Gelsenkirchen. Die Beschwerden von Gelsenkirchenern über ihr Gesundheitsamt nehmen enorm zu. Corona-Infizierte und Kontaktpersonen fühlen sich allein gelassen.
Seit der Inzidenzwert in Gelsenkirchen vor einem Monat die kritische 50er-Marke überschritten hat, häufen sich die Meldungen von Gelsenkirchenern, ihr Gesundheitsamt sei häufig nicht oder erst viel zu spät zu erreichen.
Mit dem Coronavirus infizierte Menschen und ihre Kontaktpersonen fühlen sich immer häufiger allein gelassen von den Behörden. Frust und Verzweiflung machen sich breit, wie nahezu täglich Leser unserer Redaktion berichten.
Familie wartete fast zwei Wochen auf einen Anruf des Gesundheitsamtes
Da ist beispielsweise Tim Zujevic. Der Gelsenkirchener und seine Frau zeigten am 1. November erste Symptome einer möglichen Covid-19-Infektion. Tags darauf ließen sie sich bei ihrem Hausarzt testen, mit dabei auch die Mutter von Zujevic, die sich ebenfalls nicht wohlfühlte.
Am 3. November haben sie Gewissheit: alle drei sind Corona positiv. Da der Gelsenkirchener zuvor auch Kontakt zu seinem Bruder und dessen Frau hatte, lässt sich auch dieses Paar testen, mit dem Resultat, dass auch Zujevics Schwägerin infiziert ist.
Freiwillig in Quarantäne begeben
„Wir haben uns umgehend in freiwillige Quarantäne begeben und auf einen Anruf, einen Brief oder irgendeine Information des Gesundheitsamtes gewartet“, berichtet der 33-jährige Familienvater. Die Tage vergingen und die Sorge bei den Zujevics wuchs. „Unser elf Monate alter Sohn hat eine vorbelastete Lunge, weil er wenige Tage nach seiner Geburt von einem Virus befallen wurde. Deshalb waren wir verunsichert, hatten gedacht, das Gesundheitsamt meldet sich zügig und testet dann auch unsere Kinder.“
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Weil die Zujevics aber auch nach mehr als einer Woche keine Nachricht erhielten – auch keine Quarantäneanordnung – versuchte der Gelsenkirchener seinerseits immer und immer wieder „jemanden wenigstens mal ans Telefon zu kriegen.“
Doch außer Helfern an der Corona-Hotline, die ihn immer wieder vertröstet und Rückrufe versprochen hätten, sei er tagelang zu niemandem im Gesundheitsamt durchgedrungen. Erst nach fast zwei Wochen habe sich das Amt bei den Zujevics gemeldet, „da waren wir schon so gut wie wieder aus der Quarantäne raus“, ärgert sich der 33-Jährige. „Die sind total überlastet und haben überhaupt keine Kontrolle über die Lage“, fürchtet der junge Mann.
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Verärgert ist auch Thomas Schött: „Unser Enkelkind ist seit 18 Tagen mit seiner Mutter in Quarantäne, da die Kindesmutter positiv getestet wurde. Das Gesundheitsamt hatte vor mehr als einer Woche angekündigt, auch unsere Enkelin zu testen. Das ist aber nie geschehen, ebenso wenig wie die Aufhebung der Quarantäne, obwohl beide keinerlei Krankheitssymptome haben.“
In Telefonaten mit der Corona-Hotline der Stadt wurde auch diese Familie nur immer wieder vertröstet, berichtet Schött. „Unser vierjähriges Enkelkind wird mittlerweile seit fast drei Wochen ohne Anzeichen von Corona weggesperrt und aus der Kita herausgerissen. Auch wenn die Mitarbeiter überlastet sind, kann es nicht sein, dass weder auf telefonische noch auf schriftliche Anfragen Reaktionen erfolgen“, resigniert der Großvater.
Stadt Gelsenkirchen räumt ein: „Wir sind immer noch überlastet“
Tatsächlich hatte das Gelsenkirchener Gesundheitsamt – so wie viele andere Ämter bundesweit auch – schon vor Wochen eingeräumt, die Kontaktnachverfolgung nicht mehr stemmen zu können . Daran hat sich im Wesentlichen noch nichts geändert, wie Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage berichtet. „Nicht zuletzt der Einsatz der Bundeswehr hat einen großen Fortschritt gebracht. Allerdings sind noch nicht alle Kräfte voll einsatzfähig. Der Bezug der Büros und die Schulungen sind noch nicht überall abgeschlossen. Von einem Normalbetrieb sind wir in Gelsenkirchen noch weit entfernt. Insofern kommt es leider immer wieder zu ungewollten Verzögerungen.“
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