Gelsenkirchen. Im Corona-Jahr 2020 sind die Unfallzahlen in Gelsenkirchen gesunken. Hoch bleibt die Quote bei Rauschmitteln, Fahrerfluchten und Pedelec-Fahrern.

Lockdowns, Homeoffice und ein zwischenzeitlich stark eingeschränktes öffentliches Leben haben die neue Verkehrsunfallstatistik für Gelsenkirchen spürbar beeinflusst. Die Gesamtzahl sank um 1456 auf 8810 Verkehrsunfälle im Jahr 2020.

Die Ausschläge nach unten in der Statistik sind allerdings nicht so groß wie vielleicht angenommen, weil nach dem ersten Lockdown im vergangenen Frühjahr die Mobilität deutlich wieder zugenommen hatte. „Deshalb sind bei der Anzahl der Verunglückten keine so großen Einbrüche zu verzeichnen“, sagte Polizeisprecherin Merle Mokwa. In der vorangegangen Statistik hatte Gelsenkirchen bei den Unfallzahlen noch die 10.000-Marke geknackt.

815 Verletzten nach Unfällen in Gelsenkirchen, drei Verkehrstote auf drei

667 und damit 102 Unfälle mit Personenschaden weniger sind in dem am Mittwoch veröffentlichten Zahlenwerk für Gelsenkirchen aufgeführt. Zu den 815 Verletzten - 715 Leicht- und 97 Schwerverletzten - kommen noch drei Tote, zwei mehr als noch im Vorjahr.

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Ein Grund dafür ist, das freiere Straßen durch weniger Verkehrsaufkommen im Lockdown zum schnelleren Fahren verführen. 9171 festgestellte Tempoverstöße in 2020 durch die Verkehrsüberwachung sind ein klares Indiz dafür, erst mit weitem Abstand folgen Gurtverstöße (3360).

Drei Unfälle mit tödlichen Folgen

Drei tödliche Unfälle hat es in Gelsenkirchen im vergangenen Jahr gegeben.

1. Fall: 23. Januar, 21.55 Uhr, Wiehagen/Wembkenstraße (Neustadt). Ein 41-jähriger Pkw-Fahrer, der die Einmündung mit überhöhter und unverminderter Geschwindigkeit überquerte, prallte gegen geparkte Fahrzeuge, Laterne und Baum

2. Fall: 20. August, 9.12 Uhr, Oststraße/ Burgsteinfurter Straße (Erle). Ein 29-jähriger Pkw-Fahrer überquerte die Kreuzung mit überhöhter und unverminderter Geschwindigkeit und prallte gegen einen Baum.

3. Fall: 24. Oktober, 10.45 Uhr, Ulfkotter Straße/Altendorfer Straße (Scholven). Ein 84-jähriger Pkw-Fahrer, der die Vorfahrt des von links kommenden Pkw missachtete.

Das geht auch aus den Landeszahlen hervor, die NRW-Innenminister Reul (CDU) in Düsseldorf parallel zu den lokalen Daten der 47 Kreispolizeibehörden vorgestellt hat. Im vergangenen Jahr starben auf NRWs Straßen 430 Menschen. Zwar 26 weniger als im Vorjahr und insgesamt so wenige wie seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1953 nicht mehr. Aber: Die Hauptursache war nicht mehr zu geringer Abstand, sondern viel zu hohe Geschwindigkeit.

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Als sehr erfreulich stufte das Gelsenkirchener Polizeipräsidium den Rückgang bei verunglückten Kindern im Straßenverkehr ein. Hier sanken die Zahlen deutlich. Im Vergleich zum Vorjahr waren es bei 71 erfassten Unfällen mit verletzten Kindern 46 Kollisionen weniger als noch im Jahr zuvor. „Wir führen das auf intensive Arbeit der Verkehrsunfallprävention mit Vorschulen, Kitas und Grundschulen zurück“, so die Einschätzung Mokwas.

Mit Sorge betrachtet die Polizei trotz sinkender Zahlen das weiterhin vergleichsweise hohe Niveau von verunglückten Senioren und die steigende Zahl an verletzten Radlern, die mit einem Pedelec, also mit elektrischer Unterstützung, unterwegs waren. Zwar sank die Quote von 122 auf aktuell 96 verletzte Senioren, beim Blick auf die aktiven verletzten Senioren hinter dem Steuer - von 95 auf 82 nur wenig abgesunken - wird klar, dass die Hektik auf den Straßen und die im Alter nachlassende Reaktionsfähigkeit hohen Tribut fordert.

Zahl der verletzten Pedelec-Fahrer bei Unfällen ist um 45 Prozent gestiegen

Die Zahl der verunglückten Radfahrer sank von insgesamt 177 auf 165, im Gegenzug nahm der Anteil verletzter Pedelec-Fahrer von 33 auf aktuell 48 zu - ein Plus von 45 Prozent. Pedelecs erfreuen sich gerade bei älteren Verkehrsteilnehmern großer Beliebtheit, der Markt boomt. Die Zweiräder ermöglichen hohe Reichweiten und einen deutlichen Mobilitätszugewinn, „sie sind aber mit 25 Stundenkilometern schneller als ein Rad ohne elektrischen Hilfsmotor und durch ihr Gewicht deutlich schwerer zu handhaben“, weiß Merle Mokwa. Damit steige das Unfallrisiko. Bei Pedelecs besteht noch keine Helmpflicht.

Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol und Drogen eine Ursache waren, verharren auf hohem Niveau. Ihre Gesamtzahl sank von 147 auf jetzt 132. Rund zwei Drittel waren davon 2019 noch auf Alkohol zurückzuführen, 2020 sind es gut vier Fünftel. Der Rest entfällt auf Rauschmittel.

Ähnlich hohe Zahlen gibt es bei Unfallfluchten. Ihre Anzahl sank von 2302 auf 2166, die Zahl der aufgeklärten Fälle sank von 936 auf 868. Betrachtet man die Fahrerfluchten mit Verletzten, so ist deren Anteil von 67 auf 72 gestiegen. Parallel dazu wurden mehr dieser Fälle aufgeklärt, vormals waren es 42, jetzt sind es 48. Die Aufklärungsquote stieg damit von rund 60 auf etwa 70 Prozent.