Gelsenkirchen. Die Theaterpädagogen gehen neue digitale Wege und bieten gleich drei Projekte für Kinder an. Wie eine Klangexpedition Ende Mai funktionieren soll.

Sie spüren sie, diese Sehnsucht der Kinder nach Kultur und Kreativität. Die Mitarbeiter der Gelsenkirchener Stiftung Musiktheater im Revier engagieren sich seit 2010 mit zahlreichen Projekten für die kulturelle Bildung des Nachwuchses, konnten aber in den letzten Monaten wegen der Pandemie nur noch eingeschränkt arbeiten. Dennoch, so betonte jetzt Stiftungsvorstand und Ex-Oberbürgermeister Frank Baranowski: „Wir sind weiterhin aktiv, wir sind da, und bieten Kindern gleich drei Projekte an.“

Und die kommen derzeit gut an, freut sich Projektleiterin und MiR-Theaterpädagogin Geraldine von der Mühlen. Denn das Ziel der Stiftung, so Baranowski, sei es weiterhin, Kindern die Möglichkeit der kulturellen Teilhabe und Bildung zu ermöglichen. Auch wenn sich Kinder und Pädagogen bislang nicht mehr im Klassenzimmer oder im Opernhaus, sondern nur noch vor den Bildschirmen treffen können. Da gibt es zum Beispiel den MiR-Kinderchor, der trotz Corona weiterhin in den gemeinsamen Gesang einstimmt. „Die Chortreffen fielen wegen der Aerosole natürlich sofort ins Wasser“, erinnert sich von der Mühlen.

Mädchen und Jungen stimmen vor den Bildschirmen in den Chorgesang ein

Dennoch stimmen die Mädchen und Jungen weiterhin einmal in der Woche gemeinsam in den Gesang ein, per Video-Schalte. Das funktioniert. Kinderchorleiter Christian Scheike gibt am Klavier den Ton vor, Stimmbildnerin Nadine Trefzner serviert die Übungen, und wenn es darum geht, einen Part im Solo vorzusingen, heben sich alle kleinen Finger auf Anhieb. Dem Chor gehören rund 30 Kinder an, eigentlich. „Beim digitalen Chor machen rund zehn Mädchen und Jungen mit, die aber sehr konstant und mit großer Freude“, sagt Geraldine von der Mühlen.

Das zweite Stiftungsprojekt, das auch in Coronazeiten mit großer Leidenschaft fortgeführt wird, knüpft an die Erfolgsgeschichte von „MuT“ an, eine Aktion in Kitas und Grundschulen rund um Musik und Theater. „Dafür ging die Stiftung bislang direkt vor Ort in Kindertagesstätten und Klassenzimmer“, so Frank Baranowski, „jetzt laden wir digital zum Mitmachen ein.“ Mit Hilfe von Zoom-Konferenzen, Videos, aber auch Arbeitsblättern für die technisch nicht so gut ausgerüsteten Teilnehmer.

Kinder erleben, wie aus einem Plastikbecher ein Rhythmusinstrument entsteht

Derzeit nehmen 38 Klassen von 13 Gelsenkirchener Schulen ihren ganzen Mut zusammen und machen mit. Allein sieben Theaterpädagogen animieren auf dem Bildschirm dazu, einen Plastikbecher in ein Rhythmus-Instrument zu verwandeln, demonstrieren, wie gemeinsam geklatscht und gerockt werden kann und wie unverhofft wohlklingende neue Melodien entstehen.

Nichts ist unmöglich! Das war bislang das Motto des preisgekrönten Formats „Mission: possible“, bei dem einmal im Jahr ein Musiktheaterstück nach Kinderfantasien entwickelt wurde. Dabei entwickelte zunächst eine Grundschulklasse eine fantastische Geschichte, die von den Profis des Musiktheaters auf die Bühne gebracht wurde. Für die teilnehmenden Kinder geriet das stets zu einer sehr eindrücklichen Theatererfahrung.

Ein neues Projekt lädt Klassen der Leitheschule in die freie Natur ein zu einer Klangexpedition

Auch dieses Projekt wird nun fortgesetzt, wenn auch ein wenig anders. „Die Stiftung bietet ab Ende Mai alternativ ein außergewöhnliches Klangexperiment an, und zwar nicht im Klassenraum, sondern draußen in freier Natur“, verspricht Baranowski. 50 Schülerinnen und Schüler der Leitheschule nehmen an dieser Mission teil. „Gerade in den Abschlussklassen gibt es ein großes Bedürfnis, noch einmal gemeinsam etwas zu unternehmen und zu gestalten“, so die Erfahrung von Theaterpädagogin Geraldine von der Mühlen.

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Nun geht es mit Hilfe der Stiftung ins Freie. Gemeinsam mit dem Komponisten und Schlagwerker Olaf Pyras und einem Team des Opernhauses geht es auf eine „Klangexpedition“. Dann heißt es: Ohren gespitzt und erlauscht, wie die Vögel zwitschern, der Wind pfeift, die Autos rauschen oder das Wasser plätschert. „Auf diesem Weg, hofft Projektleiterin von der Mühlen, „wird das Gehör geschult und sensibilisiert.“ Aus den Bildern und Klängen könnte am Ende eine ganz neue, eigene Klanglandschaft entstehen. Die soll dann in einem virtuellen Audiowalk festgehalten werden, der später auch Passanten zugänglich gemacht werden soll. „So werden bekannte Alltagsorte ganz neu beleuchtet.“ Die Neugier der Kinder ist auf jeden Fall schon geweckt.

Deren Begeisterung berührt auch Stiftungs-Geschäftsführer Dieter Kükenhöner: „Die Kinder zeigen enorm viel Emotion bei unseren Projekten.“