Gelsenkirchen. Die Corona-Impfungen bei Gelsenkirchener Hausärzten starten. Zunächst gibt es nur wenige Impfdosen – und einige Praxen gehen unerwartet leer aus.

Der Startschuss für Corona-Impfungen bei den niedergelassenen Hausärzten ist nach den Osterfeiertagen gefallen. Am Dienstag (6. April) laufen die Vorbereitungen bei Gelsenkirchener Allgemeinmedizinern auf Hochtouren, gleichzeitig bleibt aber vieles noch unklar. Auf die Impfdosen warten einige noch – und manche erhalten in dieser Woche trotz Bestellung gar keinen Impfstoff.

Etwa 85 Ärzte hatten sich laut Klaus Rembrink, Bezirksleiter Gelsenkirchen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), vorab für die Impfung gemeldet. „Wir sind froh, dass die Impfungen jetzt starten. Das war lange überfällig“, sagt Rembrink. Er hoffe nun, dass die Hausärzte bald mehr Impfstoff bekommen. Bestellen konnten Ärzte zum Start maximal 50 Dosen, zunächst nur vom Hersteller Biontech. Rein rechnerisch konnte jede Praxis von etwa 26 Dosen in der ersten Woche ausgehen.

Corona-Impfstoff wird immer dienstags für die darauffolgende Woche bestellt

Lieferanten des Impfstoffes sind die Apotheken. „Die Praxen bestellen den Impfstoff immer dienstags für die darauffolgende Woche, die Apotheken bekommen ihn gekühlt vom Großhandel und liefern ihn an die Hausarztpraxen“, erklärt Christian Schreiner, Sprecher der Gelsenkirchener Apothekerschaft und Chef Buerschen Falken-Apotheke, das Vorgehen. In seiner Apotheke hätten zwei Hausärzte den Impfstoff geordert, der auch wie geplant eingetroffen sei und am Dienstag an die Praxen geliefert würde.

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So lief es aber nicht überall. Isabel Gewaltig, Hausärztin mit Praxis in der Feldmark, hat 50 Dosen bestellt, mit etwa 24 gerechnet – und schließlich von der liefernden Apotheke die Nachricht bekommen, dass sie gar keine erhält. „Die Apotheke hat die Lieferung vom Großhändler nicht bekommen und weiß selbst nicht, woran es liegt“, so Gewaltig.

Gelsenkirchener Ärztin bekommt keinen Impfstoff – und muss Patienten absagen

Das Problem: Sie hat für diese Woche schon 24 Patienten zur Impfung einbestellt. In wochenlanger Vorarbeit, so berichtet die Allgemeinmedizinerin, hatte sie die Impfreihenfolge ihrer Patienten festgelegt. Zuerst an der Reihe sollten die wenigen noch Ungeimpften über 80-Jährigen und chronisch Kranke sein, die zum Beispiel unter der Lungenkrankheit COPD oder unter Tumorerkrankungen leiden.

„Diesen Patienten muss ich jetzt absagen. Und wann ich ihre Impfungen nachholen kann, kann ich nicht sagen, weil die nächsten Impftermine ja schon verplant sind und ich nicht weiß, wie viel Impfstoff ich in der nächsten Woche bekomme“, bemängelt Gewaltig. Besonders über die Kommunikation ärgere sie sich: „Überall hieß es: Nach Ostern geht es los – und jetzt stehe ich ohne Impfstoff da.“

Apothekerin: Großhandel hat keinen Impfstoff geliefert

Bei der betreffenden Apotheke ist der Unmut ebenfalls groß. „Wir wüssten auch gerne, warum uns der Großhandel keinen Impfstoff geliefert hat“, so eine Mitarbeiterin. Mit insgesamt sechsmal 26 Dosen, insgesamt also 156 Dosen, habe man gerechnet. „Jetzt gehen die fünf Hausärzte, die bei uns bestellt haben, leer aus und wir können erst für die kommende Woche wieder Impfstoff anfordern.“

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Eine ähnliche Erfahrung hat Klaus Eduard Klimek, Hausarzt mit Praxis in Horst gemacht: „Ich habe 50 Dosen bestellt, auf 20 gehofft und bekomme keine.“ Denn auch seine liefernde Apotheke habe das Vakzin nicht erhalten. „Ich könnte 50 Patienten am Tag impfen und bis Mai durch sein, wenn ich genug Impfstoff bekommen würde – so impfe ich im Moment gar keinen“, ärgert er sich.

Pausenlos Patienten am Telefon: Hohe Belastung für Mitarbeiterinnen

Seit die Impfkampagne auf die Hausärzte ausgeweitet worden sei, sei der Druck immens – besonders auf die medizinischen Fachangestellten, die vorn in der Praxis stünden, berichtet Klimek: „Was hier abläuft, kann man sich nicht vorstellen. Die Patienten rufen an und geben nicht auf. Die Belastung ist sehr hoch.“

So steht es um die Auslastung der Intensivstationen

11,5 Prozent der Intensivbetten in Gelsenkirchen sind aktuell durch Covid-19-Patienten belegt. Insgesamt lägen 11 Corona-Kranke auf Intensivstationen, 5 davon würden beatmet, so Stadtsprecher Martin Schulmann.

Laut DIVI-Intensivregister sind die Intensivstationen an den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen und am Bergmannsheil Buer währenddessen komplett ausgelastet. Den Großteil machten hier aber nicht Corona-Patienten, sondern Patienten mit anderen medizinischen Erkrankungen und Operationen aus, teilte Schulmann mit.

Hiltrud Verse, Allgemeinmedizinerin aus der Hausarztpraxis am Schloss Horst, hat von einer ihrer beiden liefernden Apotheken die Zusicherung bekommen, dass der Impfstoff für diese Woche kommen wird. Beim Anruf am Dienstagmittag weiß sie allerdings noch nicht, wann – wahrscheinlich entweder im Laufe des Tages oder am Mittwoch. Wie viele Dosen sie erhält? Ebenfalls noch unklar. Das macht die Planung schwierig.

Planung der Impftermin – erst, wenn das Vakzin tatsächlich da ist

„Wir haben eine Liste erstellt. Zuerst sind die Patienten über 80 dran, die zu Hause geimpft werden müssen. Für den Fall, dass die Patienten in der Prioritätsgruppe 1 nicht können, haben wir eine Nachrückerliste mit der nächsthöheren Priorität erstellt“, erklärt Verse. An die Terminplanung mache sie sich aber erst, wenn der Impfstoff tatsächlich eingetroffen sei.

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Beim Anruf am Dienstagmittag hat auch Arnold Greitemeyer, Hausarzt mit Praxis in Erle, noch kein Vakzin bekommen, rechnet aber bald damit. Er hat 40 Dosen bestellt und geht von 20 aus. „Ich impfe erst einmal die Älteren, die bisher durchs Netz gefallen sind: Die, die zu Hause leben und nicht mobil sind, und die, die zwischenzeitlich ins Heim gekommen sind, wo aber zu dem Zeitpunkt schon alle geimpft waren“, kündigt er an. Danach seien die Risikopatienten dran. Bereits etwa 250 Patienten mit einem dringenden Impfwunsch hätten bereits bei ihm angeklopft.