Gelsenkirchen. Das Straßenbild in Gelsenkirchen in der Ausgangssperre zeigt sich sehr entspannt. In der Stille fallen alle Geräusche stärker auf.
Einmal von Süd nach Nord durch die Emscherstadt und zurück auf der Suche nach dem Alltäglichen: Aber in der Corona-Zeit ist es nicht alltäglich, nach 22 Uhr unterwegs zu sein. Von den meisten der wenigen Passanten tragen fast alle die vorgeschriebene Maske. Den Abstand kann jeder ohne Schwierigkeiten einhalten, Mindestmaß nach dem Glockenläuten am Heinrich-König-Platz zur Sperrstunde ist wohl 100 Meter.
Das nächste Geräusch kommt von den Werbetafeln, ein Sirren, als die Anzeige wechselt. Es fällt auf, dabei müsste man sonst schon direkt daneben stehen, um es wahrzunehmen. "Wie bei Robocop", kommentiert der Kollege, dessen Kameraverschluss heute Nacht ungewöhnlich laut scheint. Ein gleichmäßiges Rattern drängt sich in die Stille, eine Frau zieht einen kleinen Koffer hinter sich her. Die weiße Maske hat sie am Handgelenk. Dürfte vom Hauptbahnhof kommen.
Gelsenkirchens Hot Spots sind kühl
Dort ist dann tatsächlich mehr Betrieb, aber auch längst nicht im normalen Maß. Aus dem Netto-Markt kommen die letzten Kunden, sie diskutieren, zu verstehen ist kaum etwas unter der Maske. An der Rolltreppe zur U-Bahn fallen tatsächlich ein paar Jugendliche auf. Vier sind es, zwei stoßen noch dazu, anscheinend sind sie irgendwo noch verabredet. Es ist ja Samstag, aber Clubs und Kneipen haben zu, die Ausgangssperre hat gerade begonnen.
Zwei Nachteulen mit der Maske am Kinn und der Bierflasche am Arm füllen die Liste. Wahrscheinlich haben sie gar nicht gemerkt, wie spät es ist. Auf dem Weg nach Norden ist dann tatsächlich plötzlich auch ein Blaulicht zu sehen. Aber es ist kein Streifenwagen, ein Rettungswagen fegt über die Ringstraße, biegt Richtung Schalke ab.
Die Hundeleine als Passierschein
Hier neben der St. Georgs-Kirche ist dann auch der erste Gassi-Gänger noch unterwegs. Die Flexi-Leine ist wohl so etwas wie der Passierschein in der Sperrzeit. Noch etwas weniger Autofahrer sind unterwegs als rund um die Altstadt, ab der Arena sowieso.
An der Domplatte in Buer kommt zum ersten Mal in Streifenwagen ins Bild. Die Besatzung ist sehr entspannt, aufgeräumt, freundlich: "Können wir Ihnen irgendwie helfen?", fragt der Fahrer. Eine gute halbe Stunde nach Einsetzen der Ausgangssperre macht das den Eindruck, als hätte er die Frage noch an diesem Abend noch gar nicht stellen müssen.
Warten auf Grünes Licht
Der Jogger mit dem Vereinsaufdruck auf der Trainingsjacke, der aus Richtung der Horster Straße gekommen ist, dreht eine Runde durch die menschenleere Einkaufszone. Kurz vor dem Busbahnhof ist er wieder zu sehen. Tatsächlich stoppt er am Fußgängerüberweg und drückt die Anforderungstaste an der Ampel. Kein Passant weit und breit, kein Auto ist zu sehen. Aber er hält sich an die Regeln. Joggen darf er bis Mitternacht. Und allein die ungewöhnliche Stille genießen.
Dreimal fallen auf dem Weg zurück nach Süden Autofahrer in Erle und Bismarck auf. Die großen, dunklen Styroporkisten machen klar: Pizza-Lieferdienst. Selbst an den Nachtschaltern der Tankstellen ist nichts mehr los.