Gelsenkirchen. Nach dem Aufschrei eines Buchhändlers, der Diebstahl, Pöbeleien, Drohungen beklagt, berichten Anwohner, was sie am Heinrich-König-Platz erleben.

Sie kommen vornehmlich am Nachmittag und in den Abendstunden. Manchmal sind es mehr als 30 Kinder und Jugendliche, die auf E-Rollern über den Platz rasen, ohne Rücksicht auf spielende Kleinkinder und andere Spaziergänger. Sie verstopfen die Zugänge zur U-Bahnhaltenstelle, sodass ein Vorbeikommen nur möglich ist, indem man sich durch die Jungentraube hindurch drängelt, was nicht selten Sprüche und Pöbeleien zur Folge hat. Wiederholt haben sie aus der Auslage der Buchhandlung Kottmann Ansichtskarten gestohlen, wie Inhaber Dirk Niewöhner berichtet. Seine Mitarbeiterinnen und er wurden beleidigt, bedroht und auch schon getreten. Handyvideos beweisen das.

Nachdem Niewöhner im Gespräch mit der WAZ Alarm schlug und öffentlich auf die Zustände auf dem Heinrich-König-Platz in der Gelsenkirchener Altstadt aufmerksam machte, erfuhr der Geschäftsmann zunächst eine breite Unterstützung aus der Lokalpolitik. CDU, Grüne, FDP, SPD, AfD, Vertreter der Partei WIN – sie alle bieten dem Buchhändler ihre Unterstützung an, wollen, dass Niewöhner im nächsten Sicherheits- und Ordnungssausschuss Redezeit erhält.

Rassismusdiskussion im Internet nach Berichten über Probleme auf dem Heinrich-König-Platz

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Da es sich bei der Gruppe auf dem Heinrich-König-Platz (HKP) um Jungs und junge Männer mit Migrationshintergrund handelt, ist in den Sozialen Netzwerken – neben der Diskussion um die Probleme auf dem Platz – längst auch eine Debatte über vermeintlichen Rassismus entbrannt.

Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der kulturelle Hintergrund der Störenfriede wesentlich für ihr auffälliges Verhalten ist oder ob die Erklärung dafür nicht vielmehr im jungen Alter und den coronabedingt mangelnden Freizeitalternativen begründet liegt.

Ärger über Müll auf dem Spielplatz in direkter Nachbarschaft des HKP

Derlei Gedanken, um die politisch korrekte Bezeichnung, stehen für Anwohner und Geschäftsleute am HKP aber nicht im Vordergrund. „Die Probleme müssen beim Namen benannt werden“, sagt Niewöhner am Mittwochvormittag, während er mit rund einem Dutzend Nachbarn über die Probleme auf und um den HKP spricht. Ein Kamerateam des WDR ist auch da, um aufzuzeichnen, was die Anrainer zu berichten haben.

Da ist beispielsweise Karin Fuhrländer, die an der Robert-Koch-Straße wohnt. Sie hat sich zusammen mit ihren Nachbarn schon früher hilfesuchend an die Stadt gewandt, in der Hoffnung, der oft stark vermüllte und von Jugendlichen okkupierte Spielplatz am Propsteiweg würde „auch für Familien mit Kindern wieder attraktiv gemacht werden“. Tatsächlich finden sich zwischen Rutsche und Schaukel, Sitzbank und Schwebebalken sehr oft große Haufen ausgespuckter Schalen von Sonnenblumenkernen, Saftpäckchen und leere Wodkaflaschen. Fuhrländer und weitere Anwohner berichten, dass es oftmals dieselben Gruppen seien, die nicht nur auf dem Heinrich-König-Platz unangenehm auffallen, sondern eben auch rund um den Spielplatz und auf der Bahnhofstraße.

Citymanagerin: „Das ist kein Gelsenkirchener Phänomen“

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Eine, die die Sorgen und Nöte der Geschäftsleute und der Anwohner gut kennt, ist Citymanagerin Angela Bartelt, die an diesem Mittwochvormittag dabei ist, als der WDR in der Gelsenkirchener Innenstadt filmt. „Ich kann den Unmut der Leute gut verstehen, wir sehen ja auch, was hier manchmal los ist. Die Stadtverwaltung kennt die Thematik und beschäftigt sich auch damit. Und ich glaube auch, dass die Probleme kleiner werden, wenn der Heinrich-König-Platz wieder mit Feierabendmarkt, Biergarten und Festen bespielt werden kann“, so Bartelt. Ihre Hoffnung liegt in der „sozialen Kontrolle“ begründet, die dann von den Besuchern und Veranstaltern ausgehe.

Wichtig ist der Citymanagerin aber auch deutlich zu machen, dass es sich bei den geschilderten Problemen nicht um ein Gelsenkirchener Phänomen handele. „So etwas sehen wir in anderen Städten auch. Man muss das ernst nehmen und Maßnahmen ergreifen, die dagegen wirken, das steht außer Frage. Es ist aber mitnichten so, als könnte man nicht mehr in die Gelsenkirchener Innenstadt“, sagt Bartelt.

Polizei und Ordnungsamt hatten gegenüber der WAZ erklärt, dass sie den HKP im Blick haben, aber keine Auffälligkeiten im Anzeigen- und Beschwerdeaufkommen registrieren würden.