Gelsenkirchen-Erle. Die Aufzuganlage im Hochhaus an der Schweidnitzer Straße in Gelsenkirchen sorgt für Ärger unter den Mieterinnen und Mietern. Darum geht es.

Zwölf Stockwerke hat das Haus an der Schweidnitzer Straße, und wer schon einmal zwölf Stockwerke zu Fuß hochgelaufen ist, der weiß, wie viel wir dem Erfinder des Personenaufzuges zu verdanken haben. Wenn er denn funktioniert, der Aufzug – und das ist an der Schweidnitzer Straße in Gelsenkirchen-Erle nicht immer der Fall. Sehr zum Leidwesen der Mieterinnen und Mieter.

Kathryn Sylla ist eine der Mieterinnen, gemeinsam mit ihrem 15-jährigen Sohn Luis wohnt sie in einer Wohnung im fünften Stock. Luis leidet am Rett-Syndrom und ist auf den Rollstuhl angewiesen, Treppensteigen kommt für ihn nicht infrage, schon gar nicht fünf Stockwerke. Zwei Aufzüge gibt es in dem Haus, einer davon groß genug, dass auch ein Rollstuhl hineinpasst. Wenn der ausfällt, kann Luis nicht nach draußen. Und nach Angaben seiner Mutter kommt es viel zu oft vor, dass gerade der größere der beiden Aufzüge nicht funktioniert.

Gelsenkirchener Mieter fühlen sich von der GGW im Stich gelassen

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Ein weiteres Problem: Viele der Mieter haben ihren Abstellraum nicht im Keller, sondern auf der Etage, auf der sie wohnen. Wenn sie dort beispielsweise ihre Fahrräder abstellen, sind sie auch auf den Aufzug angewiesen – oder stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre Räder zu schultern und mehrere Stockwerke durchs Treppenhaus zu tragen, wenn die Aufzuganlage einmal wieder streikt.

Zwölf Stockwerke, 60 Wohneinheiten: Das Haus an der Schweidnitzer Straße 19.
Zwölf Stockwerke, 60 Wohneinheiten: Das Haus an der Schweidnitzer Straße 19. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Vermieterin des Hauses ist die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH (GGW), und von ihr fühlen sich Kathryn Sylla und viele andere Mieterinnen und Mieter im Stich gelassen. „Wir haben mehrfach auf die Situation mit den Aufzügen hingewiesen“, berichtet sie – viel geschehen sei nicht.

Mieter empfindet Schreiben der GGW als zynisch

Die Aufzüge sind schon ziemlich in die Jahre gekommen. Das obligatorische Schild, das in jedem Lift hängt, weist auf das Baujahr 1974 hin. Klaus Arnecke ist ebenfalls Mieter in dem Haus, er wohnt seit über 20 Jahren dort. Auch er berichtet von den ständigen Problemen mit der Anlage. „Erst Anfang April blieb zum wiederholten Male einer der beiden Aufzüge stecken“, berichtet er. „Diesmal traf es einen 80-jährigen Nachbarn aus der zehnten Etage.“ Eine knappe Stunde habe es gedauert, bis der Mann aus seiner Lage habe befreit werden können. Zwar gebe es einen Alarmknopf im Aufzug, der Notdienst, der beim Drücken alarmiert werde, sei aber unterbesetzt, so Arnecke. „Was ist, wenn es um Leib und Leben geht?“, fragt er sich.

Mehrmals habe man sich an die GGW gewendet und sei immer wieder vertröstet worden, erzählen die beiden Mieter. „Uns wurde schriftlich mitgeteilt, dass sich die Aufzugsanlage in einem ,soliden, betriebssicheren und nicht zu beanstandenden technischen Zustand’ befindet“, zitiert Klaus Arnecke aus dem Brief. Besonders ein weiterer Satz in dem Schreiben ärgert ihn sehr: „,Freuen Sie sich bei der Wartezeit doch einfach darüber, dass der zweite Aufzug das Treppensteigen überflüssig macht’ hat uns die GGW noch geschrieben“, so Arnecke weiter – das findet er zynisch.

Diesen Grund nennt die GGW für die häufigen Ausfälle

„Das ist eine unschöne Situation“, gibt Stefan Eismann zu. Er ist Prokurist bei der GGW und weiß um den Zustand der Anlage: „Die beiden Aufzüge sind nicht mehr die neuesten“, sagt er. Es sei aber nie vorgekommen, dass beiden Aufzüge gleichzeitig ausgefallen seien, so Eismann. Auch habe es keine längeren Ausfälle gegeben. „Wenn der Aufzug ausfiel, hat es nie länger als eine Woche gedauert, bis er wieder repariert wurde“, sagt der GGW-Prokurist.

GGW: Knapp 5000 Wohnungen im Bestand

Die Gelsenkirchener Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH (GGW) ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Gelsenkirchen. Gegründet nach dem Krieg, sollte sie breite Schichten der Gelsenkirchener Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum versorgen.

Im Jahr 2019 (die Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor) zählten knapp 5000 Wohnungen zum Mietbestand der GGW. Laut Aussage von Geschäftsführer Harald Förster ist die GGW das Unternehmen mit der höchsten Quote an öffentlich gefördertem Wohnraum.

Als Grund für die Ausfälle nennt Eismann vor allem Vandalismus – Kinder und Jugendliche brächten die Aufzüge oft durch Springen und Hüpfen außer Betrieb. Ein Argument, das Kathryn Sylla und Klaus Arnecke schon oft gehört haben und nicht nachvollziehen können. „Ein Aufzug in einem Haus, in dem 60 Parteien und dementsprechend viele Kinder leben, muss so etwas aushalten“, findet Kathryn Sylla.

Immerhin, ein wenig Hoffnung kann Stefan Eismann den Mietern machen: „Perspektivisch wird sich im Haus was tun“, verspricht er.