Gelsenkirchen-Erle. Ein Hobby-Gärtner kümmert sich offiziell um eine Eiche und deren Baumscheibe. Was die Stadt Gelsenkirchen mit den Patenschaften erreichen will.

Der große Gärtner sei ja er ja eigentlich nicht, gibt Andreas Amlinger zu. „Aber das hier ist mein Baby geworden.“ Er steht vor „seiner“ Baumscheibe – ein grüner Streifen, rund fünf Meter lang und rund zwei Meter breit, gleich vor seiner Haustür. Seit einigen Monaten ist er offizieller Pate der Fläche und damit vor allem der Eiche, die darauf steht.

„Der Baum ist in den 80er-Jahren gepflanzt worden“, weiß er - es handelt sich also quasi noch um einen jugendlichen Baum. „Wir wohnen seit sieben Jahren hier. Vor zwei, drei Jahren hat die Stadt die Baumscheibe neu gestaltet, rund um die Eiche die Bepflanzung entfernt und nur Gras eingesät.“ Das traurige Ergebnis in trockenen Sommerzeiten: „Eine Steppe mit Hundklo.“ Den Baum, erzählt er, habe er eigentlich schon immer gegossen. Dann hatten die Amlingers die Idee, etwas zu pflanzen.

Für Hunde zu ungemütlich

Andreas Amlinger vor seiner Baumscheibe.
Andreas Amlinger vor seiner Baumscheibe. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Im Frühjahr legt Andreas Amlinger los, sät Wildblumen und freut sich, als sie bald zur Blüte ansetzen. „Dann kam ein Mitarbeiter der Gelsendienste mit dem Rasenmäher. Das hat mich sehr geärgert und ich habe eine böse Mail geschrieben.“ Die Antwort beinhaltete das Angebot einer offiziellen Patenschaft. „Das fand ich gut“, sagt er – und legte noch einmal los.

Im Moment ist es hier noch ein bisschen wild: Es treffen Wildblumen auf zwei kleine Rosen, eine Fette Henne und Gräser. Dazwischen setzt eine kleine Sonnenblume zur späten Blüte an. Der angenehme Nebeneffekt: „Die Hunde mögen das nicht mehr“, sagt Amlinger. „Ich nehme an, der Bewuchs ist zu hoch.“ Manchmal, sagt der Erler, beobachte er Hunde, die das Grün zwar ansteuern, dann aber vom ursprünglichen Plan wieder Abstand nehmen. „Scheinbar ist das für die Hunde zu ungemütlich.“

Keine großen Verpflichtungen

Im nächsten Jahr wolle er sich dem Teil direkt um den Stamm widmen. „Wir haben da schon ein paar Samen ausgesät.“ Mitunter komme noch die eine oder andere Blume dazu. Zwar gebe es in der Forsthaussiedlung ohnehin dank vieler Gärten noch zahlreiche Bienen. Die aber würden sich sicherlich auch noch über mehr Nahrungsangebote freuen.

Patenschaft per Baum-App

Bei Interesse an einer Patenschaft für eine Baumscheibe kann man sich montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr telefonisch an die Servicenummer 020995420 wenden oder eine Mail schreiben an info@gelsendienste.de. Die Anfrage wird dann an den jeweils zuständigen Meister weitergeleitet.

Die Gießpatenschaften können auch direkt über die städtische Baum-App (verfügbar auf allen gängigen App-Stores) abgeschlossen werden.

Andreas Amlinger ist zwar offizieller und eingetragener Pate der Baumscheibe, große Verpflichtungen geht er damit aber nicht ein. „Die Hauptsache ist, dass der Baum richtig gegossen wird.“ Welche Bepflanzung er dazu vornimmt, das sei ihm überlassen. Sie dürfe nur nicht zu hoch wachsen und so eine Gefährdung des Straßenverkehrs darstellen.

Bund diskutiert über Patenschaft für Grünstreifen

Patenschaften wie diese helfen der Kommune, das Grün in der Stadt bestmöglich zu nutzen. Wissenschaftler sind sich einig, je mehr Grünflächen es im innerstädtischen Raum gibt, desto mehr lassen sich die Folgen des Klimawandels abmildern. Und das nicht nur künftig, sondern auch in der Gegenwart. In der Stadt ist es mehrere Grad wärmer als im Umland. An Hitzetagen wird das für die Menschen geradezu unerträglich. Die Kommunen aber haben nicht die Kapazitäten, sich bestmöglich um das kleinteilige Stadtgrün zu kümmern. Da braucht es offenbar bürgerschaftliches Engagement.

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Während Patenschaften für Bäume oder Baumscheiben bereits möglich sind, werden bundesweit aktuell die Rahmenbedingungen geschaffen, auch die Pflege von Grünstreifen in die Hände der Gemeinschaft geben zu können. Hierbei profitiert die Umwelt - und Andreas Amlinger selbst. „Fürs Gießen brauche ich eine gute Viertelstunde. Das ist morgens für mich meditativ“, erzählt er und lädt den Betrachter ein, mal „seine“ Eiche mit den anderen an der Straße zu vergleichen. „Diese hier hat die dicksten Eicheln.“