Gelsenkirchen-Buer. Anwohner des Justizgebäudes in Gelsenkirchen-Buer beklagen mangelnde Sicherheitsvorkehrungen. Metall-Leiter war in Garten gekracht.

Die Metall-Leiter vom benachbarten Amtsgericht Buer, sie ist aus dem Garten von Familie Bois Am Goldberg verschwunden – die Sorge um Gesundheit und Leben ihrer Kinder allerdings nicht. „Es kann doch nicht sein, dass die Firma munter weiter arbeitet, ohne weitere Sicherheitsvorkehrungen für uns Nachbarn zu treffen. Erst heute Morgen ist erneut ein Fassadenteil zu Boden gestürzt, dieses Mal nicht auf unseren Rasen. Aber wer weiß, ob wir das nächste Mal wieder so ein Glück haben?“, zeigte sich Mandy Bois am Mittag alarmiert.

Tatsächlich zeigt ein Video, das der Redaktion vorliegt, wie ein Abrissbagger von der Fassade in der obersten Etage ein Stück der metallenen Verblendung löst, es dann aber dem Greifarm entgleitet und hinunter fällt, nur wenige Meter von der Grundstücksgrenze zu Familie Bois entfernt. „Das wirkt schon bedrohlich“, sagt die Mutter von drei Kindern (9, 5 und 1) und fragt sich, ob die Stadt nicht ein Auge auf die ordnungsgemäße Durchführung der Abrissarbeiten hat.

Stadt Gelsenkirchen sieht keine Gefahr im Verzug

Die Baustelle Amtsgericht in Gelsenkirchen-Buer befindet sich unmittelbar hinter den Gärten der Anwohner Am Goldberg. Sie fragen sich, ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen.
Die Baustelle Amtsgericht in Gelsenkirchen-Buer befindet sich unmittelbar hinter den Gärten der Anwohner Am Goldberg. Sie fragen sich, ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Bei den Abläufen auf der Baustelle haben wir keine Aufsichtsfunktion“, stellt Stadtsprecher Martin Schulmann auf Anfrage klar. Die Essener Harfid GmbH als Eigentümer des Grundstücks und Bauherr der sechs geplanten Mehrfamilienhäuser werde nur bei der Entsorgung der Schadstoffe kontrolliert.

Zwar sei ein Vertreter der Bauaufsicht noch am Montag nach dem Beinahe-Unfall vor Ort gewesen, habe mit Mitarbeitern der ausführenden Firma sowie dem Eigentümer gesprochen. „Man hat uns zugesichert, dass die Verantwortlichen alles tun werden, damit so ein unglücklicher Vorfall nicht mehr vorkommt.“

Im Dezember meldete die Verwaltung bereits einen Arbeitsschutz-Verstoß nach Münster

Eine Baustelle könne die Stadt nur stilllegen, „wenn Gefahr im Verzug ist und wir Hinweise auf mangelnde Sachkenntnis und Fahrlässigkeit haben. Dies ist aber nicht der Fall. Am Amtsgericht sind professionelle Firmen am Werk.“

Wie Schulmann auf Nachfrage bestätigte, hat es allerdings bereits Anfang Dezember 2020 Ärger um gepresste Mineralwolle gegeben, die Arbeiter bei den Entkernungsarbeiten des mit Schadstoffen belasteten Gebäudes auf den Boden geworfen haben. „Dies haben wir als Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen der Bezirksregierung Münster gemeldet.“ Es habe sich nicht um asbesthaltige Materialien gehandelt, betont Schulmann. Gleichwohl weisen Experten darauf hin, dass Mineralwolle aus den 1970er Jahren als krebserregend gilt.

Baufirma errichtet „Schutzwall“ aus Zaun und Containern

Um die Sicherheit für die angrenzenden Nachbarn zu erhöhen, ließ Harfid-Projektleiter André Althoff am frühen Dienstagnachmittag einen etwa zwei Meter hohen „Schutzwall“ aus Containern und einem Bauzaun an der Grundstücksgrenze platzieren. „Jetzt dürfte eigentlich nichts mehr passieren“, erklärte er – und appellierte an die Eigenverantwortung der Anwohner, vorübergehend auf die Nutzung des Gartens zu verzichten, solange die Abrissarbeiten noch im vollen Gange sind. „In eineinhalb oder zwei Wochen haben wir die obereren Stockwerke abgetragen und sind in der ersten Etage angelangt“, sagte er.

Familie Bois zeigte sich von dieser Empfehlung weniger angetan. „Für unsere drei Kinder ist das mitten im Lockdown keine Option“, so Mandy Bois.

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