Der in Gelsenkirchen lebende Autor und Schalke-Fan Thomas Bertram hat die erste Biografie über die Vereinslegende Ernst Kuzorra geschrieben.
„Wer sich mit dem FC Schalke 04 beschäftigt, der stößt irgendwann zwangsläufig auch auf Ernst Kuzorra.“ Der Mann, der das sagt, heißt Thomas Bertram. Er ist 66, lebt in Bulmke-Hüllen und hat mit „111 Gründe, Schalke 04 zu lieben“ sowie „Einmal Schalker – Immer Schalker“ bereits zwei Bücher über seinen Herzens-Fußballclub veröffentlicht. Sein neuestes Projekt rückt aber nun jene Vereinslegende in den Vordergrund, den nicht nur Autor Bertram „den Größten aller Schalker“ nennt. Um so erstaunlicher, dass dies die allererste Biografie über Ernst Kuzorra ist.
Der Größte aller Schalker
„Mir war es sehr wichtig, kein reines Fußballer-Porträt zu schreiben. Das wäre mir auch zu langweilig gewesen. Ich wollte viel mehr den besonderen Menschen und die Lebensumstände fassbar machen – und nicht nur den Sportler und seine größten Spiele“, erzählt Bertram bei einem Treffen in der sonnenüberfluteten Altstadt. Ein Vorhaben, das nach Lektüre der 416 Seiten mit voller Überzeugung als geglückt bezeichnet werden kann.
Kuzorras Eltern stammten aus den Masuren. Der Vater gehörte zur allerersten Einwanderer-Generation und malochte als Bergmann in Gelsenkirchen. Die Familie lebte in Schalke an der heutigen Blumendelle. „Die hieß damals aber noch Blumenstraße“, nennt Bertram einen Fakt aus seinen umfangreichen Recherchen. Diese führten ihn auch ins Institut für Stadtgeschichte, wo er vor allem alte Zeitungen wälzte. „Das macht mir unheimlich viel Spaß, ist aber ne Menge Arbeit“, seufzt der Autor.
Gespräche mit Kuzorras Tochter
Er fand einige Artikel über die großen Spiele und auch über die Meisterschaften in den 30er Jahren, die die Königsblauen mit Kuzorra und dem Rest des gefürchteten „Schalker Kreisels“ fast wie am Fließband gewannen. Insgesamt sei die Quellenlage aber doch recht schwierig gewesen, betont Bertram. Der Stellenwert der Sportberichterstattung sei damals eben noch eine ganz andere und mit der heutigen nicht vergleichbar gewesen.
Weil Bertram aber neben dem Fußball wie gesagt vor allem der sozialgeschichtliche Hintergrund interessierte, suchte er für Interviews nach Zeitzeugen. Die Wichtigste fand er in Ursula Schnurbusch. Sie ist Kuzorras jüngere Tochter und lebt noch heute in der Feldmark. „Sie hat mir ganz viel über ihren Vater erzählt. Auch über seine letzten Tage, die er in der Pflegeeinrichtung Amalie-Sieveking-Haus in der Nähe des Stadtgartens verbracht hat.“
Zigarrenstummel im Mundwinkel
Persönlich kennengelernt hat der Autor das große Idol aller Schalker zu seinem Leidwesen nicht. „Aber ich habe ihn regelmäßig zu Gesicht bekommen – bei den Heimspielen in der Glückauf-Kampfbahn“, erzählt Bertram. Das allererste Mal erblickte er den Mann mit Hut, Mantel und dem markanten Zigarrenstummel im Mundwinkel am 27. November 1965. Der Autor war damals elf und besuchte mit seinem Vater das Heimspiel gegen Hannover 96. Die Stehplatzkarte kostete 2,90 Mark. Bertram durfte als Kind sogar umsonst hinein. Doch Kuzorras Erscheinung sei ihm viel nachhaltiger in Erinnerung geblieben als der 1:0-Heimsieg.
Zur aktuellen sportlichen Lage beim S04 will Bertram nicht allzu viele Worte verlieren: „Das war eine angekündigte Katastrophe“, sagt er. „Und ich befürchte, dass der Verein nicht so schnell wie von allen erhofft wieder aus der Zweiten Liga hochkommt.“ Was der Abstiegsmannschaft fehle, seien Persönlichkeiten wie Ernst Kuzorra eine war.