Gelsenkirchen-Buer. Die Mauer an der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen-Buer bekommt einen neuen Anstrich – aus Graffiti. Dieses Motiv wurde ausgewählt.
Schön ist sie nicht – aber ziemlich prominent. Wer auf der Kurt-Schumacher-Straße in Richtung Gelsenkirchen-Buer fährt, der sieht sie, wenn er auf Höhe der Straßenbahnhaltestelle Bergmannsheil nach rechts blickt: Eine graue, etwa 300 Meter lange, etwa drei Meter hohe Mauer, die in der Mitte vom Schernerweg durchbrochen wird. Ihre Aufgabe, das oberhalb der Kurt-Schumacher-Straße gelegene Gelände vor dem Abrutschen zu bewahren, erfüllt sie. Schön anzusehen ist sie aber nicht. Das soll sich schon bald ändern.
„Knallebunt soll es werden“, sagt Knut Köhler und strahlt. Der Erler ist einer der Hobbykünstlerinnen und -künstler, die sich in den kommenden Wochen daran machen werden, die Mauer mit großflächigen Graffiti zu verzieren. Und das ganz legal: Die Mitglieder der Bezirksvertretung Nord stimmten in der vergangenen Woche mit großer Mehrheit für dieses Projekt.
Gelsenkirchener Künstler waren von dem Projekt begeistert
Mila-Marie Est arbeitet bei der Stadterneuerungsgesellschaft (SEG), sie hat ihr Büro an der Bochumer Straße in Ückendorf und ist mit der Graffitiszene in der Stadt gut vernetzt. Zahlreiche Häuserwände in Ückendorf werden bereits von Graffiti verziert, regelmäßig findet im Stadtteil die „PottWall-Jam“, eine Aktion der Streetart-Initiative Gelsenkirchen statt. „Margret Schneegans von der SPD hatte uns Ende 2019 angesprochen, ob wir uns vorstellen können, die Mauer an der Kurt-Schumacher-Straße in Angriff zu nehmen, sollte die Politik zustimmen“, berichtet Mila-Marie Est. Sie fragte einige Künstler – und die waren begeistert.
Knut Köhler ist einer von ihnen. Ende der 80er-Jahre, mit 15 Jahren, hatte er seine Liebe zu Graffiti entdeckt. „Damals schwappte die erste große Welle der Graffiti-Kunst nach Deutschland, ich war von Anfang an dabei“, erzählt er. Ging es am Anfang vor allem darum, seinen Namen als kunstvoll gestalteteres „Tag“ zu hinterlassen, wurden die Ansprüche im Laufe der Jahre größer. „Ich schaue mir aber immer noch gerne einen gut bemalten Zug an“, sagt er.
Für dieses Motiv haben sich die Künstlerinnen und Künstler entschieden
Etwa 15 Künstlerinnen und Künstler sind es, die sich jetzt an die Aufgabe machen, die graue Mauer in einen Hingucker zu verwandeln. Die Stützmauer wurde im Jahre 2018 bereits umfassend saniert und mit einem Oberflächenschutzsystem beschichtet. Seitdem wurde die Wand wiederholt mit wilden Graffiti beschmiert – Stadtverwaltung und Politik hoffen jetzt, dass ein künstlerisches und ansehnliches Graffito dafür sorgt, dass die Schmierereien ausbleiben. Knut Köhler ist da guter Dinge. „Ich habe schon mehrere Wände gestaltet, und nach meiner Erfahrung bleiben die meist unangetastet.“
Jeder der 15 Künstlerinnen und Künstler bekommt einen etwa zehn Meter breiten Abschnitt der Mauer zugewiesen. Damit ein einheitliches Bild entsteht, haben sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Thema verständigt. „In Gelsenkirchen, und zudem in direkter Nähe zum Bergmannsheil, lag es nahe, das Thema Bergbau zu nehmen“, erklärt Mila-Marie Est. Jeder der beteiligten Künstler kann seinen Bereich frei zum Thema gestalten, die Übergänge sollen aber fließend sein, sodass am Ende der Eindruck eines einzigen großen Wandgemäldes entsteht.
So wird Knut Köhlers Abschnitt aussehen
So viele Farbdosen werden gebraucht
Mit den Arbeiten kann nach Aussage von Mila-Marie Est begonnen werden, sobald die Sprühdosen eingetroffen sind, aller Voraussicht nach bereits in den kommenden Wochen. Knut Köhler rechnet damit, dass die Arbeiten einige Wochen dauern werden.
Zuvor bekommt die Mauer noch einen Grundanstrich aus einem einheitlichen Grau, auf dem dann das Graffiti aufgetragen wird. Etwa 3000 Dosen Farbe werden benötigt. Die Stadt gibt die Kosten für das Material mit 13.000 Euro an.
Knut Köhler hat das Skizzenheft mit seinem Entwurf dabei: Er hat sich bei seiner Arbeit von Kirchenfenstern inspirieren lassen, die die Schutzheilige der Bergleute, die heilige Barbara zeigen. Seine zehn Meter Mauer werden auch Kirchenfenster zieren – die zeigen auf den ersten Blick bunte Muster, bei genauerem Hinsehen ergeben die Muster allerdings Buchstaben, die seinen Vornamen, Knut, zeigen: Ein typisches Graffito mit „Nametag“ also.
Köhler und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter freuen darauf, der grauen Mauer buntes Leben zu verleihen. „Ich bin hier oft vorbeigefahren“, sagt er: „Sowohl meine Künstlerkollegen als auch ich waren schon lange scharf darauf, hier etwas zu gestalten.“
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