Förderung des Landschaftsverbandes macht es möglich: Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ ist nun auch virtuell erlebbar.

Nach nur wenigen Klicks am heimischen Computer steht der Besucher gleich im ersten Ausstellungsraum plötzlich vor einer alten Stadtkarte. Auf dieser sind Augensymbole zu finden. Jedes einzelne kann per Maus angesteuert werden. Und auf Tastendruck erscheinen sofort Infos zu jenen Orten in Gelsenkirchen, wo die Parteimitglieder und Schergen der NSDAP in der Nazizeit großes Unrecht verübt haben – etwa im früheren Gerichtsgefängnis an der Munckelstraße, im Hans-Sachs-Haus oder im „Goldberghaus“ in Buer. Der Rundgang durch die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ ist auch in der neuen virtuellen Form ein ebenso ergreifendes wie lehrreiches Erlebnis.

Fördermittel des Landschaftsverbandes halfen bei der Umsetzung des Projektes

Sarah Gartner (l.) und Birgit Klein vom Gelsenkirchener Institut für Stadtgeschichte haben das Projekt „Virtueller Rundgang durch die Dokumentationsstätte“ maßgeblich betreut.
Sarah Gartner (l.) und Birgit Klein vom Gelsenkirchener Institut für Stadtgeschichte haben das Projekt „Virtueller Rundgang durch die Dokumentationsstätte“ maßgeblich betreut. © Unbekannt | Stadt Gelsenkirchen

Das Haus am Rande der Cranger Straße in Erle, in dem die Dokumentationsstätte untergebracht ist, musste mit Beginn des zweiten Corona-Lockdowns Anfang November schließen. Um allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern aber auch weiterhin Einblicke in dieses wichtige Stück Heimatgeschichte zu ermöglichen, hat das Institut für Stadtgeschichte (ISG), zu dem die Dokumentationsstätte gehört, einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung entwickelt. Dank der Fördermittel des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und der technischen Hilfe des Redaktionsbüros Dank konnte das Projekt nun umgesetzt werden.

„15.000 Euro wurden dafür investiert, 10.000 davon haben wir vom Landschaftsverband bekommen“, erklärte Stadtsprecher Martin Schulmann auf Anfrage dieser Zeitung. In dieser Summe nicht mit eingerechnet seien aber die zahlreichen Arbeitsstunden, die Dr. Daniel Schmidt, der Leiter des ISG, und die beiden Projektbetreuerinnen Birgit Klein und Sarah Gartner investiert hätten.

Ein Großteil der 180 Texte wurde auch eingesprochen

Insgesamt 250 Elemente lassen sich auf dem virtuellen Rundgang anwählen, der daheim am PC, Tablet oder Smartphone gestartet werden kann. Alle Texte oder Bilder erscheinen auf Mausklick auch im Großformat. Ein Navigationsfeld ermögliche es laut Stadtsprecher Schulmann zudem, die verschiedenen Räume der Originalausstellung direkt anzusteuern.

Ein Großteil der 180 Texte wurde zudem eingesprochen und ist als Tonaufnahme abrufbar. Das sei mit Blick auf die Barrierefreiheit ein weiterer wichtiger Schritt nach vorn, so Schulmann. Vier historische Rundfunkaufnahmen, sieben Hörstationen mit nachgesprochenen Interviewausschnitten und zehn weitere Tonaufnahmen ergänzen die Ausstellung ebenso wie rund 100 Fotos, Grafiken und historische Dokumente. Auch die 36 Porträts, die in den Fenstern der Dokumentationsstätte zu sehen sind, können beim virtuellen Rundgang im Großformat angeschaut werden.

Die Neugier der Menschen zu wecken, sei das wichtigste Ziel

„Dieses neue virtuelle Angebot kann natürlich einen Vor-Ort-Besuch der Dokumentationsstätte nicht ersetzen, ermöglicht aber ein erstes Kennenlernen der Ausstellung. Wenn wir so die Neugier der Menschen wecken, ist ein wichtiges Ziel erreicht“, erklärte ISG-Leiter Dr. Daniel Schmidt. Sein besonderer Dank gilt Birgit Klein und Sarah Gartner, die das Projekt betreut haben: „Die beiden Kolleginnen haben ein überzeugendes Konzept entwickelt und dank ihrer zügigen Umsetzung der Dokumentationsstätte eine neue Dimension erschlossen.“

Wichtig sei es gewesen, so Sarah Gartner, „mit dem neuen Format sowohl eine geschichtliche Einführung in das Thema als auch einen Überblick über das Grundkonzept der Ausstellung zu bieten“. Und Birgit Klein betont: „Während des Lockdowns, aber auch weit darüber hinaus, ist die virtuelle Ausstellung wichtig, da wir auf diesem Wege Schulklassen und Geschichtsinteressierte mit grundlegenden Informationen versorgen können.“

Der virtuelle Rundgang kann jederzeit ergänzt werden

Dr. Hauke-Hendrik Kutscher vom LWL-Museumsamt erklärte: „Die Digitalisierung bietet auch für die Bildungsarbeit der Gedenkstätten viele Möglichkeiten. Online-Angebote können beispielsweise zur Vor- und Nachbereitung eines Besuches vor Ort dienen.“ Als Fördergeber sei es dem LWL wichtig gewesen, dass die Gedenkstätte mit dem virtuellen Format einen großen Schritt in Richtung Barrierefreiheit gegangen sei. „Besonders gelungen ist, dass der Rundgang nicht statisch ist, sondern für zukünftige Ergänzungen ausgelegt wurde“, so Kutscher.

Der virtuelle Rundgang durch die Ausstellung soll künftig stetig erweitert werden. Der 360-Grad-Rundgang zur Geschichte Gelsenkirchens im Nationalsozialismus findet sich im Internet unter: www.gelsenkirchen.de/dokustaette-virtuell sowie auf der Homepage des ISG: www.dokumentationsstaette-gelsenkirchen.de.