dem Bett selbst. Wie kann es sein, dass ein elf Kilogramm schweres Brett, das unmittelbar über dem Schlafplatz für Kleinkinder aufliegt, nicht befestigt ist?
Tatsächlich versucht die Stadt herauszufinden, welche Firma vor zehn Jahren die Betten eingebaut hat. Klar sei aber, in keiner anderen Kita in Gelsenkirchen seien vergleichbare Betten verbaut, so Stadtsprecher Martin Schulmann.
Einen TÜV oder ähnliches, der die Möbel und Einrichtungen in Mini-Kitas genau unter die Lupe nimmt, gibt es jedenfalls nicht. Zwar gebe es die sogenannte Fachberatung, die sogar von Zeit zu Zeit unangemeldet durch die Einrichtungen gehe und unter anderem auch darauf achte, ob beispielsweise in Kinderreichweite Spülmaschinentabs oder ähnlich gefährliche Stoffe gelagert werden, aber mehr nicht, berichtet Schulmann auf Nachfrage.
Die Gelsenkirchener Polizei erklärt auf Nachfrage, weiterhin in „alle Richtungen“ zu ermitteln. Die Mini-Kita ist versiegelt und bleibt vorerst geschlossen. Hinein gehen werden in die Räume zunächst nur noch Polizistinnen und Polizisten, um herauszufinden, warum der zweijährige Junge am Montag in der Obhut einer Kita sein Leben verlor.