Gelsenkirchen. Die Grünen fordern, einen öffentlichen muslimischen Gebetsruf in Gelsenkirchen gestatten zu lassen - auch über die Pandemie hinaus.

Die Gelsenkirchener Grünen schlagen vor, aufgrund der Corona-Einschränkungen für muslimische Gemeinden einmal täglich einen öffentlichen islamischen Gebetsruf in Gelsenkirchen zu gestatten. Einen entsprechenden Antrag will die grüne Liste im Integrationsrat mit Unterstützung der Grünen-Ratsfraktion in der nächsten Sitzung des Integrationsrats am Donnerstag (28.1.) einbringen.

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Der Gebetsruf könnte nach Vorstellung der Grünen in Abstimmung mit den muslimischen Gemeinden an zwei Standorten im Süden und Norden zur Zeit des Abendgebetes zwischen 17 und 18 Uhr für die Dauer von etwa fünf Minuten stattfinden und über ein Band abgespielt werden.

Gebetsruf soll Vereinsamung entgegenwirken

„Unter der Isolation durch die coronabedingte Schließung der Moscheen leiden gerade ältere Menschen", teilte Derya Halici, direkt gewählte Grünen-Vertreterin im Integrationsrat mit.

Studien würden belegen, dass das Vernehmen des Ezans, also des islamischen Gebetsrufes, bei vielen Menschen mit islamischem Bekenntnis ein Stück Normalität, Vertrautheit und Routine birgt. "Damit kann der Gebetsruf eine emotionale Stütze sein, um Vereinsamungserscheinungen entgegen zu wirken", so Halici.

Ilayda Bostancieri, Stadtverordnete und Mitglied im Integrationsausschuss ergänzt: „Wir Grüne wünschen uns ein akustisches Band der Solidarität. So wie ein zusätzliches Kirchenglockengeläut während der Pandemie ermöglicht wurde, wünschen wir uns den Gebetsruf Ezan als Zeichen des Zusammenhaltes der Menschen in Gelsenkirchen."

Muezzin-Ruf soll auch nach der Pandemie möglich sein

Begrenzt soll der öffentliche Muezzin-Ruf nach Vorstellung der Grünen auch nach der Pandemie möglich sein: Sie fordern, diesen langfristig als einmal wöchentlichen Gebetsruf für das Freitagsgebet zuzulassen.

Bereits während der ersten Corona-Welle ist der Muezzin-Ruf als Zeichen der Solidarität in vielen Kommunen erstmals ermöglicht worden, unter anderem in Herten, Duisburg, Köln, Hannover, Dortmund oder Wuppertal. Auch in Gelsenkirchen hatte der Internationale Arbeitskreis, zu dem Vertreter aller großen religiösen Gemeinschaften gehören, die Möglichkeit eines öffentlichen Gebetsrufs bei der Stadt angefragt - was vom damaligen Oberbürgermeister Frank Baranowski jedoch abgelehnt wurde.

Den Zusammenhalt aller Religionsgemeinschaften in der Krise stärken zu wollen, sei zwar nachvollziehbar, man müsse einen solchen Vorschlag aber erst unter "ausgiebiger Beteiligung der Stadtgesellschaft" diskutieren, hieß es damals vom OB. Die Stadt habe sich damals nicht klar positioniert, sagt Derya Halici. "Jetzt hoffen wir, die Debatte auf der politischen Ebene zu führen und zu öffnen."

Sollte ein Muezzin-Ruf in Gelsenkirchen erlaubt werden? Lesen Sie hier die Positionen der WAZ-Redakteure Sinan Sat ("Muezzin-Rufe würden die Gesellschaft in Gelsenkirchen überfordern") und Gordon Wüllner-Adomako ("Debatte über Muezzin-Rufe sollte man mit Offenheit führen").