Gelsenkirchen. Der Einsatz von Luftfiltern in Schulen ist nur eine „flankierende Maßnahme“, sagt die Stadt. Das sind die Gründe, das sind die Erfahrungen.

Mit einer „Phase des Ankommens“ – so soll das neue Schuljahr für alle Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen nach den Sommerferien beginnen. Das wünscht sich zumindest NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Der Druck soll weichen, das „soziale Miteinander“ und die „Entwicklung von Lernfreude“ zunächst in den Vordergrund rücken. Nach und nach soll dann der Lernstand in allen Fächern ermittelt werden und überhaupt soll das kommende Schuljahr weitgehend regulär verlaufen. Corona – war da nicht was? Wie steht es um die Sicherheit an den Schulen? Maske, AHA-Regeln, Querlüften – und Luftfilteranlagen. Insgesamt 192 stehen davon mittlerweile an Gelsenkirchens Schulen.

Luftfilter an Gelsenkirchener Schulen: Nur eine ergänzende Maßnahme

Die größte Anzahl an Geräten haben die Gesamtschule Berger Feld und das Berufskolleg für Technik und Gestaltung an der Overwegstraße erhalten. An der Gesamtschule stehen 60 Raumlüfter, am Berufskolleg sind es fast doppelt so viele: 111. [Lesen Sie auch:Inox Air kritisiert Raumlüfter-Kauf der Stadt Gelsenkirchen]

An der Antoniusschule sind vier Geräte in Gebrauch, an der Gesamtschule Ückendorf drei, an der Gesamtschule Horst zwei, an der Lessing-Realschule fünf, am Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium eins, an der Hauptschule Grillostraße ebenfalls eins, an der Grundschule Im Emscherbruch zwei, an der Grundschule an der Marschallstraße eins und an der Sekundarschule Hassel zwei. Ein weiterer Ankauf von Luftreinigungsgeräten sei nicht vorgesehen, heißt es seitens der Stadt.

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Zum Vergleich: Die Stadt Duisburg hat 100 mobile Lüfter angeschafft, in Mülheim etwa wird noch überlegt, andere Stadtverwaltungen wie beispielsweise Essen oder Bochum stehen auf dem Standpunkt, dass ausreichende Möglichkeiten zur Lüftung bestehen – und ein Einsatz der Luftfilter nicht nötig ist.

An der Gesamtschule Berger Feld haben sie gute Erfahrungen mit den Filtern gemacht

Bislang habe man positive, gute Erfahrungen mit den Filteranlagen gemacht, berichtet Maike Selter-Beer. „Wo die Geräte in Betrieb sind, merkt man es direkt. Die Luft in den Räumen ist angenehm“, erläutert die Schulleiterin der Gesamtschule Berger Feld. Außerdem seien sie wider Erwarten leise und nicht störend. Kleiner Knackpunkt: Leider seien einige Geräte noch nicht angeschlossen. Maike Selter-Beer hofft, dass das in den Ferien nachgeholt wird.

Förderkriterien für die Luftfilter

Die Auswahl der Räume erfolgte gemäß den aktuellen Förderrichtlinien, also immer dann wenn eine ausreichende Lüftung nicht gewährleistet werden konnte, heißt es seitens der Stadt. Zuvor hatte eine Begehung aller Schulen in Gelsenkirchen stattgefunden.

Förderkriterien waren ein nicht ausreichender Lüftungsquerschnitt der zu öffnenden Fenster oder wenn sich nur ein Fenster in den Räumlichkeiten öffnen ließ. Die Förderung der Maßnahme betrug 100 Prozent.

Auch am Berufskolleg für Technik und Gestaltung gibt es eine große Zufriedenheit mit den Anlagen, die dort in jedem Klassenraum stehen. „Wir sind froh, dass wir sie haben“, so Schulleiter Uwe Krakau. An der Overwegstraße sieht man die Luftfilter als „doppelte Hilfe“ – zum einen bezogen auf den tatsächlichen Sicherheitsaspekt, zum anderen auf den gefühlten. Uwe Krakau spricht von einer wirklich positiven Wahrnehmung und sagt: „Ich würde jedem dazu raten, wenn es möglich ist“. Die Filter böten einen „solchen Vorteil für Schule“.

Aktuell ist das Thema Luftfilteranlagen mit einem drohenden Anstieg der Infektionszahlen wieder verstärkt in die Öffentlichkeit und auch Diskussion geraten. Eine Elterninitiative etwa fordert von der Landesregierung, alle NRW-Schulklassen im kommenden Schuljahr mit mobilen Raumluftfiltern auszustatten, um das Risiko einer Infektion zu senken und Präsenzunterricht zu ermöglichen. Die Gefahren, die von der Delta-Virusmutation ausgingen, erforderten ein schnelles Handeln. „Es geht um die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler“, sagte Franz-Josef Kahlen, Sprecher der Elterninitiative Raumluftfilter NRW, jüngst im Landtag. [Lesen Sie auch:Eltern fordern Raumluftfilter für alle Klassen in NRW]

„Ich kann die Sorgen der Eltern gut verstehen“, sagt Anne Heselhaus. Dennoch sieht die Bildungsdezernentin der Stadt Luftfilter allenfalls als Ergänzungsmaßnahme zu den sonst geltenden Regeln, sozusagen als flankierende Maßnahmen. Das gilt auch bei den Experten des Umweltbundesamtes: „Da mobile Luftreinigungsgeräte nicht das in Klassenräumen anfallende Kohlendioxid (CO2) und den Wasserdampf aus der Raumluft entfernen, können sie nicht als vollständigen Ersatz für Lüftungsmaßnahmen eingesetzt werden, sondern allenfalls als Ergänzung“, heißt es in einer Stellungnahme der Kommission Innenraumhygiene.

Testungen sollen als wesentliches Element zur Sicherheit an Schulen beitragen

Kann denn Schule in Präsenz mit Blick auf eine mögliche vierte Welle gelingen? „Die Testungen als ganz wesentliches Element werden fortgesetzt“, so Anne Heselhaus, auch mit den fortschreitenden Impfungen werde sich die Lage ein Stück weit entspannen. [Lesen Sie auch:Gelsenkirchen ordert 192 Luftreiniger für Schulen]

Zum Thema mögliche Schulschließungen hat Maike Selter-Beer eine ganz klare Haltung – wie ein Großteil der Menschen auch: „Dass die Schulen geöffnet bleiben, ist unbedingt das, wonach wir streben sollten“, so die Schulleiterin. Weitere Schulschließungen sollten den Schülern unbedingt erspart bleiben. Der Ausfall von Unterricht, das Lernen, das Erlangen von Wissen ist das eine.

Aber da sei auch der soziale Bereich: „Die eigene Lebensuhr der Kinder ist aus dem Takt geraten“, hat Maike Selter-Beer beobachtet. Mit allen Konsequenzen. Corona habe wie ein Brennglas viele bereits bestehende Problematiken offenbart, besonders aber eine: „In Schulen müsste mehr investiert werden“, so Selter-Beer. mit Matthias Korfmann