Gelsenkirchen. Wie sich politische Mehrheiten in Gelsenkirchen formieren, ist noch offen wie die OB-Frage. Klar ist allein: Der neue Rat der Stadt wird teurer.
Kreuzchen mit Folgen: Neue Mehrheiten, einen noch bunteren, vor allem aber einen größeren und damit teureren Rat der Stadt haben sich die Gelsenkirchener bei der Kommunalwahl mit ihrer Stimmabgabe beschert. Durch Überhangmandate und Fehlen der Sperrklausel wird das Stadtparlament künftig 88 Sitze haben. Bislang sind es 66 – die vorgeschriebene Zahl für Kommunen über 250.000 Einwohner.
Gelsenkirchener Rat der Stadt zählt nun 88 Stadtverordnete
In Summe wird es teurer: Die Fraktionen bekommen Sockelbeiträge (jährlich 17.000 Euro) und Personalkostenzuschüsse für ihre Arbeit. (7500 Euro für die ersten zehn Fraktionsmitglieder, 4500 für jedes weitere). Dazu kommen weitere Posten: Aufwandsentschädigungen für Abgeordnete, für nun sieben Fraktionsvorsitzende und deren Stellvertreter, die Bürgermeister, die Bezirksverordneten und fünf Bezirksbürgermeister werden gezahlt. Macht in Summe schon einmal rund 1,04 Millionen statt bislang 867.715 Euro. Dazu kommen die Sitzungsgelder mit einer geplanten Erhöhung von voraussichtlich 3,4 Prozent: Macht unterm Strich etwa 160.000 Euro. Auf Fahrtkostenentschädigung, anteilige Kosten für Firmentickets und Reisekosten haben die Mandatsträger Anspruch, Verdienstausfall können sie in Anspruch nehmen. Mit Entschädigungen insgesamt in Höhe von 1,335 Millionen Euro kalkuliert die Kämmerei nun im Haushaltsjahr 2021, der Mehraufwand für den neuen Rat der Stadt wird mit 242.600 Euro angegeben.
Der Ball liegt bei den Sozialdemokraten
20 Ratsmandate hat die CDU 31 Sitze hat die SPD erobert – allesamt Direktmandate. Sie ist trotz hoher Verluste stärkste Partei, sie sieht ihren „Regierungsauftrag“ und bei ihr liegt nun „der Ball“ – das machen Grüne, Linke und FDP deutlich. SPD plus Grüne plus X – das würde zur knappen Ratsmehrheit reichen. Am Tag nach der Kommunalwahl kündigten der SPD-Vorsitzende Markus Töns und Noch-Fraktionschef Klaus Haertel an, Gespräche mit allen „demokratischen Kräften“ führen zu wollen. Die hat es bislang nicht gegeben. Erst steht noch die OB-Entscheidung zwischen Karin Welge (SPD) und Malte Stuckmann (CDU) ins Haus. Und die Positionierung innerhalb der Parteien.
FDP und Grüne appellieren: Leute, geht wählen
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Die Linke trifft sich Montag zur Vorstandssitzung, die AfD will sich nun Sonntag Gedanken über mögliche Wahlempfehlungen machen „und eine Entscheidung fällen“, so der Bundestagsabgeordnete und lokale Vorsitzende Jörg Schneider.
Susanne Cichos, OB-Kandidatin der Liberalen und nun auch gewählte Stadtverordnete mit einer erholten FDP in Fraktionsstärke, stellt fest: „Erstmal sind wir total glücklich, dass wir wieder richtig Ratsarbeit machen können. Eine Wahlempfehlung wird es nicht geben. Unsere Wähler sind mündig genug. Aber wir appellieren an alle: Geht wählen. Es geht um unsere Stadt.“ Für Gespräche mit der SPD zeigt sich die Liberale offen. „Es geht für uns uns ja darum, die Stadt mitzugestalten.“
Welge und Stuckmann stellten sich bei den Grünen vor
Die Grünen hatten Donnerstagabend zu ihrer Mitgliederversammlung Karin Welge und Malte Stuckmann eingeladen. In einem jeweils halbstündigen Gespräch konnten sich die Mitglieder nochmal persönlich ein Bild von den beiden OB-Kandidaten machen. Am Ende, so Fraktionssprecher Peter Tertocha, stand die einmütige Entscheidung: Es gibt keine Wahlempfehlung, nur den Aufruf: „Leute, geht wählen.“
Fraktionszuwendungen in den Bezirksvertretungen
Bei den Fraktionen fallen die „Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung“ in den fünf Gelsenkirchener Bezirksvertretungen deutlich geringer aus als die für die Ratsarbeit: Der Grundbetrag jährlich pro Mandat liegt bei 48,57 Euro.
Die SPD-Fraktion kommt in allen fünf Bezirksvertretungen zusammen auf 47 Mandate, die CDU auf 19. Für die Bezirksvertretungen ergeben sich somit jährliche Gesamtaufwendungen für die Fraktionszuwendungen in Höhe von rund 3800 Euro.
Die Grünen haben ihren Stimmanteil verdoppelt, entsprechend selbstbewusst sind sie. Tertocha: „Wir haben einen Wählerauftrag, wir wollen gestalten. Deshalb sind wir zu Gesprächen bereit und müssen gucken, was dabei herauskommt.“
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