Gelsenkirchen. Zweieinhalb Jahre Bauzeit, 14 Millionen Euro Kosten: Die Verwandlung der Gelsenkirchener Heilig-Kreuz-Kirche in Kulturspielstätte ist vollendet.
„Wir sind fertig“, sagt Kerstin Gäfke. Und diese Worte zaubern sofort ein breites Lächeln auf das Gesicht der Architektin. Zweieinhalb Jahre sei es nun her, sagt die Bauprojektleiterin aus dem städtischen Referat Hochbau und Liegenschaften, dass die Umbauarbeiten in der Heilig-Kreuz-Kirche in Ückendorf begonnen hätten. Nun ist die Verwandlung des ehemaligen Gotteshauses in eine bemerkenswerte Kulturspielstätte vollendet. Von ihr könnte künftig nicht nur eine regionale, sondern sogar eine bundesweite Strahlkraft ausgehen.
Die Deckenmalereien in 22 Metern Höhe sind ein Meer aus Blau-Tönen
Wir treffen uns vor der Kirche, die etwas nach hinten versetzt am Rande der Bochumer Straße liegt. Und schon der Blick von außen ist ein imposanter: Die braun-beigefarbene Fassade zieht die Blicke der Betrachter auf sich. Monatelang war hier alles eingerüstet. Nun müssen nur noch einige Stufen der breiten Treppe, die hinauf zu den Eingangspforten führen, saniert werden. Der erste Eindruck ist auf jeden Fall schon einmal blendend.
Innen wartet sogar noch eine kaum für möglich gehaltene Steigerung. Das Raumgefühl ist ein unbeschreibliches, kurz nachdem der Besucher die Kirche betreten hat. Die frisch gereinigten und sanierten Deckenmalereien erstrahlen in rund 22 Metern Höhe in einem leuchtenden Meer aus Blau-Tönen. Durch die Fenster strömt so viel Tageslicht, dass sich von ganz allein eine heimelige Atmosphäre breitmacht. Diese wird aber noch verstärkt, wenn einmal die neue Lichtanlage ins Spiel kommt. Jeder Bereich im Raum kann einzeln angesteuert und ausgeleuchtet werden.
Bei einem ersten Test der Neuen Philharmonie Westfalen waren alle begeistert
„Auch bei der Lautsprecheranlage setzen wir auf die neueste Technik“, sagt Dr. Helmut Hasenkox. Er ist Geschäftsführer der Emschertainment GmbH, die den Spielbetrieb in der Heilig-Kreuz-Kirche gewährleisten soll. Verbaut wurde ein so genanntes Line-Array-System. Das sorgt mit einer unterschiedlichen Ausrichtung der Boxen dafür, dass die Qualität und die Lautstärke des Sounds auf jedem der maximal 650 Sitz- oder 800 Stehplätze gleichgut ist. „Wir hatten hier schon einen Test mit Musikern der Neuen Philharmonie Westfalen“, erzählt Hasenkox. Und Generalmusikdirektor Rasmus Bauman als auch Musiktheater-Intendant Michael Schulz seien gleichermaßen „hellauf begeistert“ gewesen.
Der beträchtliche Halleffekt in Kirchengebäuden ist für Musiker stets das größte Problem. „Wir haben die Hallzeit aufgrund baulicher Maßnahmen von zehn auf rund zwei Sekunden reduzieren können. Und das ergibt einen perfekten Klang“, berichtet Hasenkox. Neben der Akustik sei auch der Bereich Lüftung/Heizung eine Achillesferse bei der Bespielung von Kirchen. „Wir haben beides voll im Griff“, sagt Hasenkox mit Blick auf die 22 Grad Innentemperatur, die selbst im Winter dank Fußbodenheizung und Lüftungsanlagen stets locker erreicht würden.
Stolz ist er auch auf die drei Traversen, an denen auch besagte Top-Lichtanlage befestigt ist: „Hier hängt quasi ein Maßanzug, mit dem wir mindestens 95 Prozent aller kommenden Veranstaltungen problemlos stemmen können.“
Schallschutzverglasung hilft gegen den Verkehrslärm von außen
Und auch die im Vorfeld von einigen Skeptikern geäußerten Zweifel, dass es hier am Rande der vielbefahrenen Bochumer Straße durch den Verkehrslärm zu unliebsamen Störgeräuschen kommen könnte, werden entkräftet. „Wir haben von außen eine Schallschutzverglasung vor die alte Bleiverglasung eingebaut. Das wirkt“, betont Architektin Gäfke. Und beim einminütigen Test hören die Schweigenden im Inneren von außen – gar nichts!
Ein Knüller ist auch der Backstage-Bereich geworden. Dieser ist in Violett, Himmelblau und Gold gestrichen – also genau jene Farben, die sich auch in den alten Kirchenfenstern zu finden sind. „Wir wollten hier ideale Voraussetzungen schaffen, damit für die Künstler und ihre Begleiter eine familiäre Atmosphäre entstehen kann. Auch das hat geklappt“, findet Hasenkox.
Kosten liegen bei 14 Millionen Euro
Das Erfreuliche: Die Kosten für den Umbau werden die geplante Summe von 14 Millionen Euro (gefördert aus diversen Bundes- und Landestöpfen) laut Kerstin Gäfke nicht überschreiten. Das sei nicht selbstverständlich, da es auch bei dieser Baustelle einige unliebsame Überraschungen gegeben hätte.
„Die Schlimmste waren die maroden Turmlamellen. Da mussten wir die gesamte Konstruktion erneuern“, erzählt die Architektin. Aber selbst das und sogar ein Bombenfund in unmittelbarer Nähe konnten nicht verhindern, dass das Team im Zeitplan geblieben ist. „Und wir sind bis heute eine unfallfreie Baustelle“, atmet Gäfke erleichtert auf.
Eine Reihe namens „Soundcheck“ dient als halbjähriger Testlauf
Die erste offizielle Veranstaltung in der umgebauten Heilig-Kreuz-Kirche soll im Januar 2022 steigen. Die Planungen dafür laufen laut Helmut Hasenkox bereits auf Hochtouren. Doch um die Tauglichkeit der Spielstätte unter „Wettkampfbedingungen“ zu testen, steigt in den kommenden Monaten erst noch die fünfteilige Reihe „Soundcheck“. Bei diesen Events können alle Bürgerinnen und Bürger einen ersten Eindruck von der Kirche sammeln.
„Wir spielen diese Abende nicht unter Vollauslastung, sondern jeweils nur mit rund 200 Besuchern“, kündigte Hasenkox an. Zu erleben gibt es ein klassisches Konzert, einen Solo-Instrumentalisten, ein Unplugged-Rock-Konzert sowie einen Comedy- und einen Live-Podcast-Abend. Die Tickets sollen reduziert 11,50 Euro kosten. Zum einen, weil es laut Hasenkox eben ein Testlauf sei, bei dem „bestimmt noch nicht alles perfekt ablaufen“ werde. Zum anderen ist es eine Verbeugung vor der Adresse: Die Heilig-Kreuz Kirche ist an der Bochumer Straße 115 beheimatet.
Welche Künstler vorbeischauen werden, stünde noch nicht fest, werde aber bald bekanntgegeben. Das gilt auch für die Termine. Wenn alles feststeht, gibt es die Tickets nur in der Touristinfo im Hans-Sachs-Haus. „Alle Gelsenkirchener können sich darauf freuen. Und wir haben dadurch eine halbjährige Trainingsphase“, so Hasenkox.