Gelsenkirchen. Der Inzidenzwert ist in Gelsenkirchen auf 125,9 gestiegen. Nun ist eine Verschärfung der Maßnahmen möglich. Gibt es eine Übersterblichkeit?

Seit Tagen ist der Inzidenzwert in Gelsenkirchen deutlich über dem 100er Sieben-Tage-Neuinfektionswert je 100.000 Einwohner. Am Donnerstag (18.3.) überschritt der Wert erstmals wieder die 100, wie Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff erklärt. Innerhalb eines Tages war der Inzidenzwert von 92 auf 109 gestiegen, ohne dass es ein „spezifisches Infektionsgeschehen“ gegeben habe.

Soll heißen, das Coronavirus verbreitet sich wieder schneller in der Stadt und der deutliche Anstieg innerhalb eines Tages ist nicht auf einen einzelnen größeren Ausbruch zurückzuführen. Grund dafür, so vermutet Wolterhoff, ist nicht zuletzt die Ausbreitung der britischen Mutation des Virus. Um sicher zu gehen, lässt die Stadt deshalb seit Montag jeden positiven Corona-Test auf diese Variante hin überprüfen. Die Ergebnisse stehen zwar noch aus, aber schon vorher sei bereits bei 15 bis 20 Prozent der Neuinfektionen die britsche Mutante entdeckt worden.

Streit über Corona-Politik geht weiter

Der letzte Bund-Länder-Beschluss sieht ab einem anhaltenden Inzidenzwert von über 100 eine „Notbremse“ vor, mit der wieder lokal schärfere Coronaschutzmaßnahmen möglich sind. Längst ist aber auch darüber bundesweit und im Ruhrgebiet ein Streit entbrannt. Während die Befürworter von strengeren Einschränkungen der Bewegungsfreiheit monieren, dass etliche Landesregierungen die „Notbremse“ trotz der Vereinbarung nicht ziehen und die gerade erst erlassenen Lockerungen weiter laufen lassen würden, ärgern sich Kritiker der Maßnahmen über den Ruf nach neuerlichen Verschärfungen.

Und auch der Streit über erneute Schulschließungen bis mindestens zu den Osterferien, wie sie etwa die SPD-Oberbürgermeister in Dortmund und Duisburg entgegen der Position der schwarz-gelben Landesregierung lautstark einfordern, ist neben möglicher parteipolitischer Spielchen, vor allem Ausdruck der wachsenden Zerrissenheit in der Corona-Politik.

Gelsenkirchen berät nächste Woche über schärfere Maßnahmen mit dem Ministerium

Gelsenkirchen werde sich in der Frage um mögliche Verschärfungen der lokalen Maßnahmen Anfang kommender Woche mit dem Gesundheitsministerium in Düsseldorf beraten, erklärte Luidger Wolterhoff im WAZ-Gespräch am frühen Donnerstagmorgen. Der neue Kämmerer und Ex-Gesundheitsdezernent betont dabei abermals, dass er keinen Sinn in lokal begrenzten Maßnahmen sieht, die gleich hinter der Stadtgrenze nicht mehr gelten. Im Zweifel führe das nur dazu, dass die Gelsenkirchener in die Nachbarstädte ausweichen. Geholfen sei damit niemandem und auch der Sache nicht.

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Ob es überhaupt Sinn macht, die Schulen zu schließen, beantwortet Wolterhoff mit dem Verweis darauf, dass bisher kein erhöhtes Infektionsgeschehen in den Schulen erkennbar sei. Dies könne man ohnehin erst in etwa einer Woche erkennen. In einem neuen Erlass der Landesregierung heißt es sodann auch: Anordnungen der Ordnungs- und Gesundheitsbehörden bezogen auf einzelne Schulen seien nur dann möglich, wenn es zu Infektionsausbrüchen an einzelnen Schulen oder ihrem direkten Umfeld komme. Dabei könnten an einer einzelnen Schule sowohl verschärfte Verhaltensregeln angeordnet werden wie auch (teilweise) Schulschließungen.

Sterbefälle in Gelsenkirchen der letzten zehn Jahre

Derweil ist trotz der 327 neuen Corona-Fälle seit dem 13. März die Lage auf den Gelsenkirchener Intensivstationen weiterhin vergleichsweise entspannt. Sieben der 69 Intensivpatienten sind wegen einer Corona-Erkrankung in Behandlung (Stand 20.3.).

Corona-Todesfälle listet die Stadt insgesamt 347 seit Ausbruch der Pandemie auf. Rund 7,6 Prozent der zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 15. März in Gelsenkirchen verstorbenen 4536 Menschen sind mit oder an Corona gestorben. Allerdings ist die Zahl aller im vergangenen Jahr verstorbenen Gelsenkirchener in Relation zur Stadtbevölkerung nicht auffällig. Im Vergleich der vergangenen zehn Jahre zeigt sich, dass sich der Anteil der Verstorbenen immer zwischen 1,2 Prozent (2016) und 1,34 Prozent (2020) bewegt.

Jahr / Sterbefälle / Anteil an Bevölkerung

2010 / 3319 / 1,28

2011 / 3346 / 1,29

2012 / 3249 / 1,26

2013 / 3346 / 1,3

2014 / 3252 / 1,26

2015 / 3442 / 1,3

2016 / 3215 / 1,2

2017 / 3505 / 1,3

2018 / 3377 / 1,3

2019 / 3242 / 1,2

2020 / 3559 / 1,3