Gelsenkirchen. Die Zahl der Spielhallen in Gelsenkirchen soll sich halbieren. Allerdings könnte eine Entscheidung des Landes den Prozess aufhalten.

Die Spielhallen-Landschaft in Gelsenkirchen wurde in den vergangen Jahren stark ausgedünnt und soll weiter stark schrumpfen. Von derzeit 80 Spielhallen sollen künftig nur noch knapp 40 übrigbleiben. Allerdings könnte eine Entscheidung des Landes den Prozess aufhalten - was von der Stadt alles andere als begrüßt wird.

Denn: Laut einem Gesetzentwurf für den neuen NRW-Glücksspielstaatsvertrag sollen sogenannte Mehrfachkonzessionen unter bestimmten Bedingungen doch wieder genehmigt werden dürfen. Diese Mehrfachspielhallen in einem Gebäudekomplex waren für die Branche lange ein Weg, um größere Einrichtungen betreiben zu können - werden von den Kommunen aber längst schrittweise geschlossen.

Zahl der Spielhallen in Gelsenkirchen seit 2012 bereits stark gesunken

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In Gelsenkirchen gibt es nach Angaben des Rathauses derzeit 80 Spielhallen an 50 Standorten. Darunter sind 33 Einzelspielhallen und 47 Mehrfachkonzessionen. Eigentlich soll diese Zahl in den nächsten Jahren weiter sinken: Die Mehrfachspielhallen sollen zu Einzelspielhallen werden und elf Einzelstandorte sollen ganz geschlossen werden, weil sie in einer unzulässigen Konkurrenz zu einem anderen Anbieter stehen. Insgesamt hätte Gelsenkirchen damit nur noch 39 Spielhallen.

Seit 2012 haben sich die Mehrfachkonzessionen in Gelsenkirchen laut Stadt bereits fast halbiert. Denn mit dem Glücksspielvertrag 2012 wurden die Mehrfachkonzessionen eigentlich für unzulässig erklärt. Allerdings wurde den Spielhallenbetreibern zugleich eine Übergangszeit bis 2017 zugestanden. Sie konnten sich bis dahin auf Härtefallregelungen oder Bestandsschutz berufen.

In Gelsenkirchen hat man aber auch nach 2017 nicht sofort damit begonnen, den Betreibern die Schließungsbescheide zuzusenden. „Wir haben erst einmal abgewartet, bis die Rechtslage klar war“, sagt Hans-Joachim Olbering, Leiter des Ordnungsreferats. .

OVG-Urteil: Kein Bestandsschutz mehr für Spielhallen-Betreiber

Klarheit gab es dann im Oktober 2019. Nach einer damaligen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW konnten sich Spielhallenbetreiber nicht länger auf Ausnahmeregelungen berufen, um Schließungen zu verhindern oder hinauszuzögern. Gesetzlich geregelt ist zum Beispiel, dass Spielhallen nicht direkt zueinander in Konkurrenz stehen dürfen, also zwischen ihnen ein Mindestabstand herrschen muss. Einen Mindestabstand von 350 Metern muss es auch zu Schulen, Kitas oder Jugendtreffs geben.

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Spätestens ab dem OVG-Urteil lag es in den Händen der Kommunen, zu entscheiden, welche Spielhalle aufgrund fehlender Abstände schließen muss und welche nicht. In Gelsenkirchen versuchte man nach Darstellung von Olbering, im Austausch mit den Betreibern einen „Abschmelzungsprozess“ der Spielhallen-Landschaft voranzutreiben „Wenn man sich mit den Betreibern verständigt, in welchem Zeitraum welche Spielgeräte abgebaut werden können, kann man das ohne lange Rechtsstreitereien lösen“, so der Referatsleiter.

Mit der friedlichen Konsensfindung ist es nun aber erst einmal vorbei. Grund sind nach Auffassung von Olbering irritierende Signale aus der Landesregierung. Denn im kommenden NRW-Glücksspielvertrag 2021 soll es heißen, dass unter bestimmten Voraussetzungen nun doch Mehrfachkonzessionen mit bis zu drei Spielhallen bestehen dürfen. „Der Gesetzgeber hat plötzlich eine unerwartete und nicht nachzuvollziehende Kehrtwende eingeleitet“, ärgert sich Olbering, der eigentlich dabei war, jene Hallen zu schließen, die nun offenbar doch wieder erlaubt werden sollen.

Automatenverband: Warum schließen, wenn Qualitätsstandards hoch sind?

Der Glücksspielstaatsvertrag

Alle Glücksspielangebote, online wie analog, werden ab Juli 2021 neu reguliert. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt noch der Glücksspielstaatsvertrag von 2008, der 2012 aktualisiert wurde.

Mit dem Staatsvertrag wird es erstmals für Online-Casinos und Sportwettenanbieter möglich sein, eine Lizenz zu beantragen, die für ganz Deutschland gilt. Bisher agierten sie in einer rechtlichen Grauzone.

Um Glücksspielsucht zu vermeiden, soll es für jede Person künftig ein Einzahlungslimit von 1000 Euro pro Monat geben. Zwischen allen Anbietern soll ein Datenaustausch erfolgen, damit das Einzahlungslimit nicht umgangen werden kann. Auch soll es eine Sperrdatei für problematische Spieler geben.

In der Glücksspielbranche wertet man den NRW-Vorstoß zu den Mehrfachkonzessionen als schwachen Trost. Dort fragt man sich, ob die Schließung von Spielhallen wirklich noch zeitgemäß ist. „Natürlich kann Glücksspiel zu einem Problem werden“, gibt Franz Einhaus, Vorstandsmitglied im Deutschen Automatenverband NRW und Inhaber mehrerer Spielgeräte in der Gelsenkirchener Gastronomie, zu. Selbstverpflichtungen und gesetzliche Regulierung hätten die Spielhallen allerdings längst zu einem „überwachten sozialen Raum“ gemacht, in dem das Glücksspiel in geregelte Bahnen gelenkt werden könne.

Anders sei das beim „völlig unkontrollierten“ Glücksspiel im Internet, das mit dem kommenden Glücksspielstaatsvertrag ab Mitte 2021 legalisiert und reguliert werden soll. Spielhallen dagegen würden zusehens weiter vom Markt verschwinden. „Wenn strenge Qualitätskriterien eingehalten werden“, meint Einhaus, „macht es doch keinen Sinn, weiter auf Abstände zu bestehen und den Markt weiter auszudünnen.“ Dies könne doch auch nicht im Interesse der Kommunen sein. „Es werden schließlich reichlich Leerstände dazukommen. Bei Schließungen einer Spielstätte wüsste ich nicht, wer da der Nachmieter sein soll?“