Gelsenkirchen-Hassel. Nach einigen Wochen hat sich der Vorstand der Gelsenkirchener Wohnungsgenossenschaft Hassel zu Wort gemeldet. Viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Mieterinnen und Mieter aus Gelsenkirchen-Hassel schließen sich zusammen, zahlen eine Einlage von je 1000 Euro, gründen eine Genossenschaft und kaufen ihre Häuser, um sie vor dem Zugriff von Wohnungsbaugesellschaften und Immobilienspekulanten zu schützen: So lautete die an sich gute Idee, die vor einigen Jahren zur Gründung der Genossenschaft „Wohnen in Hassel“ führte. Doch seit einiger Zeit ist es still geworden um den Zusammenschluss – so still, dass einige der Mitglieder um ihre Einlagen fürchten. Jetzt hat sich der Vorstand der Genossenschaft zu Wort gemeldet.

Zum Hintergrund: Vor einigen Monaten hatten sich verschiedene Hasseler Bürgerinnen und Bürger bei der WAZ gemeldet, allesamt waren sie Mitglieder der Genossenschaft. Ihr Problem: Sie wollten aus der Genossenschaft austreten, beziehungsweise hatten bereits ihren Austritt erklärt, aber auch nach Ablauf der Kündigungsfrist ihre Einlage in Höhe von 1000 Euro nicht zurück erhalten.

Büro in Gelsenkirchen-Hassel ist schon seit Monaten verwaist

Der Genossenschaftsvorstand, so die übereinstimmende Klage der Mitglieder, sei für sie nicht mehr zu erreichen gewesen. Das Büro, das die Genossenschaft in der Straße Krummer Weg unterhalten hatte, gibt es inzwischen nicht mehr. Das Büro befand sich in dem Haus, in dem auch Initiatorin und Vorstandsmitglied Susanne Boymanns bis vor kurzem noch wohnte. Sie ist inzwischen ausgezogen, einen Hinweis, an wen sich die Mitglieder wenden sollen, sucht man vergeblich.

Blick von oben auf Gelsenkirchen-Hassel: Hier hatte sich 2009 die Genossenschaft „Wohnen in Hassel“ gegründet.
Blick von oben auf Gelsenkirchen-Hassel: Hier hatte sich 2009 die Genossenschaft „Wohnen in Hassel“ gegründet. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Auf den WAZ-Bericht hatten sich weitere aktuelle und ehemalige Genossenschaftsmitglieder gemeldet. So etwa Margret Scharr. Auch sie war damals in die Genossenschaft eingetreten, hatte ihre 1000 Euro bezahlt. Im Juni 2018 erklärte sie dann schriftlich ihre Kündigung, was ihr in einem Antwortschreiben auch bestätigt wurde – dann passierte erst einmal nichts mehr.

Das schreibt der Vorstand der Genossenschaft

„Auch nach dem Ablauf der einjährigen Frist habe ich meine Einlage nicht zurückerhalten“, berichtet sie. Mehrere Schreiben seien unbeantwortet geblieben. Nachdem sie angekündigt hatte, einen Rechtsanwalt einzuschalten, habe sich Susanne Boymanns bei ihr gemeldet und ihr mitgeteilt, dass es zurzeit nicht möglich sei, den Anteil „zeitnah“ auszuzahlen – als Begründung gab sie an, dass mehrere Vorstandsmitglieder schwer erkrankt seien. Sie habe Margret Scharr gebeten, von einer weiteren Kontaktaufnahme vorerst abzusehen. Scharr kündigte rechtliche Schritte an: „Ich will schließlich wissen, was aus dem Geld geworden ist“, sagt sie. „Da die Genossenschaft noch mehrere hundert Mitglieder hat, muss doch noch eine ganze Menge Geld da sein.“

Am 27. April – mehr als zwei Monate nach dem ersten WAZ-Bericht – meldete sich dann der Vorstand der Genossenschaft mit einer schriftlichen Stellungnahme zu Wort. „Leider ist uns durch die aktuelle Situation (Corona) ein Arbeiten annähernd unmöglich“, heißt es in dem Schreiben, das von den Vorstandsmitgliedern Susanne Boymanns, Peter Pötter, Martina Wecker, Monika Koschut sowie dem Aufsichtsratsvorsitzendem Jürgen Fredwurst unterzeichnet ist. „Weder konnten wir Sprechstunden abhalten, wie in fast 20 Jahren ehrenamtlicher Arbeit üblich, noch waren Versammlungen möglich. Zwei akut erkrankte Vorstandsmitglieder erschweren die Situation um so mehr.“

Keine Antwort auf weitere Nachfragen

Gegründet im Jahr 2009

Die Genossenschaft wurde im Jahr 2009 gegründet. Die Ursprünge liegen in einer Bürgerinitiative, die es verhindern wollte, dass die Gärten von Siedlungshäusern in Hassel zu Bauland werden.

Zum Zeitpunkt der Gründung hatte die Genossenschaft 300 Mitglieder. Zurzeit seien es noch etwa 100, hatte Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Fredwurst im Februar auf WAZ-Anfrage mitgeteilt.

Der Vorstand werde „alles nötige tun, sobald die Coronakrise das zulässt“. Viele Mitglieder seien darüber informiert und reagierten mit dem „angebrachten Verständnis“, heißt es weiter. „Leider gibt es auch Ausnahmen. Wir bedauern die Entwicklung sehr, denn unsere Arbeit lebt von den zwischenmenschlichen Kontakten, die leider im Moment unmöglich sind.“

Auf konkrete Nachfragen – wann die ausgetretenen Mitglieder ihr Geld erhalten, wie der Vorstand der Genossenschaft zu erreichen ist und ob es Fortschritte bei den Verhandlungen mit Wohnungsbaugesellschaften gibt – hat der Vorstand bislang nicht geantwortet.