Gelsenkirchen. Das Infektionsgeschehen an Gelsenkirchener Schulen hält sich (noch) in Grenzen. Eine Gefahrenquelle könnte der Schülerausweis werden.

Mancher kam infektionsbedingt nach dem Urlaub erst gar nicht in die Schule, andere mussten kurz nach dem Start wegen eines positiven Tests gleich daheim bleiben. Aktuell – Stand 24. August – sind an Gelsenkirchener Grundschulen 15 positive Pooltests an insgesamt acht Schulen gemeldet worden. 54 Kinder sind in Quarantäne, bei drei Pooltests steht die Quarantäne-Entscheidung des Gesundheitsamtes noch aus, bei einem positiven Pooltest werden die Ergebnisse der Einzeltests am Mittwoch erwartet.

Ministerium nennt erste Zahlen ab nächster Woche

Für die weiterführenden Schulen erfasst das Schulministerium in Düsseldorf die Daten zentral. Mittwochs melden die Schulen ihren Stand, ausgewertet und vermeldet wird der Überblick jeweils zu Beginn der folgenden Woche. Erst kommenden Montag wird also klar sein, wie die Lage in diesen Gelsenkirchener Schulen in dieser Woche ist. Das Gesundheitsamt hat seit dem Schulstart keine infizierten Lehrkräfte an Gelsenkirchener Schulen erfasst, allerdings drei Kita-Beschäftigte. 26 Kita-Kinder mussten seit dem 13. August in Quarantäne. Bei den weiterführenden Schulen hat das Amt (Stand 20. August) nur vier infizierte Schüler registriert.

Dass die Zahl der Kinder in Quarantäne an den Grundschulen trotz 14 positiver Pooltests vergleichsweise gering ist, hängt mit den neuen Regeln zusammen. Nur noch direkte Sitznachbarn auf dem Platz rechts oder links neben beziehungsweise vor oder hinter der/des Infizierten müssen ebenfalls in Quarantäne. Die Meinungen dazu sind unter den Eltern unterschiedlich.

Zustimmung zu eingeschränkter Quarantäne dank Maskenpflicht

Mit Einführung der kinderfreundlichen Lollitests an Grundschulen hat der Widerstand gegen die Tests deutlich abgenommen. Auch die Neuregelung, dass nur noch direkte Nachbarn Infizierter automatisch in Quarantäne müssen, wird von vielen Eltern begrüßt.
Mit Einführung der kinderfreundlichen Lollitests an Grundschulen hat der Widerstand gegen die Tests deutlich abgenommen. Auch die Neuregelung, dass nur noch direkte Nachbarn Infizierter automatisch in Quarantäne müssen, wird von vielen Eltern begrüßt. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Martin Liß, Elternvertreter und Fördervereinsvorsitzender an der Albert-Schweitzer-Grundschule, hat in der Elternschaft seit Einführung der Lolli-Tests eine größere Test-Akzeptanz gegenüber den Tests generell bemerkt. Zur neuen Quarantäneregel hat er noch keine Rückmeldungen bekommen, irritiert hat ihn allerdings, dass schon zum Schulstart Kinder, die als genesen galten, jetzt als infiziert in Quarantäne sind. Dennoch gebe es Eltern, die das Ende der Maskenpflicht einfordern, so Liß. „Aber viele sind einfach verunsichert. Es fehlen die Fakten für eine sichere Einschätzung.“

Zur Sicherheit die restliche Klasse ein paar Tage täglich testen

Alexandra Themann, neu gewählte Vertreterin der Stadtschulpflegschaft im Bildungsausschuss, begrüßt die Neuregelung, nicht ganze Klassen in Quarantäne zu schicken, weil ein Schüler positiv getestet wurde. „Ich halte es für ausreichend, wenn nur direkte Sitznachbarn mit in Quarantäne müssen. Wir halten streng die Maskenpflicht ein in der Klasse, es wird gelüftet: Das dürfte genügen. Diese Meinung teilen auch viele andere Elternvertreter. Es ist schon viel zu viel Unterricht ausgefallen pandemiebedingt. Wenn man noch mehr Sicherheit möchte, könnte man ja die anderen Kinder in der Klasse für ein paar Tage täglich testen.

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Allerdings gibt es eine andere Neuregelung, die sie für gefährlich hält. „Der Schülerausweis ist jetzt der Freifahrtschein für den Zutritt überall, jedenfalls für alle unter 16 Jahren. Dabei wird vorausgesetzt, dass jeder Schüler zweimal die Woche getestet wird. Das ist aber nicht überall so, das ist eine falsche Sicherheit“, klagt sie. Alexandra Themann weiß, wovon sie spricht. Sie ist nicht „nur“ Mutter, sondern arbeitet selbst an einer Schule und weiß, dass es mancherorts zahlreiche Schulschwänzer gibt, die folglich nicht getestet sind.

„Manche Schüler fehlen immer an den Tagen, an denen getestet wird“

77 Impfdurchbrüche seit Juli

In Gelsenkirchen wurden seit Beginn der gezielten Erfassung von Impfdurchbrüchen beim Gesundheitsamt 77 Impfdurchbrüche, also symptomatische Corona-Infektionen trotz vollständiger Impfung, erfasst. Im Juli hatte die Stadt mit deren Erfassung begonnen.Erwartungsgemäß steigt in diesen Tagen wieder die Zahl jener, die die kostenlosen Bürgertests in Anspruch nehmen. 5680 nahmen das Angebot allein am Montag in Anspruch. Hintergrund sind die neuen Zugangsbeschränkungen für zahlreiche Aktivitäten aufgrund der steigenden Fallzahlen bei den Neuinfektionen.

„Manche sind derzeit noch gar nicht in die Schule gekommen, einige sind noch in ihrem Heimatland. Und manche fehlen erfahrungsgemäß ausgerechnet immer an den Tagen, an denen getestet wird. Zuhause leben diese Schüler oft mit vielen Personen in einem Haushalt, sodass die Infektionen sich schnell weit verbreiten. Doch auch diese Schüler können mit ihrem Schülerausweis überall rein, weil man sie für getestet hält. Das ist nicht durchdacht von der Ministerin“, klagt sie.

Unterdessen sei zumindest an ihrer Schule derzeit das Interesse an der Ausstellung von Schülerausweisen besonders groß. Bisher erbaten einen solchen Ausweis eigentlich nur Schüler, die ihn für die Anreise zur Schule benötigten.