Gelsenkirchen. Lange mussten die BP-Mitarbeiter in Gelsenkirchen zittern. Jetzt ist klar, wie viele Stellen am großen Raffinerie-Standort gestrichen werden.
Auch wenn sich BP gegenüber der Presse noch zurückhaltend äußert: Kurz vor Weihnachten haben die rund 2000 Mitarbeiter der Ruhr Oel GmbH nach Monaten der Unruhe endlich konkretere Zahlen über den geplanten Stellenabbau in Gelsenkirchen erhalten.
Rund 200 Jobs sollen am deutschlandweit zweitgrößten Raffinerie-Standort gestrichen werden, erklärte der Betriebsrats-Chef Darko Manojlovic auf Anfrage der WAZ. Bundesweit sollen es 720 sein.
Unterm Strich werden 100 Stellen in Gelsenkirchen abgebaut
Da in Scholven und Horst zugleich insgesamt 100 neue Stellen entstehen sollen, handele es sich netto um etwa 100 Beschäftigte, die bis Ende 2021 von den Kürzungsplänen betroffen seien, so Manojlovic. In Deutschland seien 300 neue Jobs in Planung, so dass netto 420 von rund 4200 Mitarbeitern das Unternehmen verlassen müssten.
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„Wir fordern gemeinsam mit der Gewerkschaft IG BCE, dass der Personalabbau tatsächlich ohne betriebsbedingte Kündigungen vollzogen wird“, betonte Manojlovic. Das Unternehmen habe allerdings auch zugesagt, alles zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. „Wir sind guter Dinge, dass wir das, wie in der Vergangenheit praktiziert, schaffen werden“, so der Betriebsrat weiter.
Mitarbeiter sollen ausschließlich mit Abfindungsregelungen gehen
Raffinerie produziert Kraftstoffe und Grundlage für Plastik
Die Ruhr Oel GmbH erzeugt in der BP-Raffinerie Gelsenkirchen an den Standorten Horst und Scholven verschiedene Benzin- und Dieselsorten, Heizöle, Flugkraftstoff und petrochemische Grundstoffe.
Diese werden von industriellen Kunden etwa zu Folien, Lacken, Kunst- und Schaumstoffen oder Düngemitteln weiterverarbeitet.
Geplant sei, die Streichungen ausschließlich über ein freiwilliges Ausscheiden mit Abfindungsregelungen, die Nicht-Besetzung vakanter Stellen und natürliche Fluktuation umzusetzen. Die Verlängerung des ausgelaufenen Sozialplans und die damit verbundenen Abfindungsleistungen sind Gegenstand der Interessensausgleichs-Gespräche.
Die Arbeitnehmer-Vertretung will überdies genaue Angaben darüber, in welchen Bereichen die Stellen wegfallen sollen, um sicherzustellen, „dass die Aufgaben nicht von anderen Mitarbeitern mit erledigt werden müssen.“ Die anstehenden Veränderungen werden der Betriebsrat und die Geschäftsführung der Raffinerie am Donnerstag, 17. Dezember, bei einer Betriebsversammlung erläutern.
Jobs sollen im Innendienst wegfallen
Das Unternehmen selbst hatte auf WAZ-Nachfrage erklärt, dass sich der Stellenabbau auf den Innendienst „konzentriert, also (auf) administrative Aufgaben und nicht auf operative Stellen in unseren Produktionseinheiten.“
Welche Standorte in welchem Umfang betroffen sind, wollte BP indes nicht konkretisieren, „da wir in zukünftigen Geschäftseinheiten und nicht Standorten denken.“
Neue Stellen im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung
Im Gegenzug würden aber auch Stellen neu aufgebaut, etwa durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder im Bereich der Erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung des Verkehrs, stellte BP-Sprecher Marc Schulte heraus.
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Das Unternehmen lege großen Wert darauf, „einvernehmliche Interessenausgleiche mit den Arbeitnehmervertretern zu vereinbaren.“ Es gehe nun darum, mit ihnen die vorgeschlagene neue Organisation zu besprechen und die Geschäftsbereiche in Deutschland „zukunftsfähig aufzustellen“.
Hintergrund des Kürzungsprogramm ist eine Neuausrichtung des Mutterkonzerns BP: der schrittweise Wandel von einem internationalen Öl- zum integrierten Energieunternehmen. So verfolgt er das Ziel, bis 2050 oder früher klimaneutral zu sein.
Auf dem Weg dorthin soll die Öl- und Gasförderung in den kommenden zehn Jahren um rund 40 Prozent reduziert werden. Sinkende Rohölpreise erschweren es BP immer mehr, kostendeckend zu arbeiten. An der Börse hatte der Konzern wegen der schlechten Ölnachfrage in der Corona-Krise erneut rote Zahlen eingefahren; zudem wurde das Aus der australischen Raffinerie Kwinana für Mitte 2021 angekündigt. 600 Beschäftigte sind vom Verlust ihrer Jobs bedroht.
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