Gelsenkirchen/Bochum/Herne. Ein neues Buch über die Bogestra setzt sich mit der Geschichte des Unternehmens auseinander. Weshalb das Werk mehr als eine Firmenchronik ist.
Nein, glaubt Andreas Halwer, die 125 Jahre Unternehmensgeschichte der Bogestra, die kann man nicht in einem einzigen Buch betrachten. „Das wäre zu viel gewesen“, sagt der Historiker, der das neueste Werk der Reihe „Zeitreise durchs Bogestra-Land“ koordiniert hat. Es trägt den Untertitel „125 Jahre flott und freundlich durchs Revier“ und lässt sich nicht wirklich als Jubiläumschronik bezeichnen. Es ist viel mehr als das.
Nach zwei Jahren Arbeit, einer umfassenden Archivrecherche und der Sichtung unzähliger Fotos ist der Band keine einfache Abhandlung der Historie, keine einfache Wiedergabe von technischen Kennziffern der einzelnen Bahnen und Busse – das Buch der „Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft Bogestra“ (VhAG) ist ein Schmöker von 160 Seiten mit Unterhaltungswert.
Buch über die Bogestra: Von den Anfängen bis hin zur Gegenwart
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Die Reise beginnt auf Seite neun und startet ganz am Anfang: in den 1870er-Jahren. Damals hatte es im Ruhrgebiet erstmals Überlegungen gegeben, Straßenbahnen in den Betrieb zu nehmen. Wenig später rollten die ersten Trams durch die Revierstädte und trugen maßgeblich zum Aufschwung der Region bei. Das sagt Axel Ladleif, der VhAG-Vorsitzende: „Ohne Straßenbahnen hätte sich das Ruhrgebiet niemals so entwickelt. Wie wären die Leute früher zum Beispiel sonst zur Arbeit gekommen?“
Die Gründungsgeschichte der 1896 entstandenen Bogestra, der Netzausbau und die konkurrierenden Betriebe werden auf den folgenden Seiten behandelt, ehe es um den Omnibusbetrieb und die Weltkriege geht. „Das haben wir in Form des Einflusses der NSDAP auf die Bogestra und die Auswirkungen des Krieges auf den Betrieb aufgegriffen“, erklärt Halwer. Ein Kapitel setzt sich außerdem mit eingesetzten Zwangsarbeitern auseinander.
Nach 1945 änderte sich die Situation für die Straßenbahnbetreiber und damit für die Bogestra. Ab den Wirtschaftswunder-Jahren konnten sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger Autos leisten. Pkw konkurrierten fortan mit den Trams. Die Städte wurden „autogerecht“ umgebaut, so Halwer.
Mit der Inbetriebnahme der Stadtbahnen in den 1970er-Jahren endet erst einmal der chronologische Teil des Buches. Nun wird ein Blick hinter die Kulissen geworfen, auf die Menschen. Denn, das betonen Halwer und Ladleif, das Buch ist eben keine klassische Chronik. „Wir haben einfach auf die Aspekte Wert gelegt, die für die Bogestra in all den Jahren eine hohe Bedeutung hatten“, sagt Ladleif.
Viele Fotos machen das Bogestra-Buch zu einer Besonderheit
Was er meint: Einschübe widmen sich den wechselnden Unternehmensfarben, den Schaffnern, einem heute ausgestorbenen Beruf, und dem Transport der Massen bei Großveranstaltungen. Auf Seite 138 wird noch der Ausblick in die Zukunft gewagt, ein Kapitel behandelt die E-Mobilität.
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Unterlegt wird all das mit historischen Fotos, kaum eine Seite kommt ohne Bild aus. Über 260 Fotografien gebe es in dem Band. „Darauf haben wir großen Wert gelegt“, erklärt Ladleif. Der Anspruch der VhAG sei gewesen, möglichst viele vom Nahverkehr, mitunter ein technisch-sperriges Thema, zu begeistern. Das funktioniere mit Fotos am besten.
Dann folgt deshalb ein fotografischer „Streif-Zug“ durch das Betriebsgebiet und die Reise durch 125 Jahre Bogestra findet ein Ende. Auf mehreren Seiten werden Bilder aus den 1950er- bis 1990er-Jahren gezeigt. Trams rollen durch Gelsenkirchen, Bochum, Herne und Co., natürlich dick eingehüllt in eine Patinaschicht aus Lokalkolorit. Hier, so hoffen die Herausgeber, sollen die Leserinnen und Leser in Erinnerungen schwelgen. Das dürfte wahrlich niemandem schwerfallen.