Herten-Westerholt. Gelsenkirchener zeigen sich fassungslos über Fällung etlicher junger Bäume. Warum Eigentümer Carlo Graf von Westerholt die Vorwürfe zurückweist.

„Nicht mehr wiederzuerkennen“, „Wahnsinn“, „Kahlschlag“: Die Fällung zahlreicher Bäume im Westerholter Wald hat bei etlichen Spaziergängern (auch) aus Gelsenkirchen für Irritation und Fassungslosigkeit bis hin zu Wut gesorgt. Sie fragen sich, wieso Carlo Graf von Westerholt auf seinem Privatgelände so viele junge Bäume niederlegt, warum er dafür schweres Gerät einsetzt und sich nicht an die Setz- und Brutzeiten von Tieren hält.

„Ich wundere mich, wieso das alles sein kann. Hier werden gesunde Bäume gefällt, alles wird platt gefahren und es ist seit Tagen sehr laut“, meint etwa eine Bueranerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Martin Gatzemeier, Chef der Ratsfraktion Die Linke, ist überzeugt: Wo die Holzernte-Maschinen (Harvester) eingesetzt werden und der Boden massiv verdichtet wird, „da wächst auf Jahre nichts mehr. Da wurde nicht kontrolliert, ob es Vogelnester oder Bruthöhlen gab, es wurde einfach alles abgeholzt!“, kritisiert er.

Graf von Westerholt weist Vorwürfe von Gelsenkirchenern als unbegründet zurück

Massive Holzernte-Maschinen, sogenannte Harvester, haben tiefe Reifenspuren im Westerholter Wald an der Grenze zu Gelsenkirchen-Buer hinterlassen. Laut gräflichem Förster Andreas Lill hätten diese Rückegassen auch angelegt werden müssen, wenn Pferde einen Teil des Abtransports der Baumstämme erledigt hätten.
Massive Holzernte-Maschinen, sogenannte Harvester, haben tiefe Reifenspuren im Westerholter Wald an der Grenze zu Gelsenkirchen-Buer hinterlassen. Laut gräflichem Förster Andreas Lill hätten diese Rückegassen auch angelegt werden müssen, wenn Pferde einen Teil des Abtransports der Baumstämme erledigt hätten. © privat

Der Graf selbst und sein Förster Andreas Lill weisen die Vorwürfe zurück. „Von einem Kahlschlag kann keine Rede sein. Es handelt sich um Durchforstungsarbeiten, wie sie im Rahmen der Waldbewirtschaftung für gewöhnlich alle zehn Jahre erforderlich sind“, so von Westerholt. Da sie erstmals wieder seit 20/25 Jahren durchgeführt würden, fielen sie etwas umfangreicher aus, seien aber notwendig, um einen gesunden Wald zu erhalten.

„Wir fällen schwächere Bäume, um den stärkeren mehr Licht und Raum zur Weiterentwicklung zu geben“, betont der Graf. Davon profitierten nicht nur die betroffenen Bäume, die in einigen Jahrzehnten verkauft werden sollen, sondern auch das Klima: „Ein starker größerer Baum bindet mehr Kohlendioxid als zwei jüngere schwächere, die miteinander ums Überleben kämpfen.“

Gerodet werden rund 2500 Bäume auf einer etwa 15 Hektar großen Fläche

Von den Rodungsarbeiten betroffen ist laut Förster Lill eine Fläche von etwa 15 Hektar in dem etwa 150 Hektar großen Bereich zwischen Westerholter Straße und den Bahngleisen, wo sich früher der Löwenpark befand. Die Bäume dort seien zwischen 40 und 80 Jahre alt. Entfernt würden bei der Gesamtmaßnahme insgesamt 2500 Buchen, Ahorne und Roteichen mit unterschiedlichen Stammdurchmessern, die als Brennholz vermarktet werden.

Waldbewirtschaftung sei auf Jahrzehnte und mehrere Generationen angelegt. „Da ist es normal, dass im Laufe von 100 bis 150 Jahren von einst 5000 Bäumen auf einem Hektar nur noch rund 150 stehen bleiben“, unterstreicht Förster Lill.

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Die Maßnahmen im Frühjahr durchzuführen, sei „im Rahmen des ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Arbeitens“ erlaubt, so der Graf von Westerholt. Dabei habe die ausführende Firma „mit entsprechender Sach- und Fachkunde“ sehr wohl überprüft, ob sich in den Bäumen Bruthöhlen oder Nester befinden.

Laut Förster ist es für das Brüten von Vögeln noch zu früh

Förster Lill stellt klar: „In dieser Anfangszeit der Setz- und Brutperiode sind mir bei der Überprüfung keine Vogelnester aufgefallen. Die Kronen sind dafür auch noch gar nicht ausreichend belaubt.“ Falls tatsächlich Höhlenbauten festgestellt werden sollten, „bleiben die entsprechenden Bäume stehen, nur solche mit Totholz am Wegesrand werden aus Verkehrssicherungsgründen entfernt.“

Den Einsatz der Harvester begründete Lill damit, „dass die Arbeiten dann schneller beendet sind und früher wieder Ruhe im Wald einkehren kann.“ So genannte Rückegassen würden auch beim Einsatz von Rückepferden angelegt, um die zusammengetragenen Baumstämme von dort aus abzutransportieren. „Wir fahren mit den Maschinen aber sicher nicht kreuz und quer durch den Waldbestand.“ Bis die Arbeiten beendet sind, werde es insgesamt noch etwa 14 Tage dauern.