Gelsenkirchen/Bottrop. Sofia (3) hatte an Ostern einen neurologischen Notfall. Trotz Feiertag und Urlaub operierte sie ihr behandelnder Arzt – und rettete ihr Leben.

Der Arzt mit den goldenen Locken und dem silbernen Koffer. So nennt die Familie Guljarenko Dr. Lutz Schreiber, der die Kinderneurochirurgie im Bergmannsheil Buer leitet. Den Koffer hat der Mediziner immer dabei, wenn er den Hirnwasser-Shunt der kleinen Sofia Guljarenko (3) kontrolliert. Schreiber betreut das Mädchen seit der Geburt, ist immer für die Familie aus Bottrop da – und rettete Sofia Ostern 2020 das Leben.

Was einer der schönsten Tage ihres Lebens sein sollte, wurde für Elena Guljarenko (45) vor drei Jahren zum Albtraum. Ihre Tochter Sofia kam als Extremfrühchen in der 26. Schwangerschaftswoche zur Welt, drei Monate vor dem Entbindungstermin. In der dritten Nacht nach der Geburt erlitt das kleine Mädchen eine Hirnblutung. Sorge, Angst, Unsicherheit: Elena Guljarenkos Stimme überschlägt sich noch heute, wenn sie von der Nacht erzählt. „Für mich war das ein Weltuntergang“, sagt die Bottroperin. Schnell war klar, dass Sofia dauerhaft einen Shunt – einen Schlauch, der Wasser aus ihrem Gehirn ableitet – benötigt.

Gelsenkirchener Chirurg betreut Kinder von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr

Dr. Lutz Schreiber ist Kinderneurochirurg am Bergmannsheil Buer. Er betreut Kinder wie Sofia von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr.
Dr. Lutz Schreiber ist Kinderneurochirurg am Bergmannsheil Buer. Er betreut Kinder wie Sofia von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde


Da trat Schreiber in das Leben der Familie. Der Kinderneurochirurg, der damals noch in Duisburg praktizierte, setzte dem Mädchen den Schlauch mit Ventil ein. „Ich wusste sofort: Hier sind wir richtig“, erinnert sich Guljarenko. „Dr. Schreiber zeigt immer Verständnis für meine Sorgen. Und obwohl er mehrere hundert Patienten betreut, hat man nie das Gefühl, dass er es eilig hat.“

Schreiber ist einer der wenigen Kinderneurochirurgen in der Region. Er betreut Kinder von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr, operiert auch Babys. Alle seine Schützlinge werden neurochirurgisch ausschließlich von ihm behandelt. „Es ist schön, wenn man die Kinder vom Babyalter an kennt und dann irgendwann mit ihnen sprechen kann“, findet der Arzt. Sofia habe tolle Fortschritte gemacht, was ihre motorischen Fähigkeiten anbelange. Nur mit dem Laufen hat sie noch etwas Schwierigkeiten, ist auf eine stabilisierende Orthese angewiesen.

Trotz Urlaub kam der Arzt nach Gelsenkirchen, um das Mädchen zu operieren

Und dann kam das Osterwochenende 2020. Am Gründonnerstag wurde der Kleinen in der Kita schlecht, sie musste sich übergeben. „Die Kita dachte an Magen-Darm, aber mein Gefühl sagte mir, dass das abgeklärt werden muss“, erzählt Guljarenko. Schreiber befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem zweiwöchigen Urlaub. Über mehrere Tage folgten Klinikchecks in Gelsenkirchen und Datteln, Ultraschall, MRT und schließlich der Befund. Der Schlauch in Sofias Kopf war zu kurz geworden, sodass das Hirnwasser nicht mehr richtig ablaufen konnte.

Zu Hause am Computer dabei: Schreiber, der die Untersuchungen verfolgte, Ergebnisse checkte und immer wieder mit den Ärzten vor Ort telefonierte. „Dabei hat er ja selbst Kinder, mit denen er bestimmt gerne Ostern verbracht hätte“, so Guljarenko. In der Nacht zu Ostersonntag kam Schreiber trotz Feiertag und Urlaub ins Bergmannsheil Buer, um Sofia persönlich zu operieren. Für den Mediziner eine Selbstverständlichkeit: „Wenn ich ein Kind betreue, seitdem es geboren ist, möchte ich es natürlich auch selbst behandeln. Ich als behandelnder Arzt weiß, wie die oft sehr individuellen Beschwerden zu bewerten sind.“ Dass der Urlaub verschoben werde, weil ein Baby operiert werden müsse, komme da schon einmal vor.

„Wäre sie weitere zwei oder drei Tage nicht operiert worden, hätte sie sterben können“

Um 0 Uhr am Ostermontag kam schließlich die Entwarnung: Alles ist gut. Schreiber hat Sofias Leben gerettet. „Wäre sie weitere zwei oder drei Tage nicht operiert worden, hätte sie sterben können“, so die Einschätzung des Mediziners. Was für den Arzt selbstverständlich ist, ist es für Guljarenko lange nicht: „Für mich ist Dr. Schreiber ein Held.“