Gelsenkirchen. In Gelsenkirchens Impfzentrum werden nur Zweittermine berücksichtigt, denn: der Impfstoff fehlt. Wie soll es mit dem Zentrum weitergehen?

Dort, wo sonst Eisläufer trainieren oder Comedians auftreten, bringt ein kleiner Piks seit dem 8. Februar die große Wirkung. Zehntausende Gelsenkirchener haben im Impfzentrum in der Emscher-Lippe-Halle bereits ihre Coronaschutzimpfung erhalten. Doch der Betrieb stockt.

Per Erlass dürfen die Ärzte rund um Dr. Klaus Rembrink, der Leiter der hiesigen Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, nur Zweitimpfungen durchführen. Was in der Praxis bedeutet: Rund 1000 Personen bekommen täglich die zweite Dosis ihres Vakzins verabreicht. Wenn das Zentrum voll ausgelastet wäre, alle Impfstraßen geöffnet wären, könnten es bis zu 1800 sein.

Coronavirus: Delta-Variante sorgt für Ungewissheit

„Es ist nicht abzusehen, wann sich das ändert“, sagt Rembrink. Wöchentlich warten er und seine Kollegen auf den entsprechenden Erlass der NRW-Landesregierung, wieder Erstimpfungen planen zu können. „Wir wären startklar, die Prozesse sind eingespielt.“ Schade sei es, dass in der Halle nur mit halber Kraft geimpft werden könne.

Dabei hätte der Nachschub längst vorhanden sein sollen. Die Impfkampagne solle im Juni neuen Schwung aufnehmen, hieß es von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Mehr Vakzine, mehr Impfungen: Das wäre trotz bundesweit stark gesunkener Inzidenzwerte wichtiger denn je, wie der Blick nach Großbritannien zeigt. Die Delta-Variante des Coronavirus grassiert auf der Insel und sorgt dort für ein aufgeschobenes Ende der Pandemieschutzmaßnahmen.

„Auch wir müssen mit der Delta-Variante rechnen“, glaubt Rembrink. Schön wäre es deshalb, so der Arzt, wenn über den Sommer hinweg eine hohe Durchimpfungsrate erreicht werden könnte. Hier taucht wieder das Dilemma auf: Die Infrastruktur dafür wäre vorhanden, der Impfstoff nicht. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet versprach am Mittwoch immerhin, dass im Juli wieder Erstimpfungen in den Zentren durchgeführt werden sollen. Ein genaues Datum gibt es aber nicht.

Finanzierung der Impfzentren läuft zum 30. September aus

Die Impfzentren sind bis Ende September durchfinanziert. Wie es danach mit den Stätten weitergehen soll, ist offen. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) tagte am Mittwoch. Und gab bekannt, in „den kommenden Wochen“ ein Konzept für die Zukunft der Impfzentren erarbeiten zu wollen.

Die Impfzentren sollen demnach über den Sommer hinaus in Bereitschaft gehalten werden, sodass ein Mindestbetrieb der Stätten gewährleistet werde. Bei Bedarf sollen sie wieder hochfahren können, hieß es von der Deutschen Presse-Agentur.

So teuer ist das Gelsenkirchener Impfzentrum

Seit Februar ist das Gelsenkirchener Impfzentrum in Betrieb. Monatlich werden 95.200 Euro Miete fällig, davon rund 50.000 für die Halle und der Rest für die Einbauten (Mobiliar, Technik, etc.). Etwa 480.000 Euro gehen monatlich an das DRK, das 53 Kräfte täglich an sieben Tagen in der Woche bereitstellt.

Zudem kostet der Sicherheitsdienst rund 73.000 Euro monatlich und die Reinigung 15.000 Euro. Die Kosten werden unter anderem vom Land übernommen, nicht von der Kommune.

Klaus Holetschek, Vorsitzender der GMK, zu der auch Spahn gehört, sagte: „Wir brauchen nach meiner Einschätzung auch nach dem September Impfzentren 2.0, um flexibel zu bleiben und deren Erfahrung, das Know-how und die Infrastruktur dort weiter nutzen zu können, wo es nötig ist.“

Der Gelsenkirchener Klaus Rembrink hält wenig davon, die Zentren über den September hinaus zu benutzen. „Das Impfzentrum lässt sich auf Dauer nicht aufrechterhalten.“ Denn: Die Kosten würden den Nutzen übersteigen, die eingesetzten Ärzte hätten andere Hauptjobs, die ganze Logistik sei nur mit hohem Aufwand umsetzbar.

Der Betrieb, sieben Tage die Woche von 8 Uhr bis 20 Uhr, sei nicht zu unterschätzen. Rembrink hofft auf die Hausärzte, die im Frühling in die Impfkampagne mit eingestiegen sind und auch für eine später eventuell benötigte Auffrischungsimpfung sorgen könnten.

Gelsenkirchens Krisenstabsleiter Wolterhoff: „Zentrum steht zur Verfügung, wenn es gebraucht wird“

So oder so: Eine schnelle Entscheidung von Bund und Land sei jetzt vonnöten, meint Luidger Wolterhoff, Gelsenkirchens Corona-Krisenstabsleiter. Falls die Zentren Ende September ihre Arbeit einstellen sollen, dann würden die letzten Erstimpfungstermine schon im August vergeben werden. Bei mRNA-Vakzinen, Biontech und Moderna, liegen zwischen Erst- und Zweitimpfung sechs Wochen. Die Zeit drängt also.

„Falls das Zentrum gebraucht wird, steht es zur Verfügung“, betont Wolterhoff, der Vorteile an der Stätte sieht: Es erreiche auch diejenigen, die keinen Hausarzt haben, und sei in der Lage, eine hohe Anzahl an Dosen schnell verabreichen zu können – wenn, ja wenn nur genügend Impfstoff vorhanden wäre.