Gelsenkirchen-Buer. In Baden-Württemberg wurden Schotter-Vorgärten verboten. Auch in Gelsenkirchen werden die Steinwüsten nicht gern gesehen: Das ist der Grund.
Bei diesem Anblick kann Gärtnermeister Konrad Herz nur mit dem Kopf schütteln. Ein Haus in einer gepflegten Neubausiedlung in Gelsenkirchen-Buer, davor ein eingefasster Vorgarten, und in dem Vorgarten: Schotter. Keine Blume, kein Strauch, kein Gewächs, nicht einmal Rasen. Nur Schotter. „Das sieht man in letzter Zeit leider immer häufiger“, bedauert Herz.
Doch möglicherweise sind die Tage der Schotter- und Steinvorgärten gezählt, bevor es ein richtig großer Trend wird. In Baden-Württemberg etwa hat der dortige Landtag im Juli einem neuen Naturschutzgesetz zugestimmt, das Schotter im Vorgarten verbietet, auch in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Regelungen. In NRW wird das Thema gerade geprüft. Der Naturschutzbund (NABU) in NRW hatte sich für ein Verbot ausgesprochen. Die Kommunen hätten bereits die Möglichkeit, solche Verbote auszusprechen, sagte die NRW-NABU-Vorsitzende, Heide Naderer.
Auch auf dem Gelsenkirchener Friedhof gibt es Schotter-Gräber
Szenenwechsel: Der Friedhof in Hassel-Oberfeldingen. Auch hier hat der Trend zum Schotter Einzug gehalten – und anhand der Grabgestaltung lässt sich das sogar datieren. Gräber aus den 80er- und 90-Jahren sind meist noch bepflanzt, doch bei jüngeren Grabstätten sieht man es immer häufiger: Mit Stein umrahmte, rechteckige Flächen, die mit Schotter aufgefüllt sind.
Über die Motive dahinter kann auch Konrad Herz nur spekulieren. „Vielleicht denken die Menschen, dass so eine Grabstätte – oder so ein Vorgarten – weniger Pflege brauchen.“ Das allerdings könnte sich als Trugschluss herausstellen, denn, wie der Gärtnermeister sagt: „Das Leben bahnt sich seinen Weg“. Vermoderndes Laub stelle einen guten Nährboden für Samenkörner dar: Zwischen den Schottersteinen dringe Unkraut durch. Von einem gepflegten Aussehen kann dann keine Rede mehr sein.
Für Konrad Herz ist Grün in der Stadt ein Beitrag zum Klimaschutz
Auch bei der Stadt Gelsenkirchen sieht man Schottergärten kritisch. Daher will man Hausbesitzer dabei unterstützen, diese Flächen wieder zu begrünen. Auf der Grundlage einer Richtlinie zur Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen sowie Entsiegelungen können Hausbesitzer, die ihre Schotter- und Steingärten wieder zurückbauen wollen, Fördermittel beantragen.
Für Konrad Herz ist jeder Flecken Grün in der Stadt ein Beitrag zum Klimaschutz. „Wir alle finden es schlimm, wenn am Amazonas der Regenwald brennt, wenn die Gletscher in den Alpen sich zurückziehen und die Eisberge in der Arktis wegen der Erderwärmung schmelzen – dabei kann jeder mit wenig Einsatz schon vor der eigenen Haustür etwas für das Klima tun“, sagt er.
Auch Rasen ist nicht wirklich ideal
Bekanntlich sorgen Pflanzen dafür, dass das klimafeindliche CO2 (Kohlendioxid) in Sauerstoff umgewandelt wird – je mehr Pflanzen, desto mehr Sauerstoff wird erzeugt, desto besser ist das lokale Klima. Dabei ist allerdings Pflanze nicht gleich Pflanze. So ist etwa ein Rasen-Vorgarten immer noch besser als ein Schotter-Vorgarten – ideal ist Rasen aber noch lange nicht.
Zwei Wissenschaftler haben zuletzt in einem Artikel für die Zeitschrift „Science“ dargelegt, dass es mit der CO2-Bilanz von Rasen nicht weit her ist. Zwar wandelt auch Rasen CO2 in Sauerstoff um – wird er allerdings gemäht, geht das Kohlendioxid bei der Zersetzung des Schnitts wieder in die Luft zurück.
Besser seien laut Konrad Herz andere Pflanzen, Stauden und Gehölze etwa, oder eine Wildwiese mit Blumen. Für ihn steht fest: „Klimaschutz beginnt im wahrsten Sinne des Wortes vor der eigenen Haustür.“
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