Gelsenkirchen. Am Tag der Großkontrollen hörten wir uns bei Fahrgästen der Deutschen Bahn am Gelsenkirchener Hauptbahnhof um, wie sie zur Maskenpflicht stehen.
Für Maskenmuffel hat Eva Borchert kein Verständnis. „Es gibt so viel Schlimmeres, als dieses Ding zu tragen“, sagt die Gelsenkirchenerin, als sie am Bahnsteig an Gleis 4 auf ihren Zug in Richtung Remscheid wartet. Und dennoch tun sich manche Zeitgenossen nach wie vor schwer, diese Vorschrift im Pendleralltag einzuhalten. Das war auch am Montag wieder so, dem Tag der angekündigten Großkontrolle in NRW, wie es sich beim Gang am frühen Vormittag durch den Hauptbahnhof zeigte.
Vergesslichkeit oder Ignoranz als Grund für fehlende Maske
Es ist kurz nach zehn. Durch die Bahnhofshalle eilen die Menschen in Richtung der beiden Ausgänge. Die meisten haben ihre Maske über Mund und Nase gezogen. Doch gerade jene, die die Halle nur als Durchgang nutzen, um von der Bochumer Straße in Richtung Bahnhofstraße und Fußgängerzone zu gelangen, haben oft keine auf. Ignoranz? Vergesslichkeit? Oder doch Unwissen?
„Ich wusste nicht, dass ich sie auch hier in der Halle schon tragen muss“, sagt ein älterer Herr, dessen Einwegmaske unter seinem Kinn hängt, als er von einer Passantin darauf angesprochen wird. Hätten ihn Kontrollkräfte der Bundespolizei ertappt, wären nun bereits 150 Euro Bußgeld fällig gewesen.
Ein Fahrgast hält Maskenpflicht für übertriebene Maßnahme
„Hier laufen jeden Tag viele Menschen ohne Maske vorbei“, berichtet Ghuzlan Bazzea. Sie ist Mitarbeiterin in einem jener Geschäfte in der Hauptbahnhofshalle, in denen sich Reisende vor der Fahrt mit Kaffee, Snacks und Zigaretten versorgen können. Hinter dem Tresen hat sie eine Art Logenplatz mit Blick auf die vorbeieilenden Fahrgäste. Am schlimmsten seien jene, die ohne Maske bei ihr etwas einkaufen wollten und sofort aggressiv reagieren, wenn man sie darauf anspricht, dass das so nicht geht. Mancher Maskenmuffel würde dann verärgert abziehen, statt das eigene Fehlverhalten zu hinterfragen.
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Hinauf zu den Bahnsteigen. Dort steht Peter Langowski. Er ist passionierter Autofahrer und fährt heute ausnahmsweise mit dem Zug nach Wesel. Dass man im Zug eine Maske tragen soll, könne er ja gerade noch nachvollziehen. „Hier am Bahnsteig halte ich das aber für völlig überflüssig.“ Insgesamt werde diesem Thema viel zu viel Bedeutung beigemessen, findet er. Und die Maskenpflicht im Bahnverkehr sei „eine übertriebene Maßnahme“.
Vorschlag: Masken-Zwangskauf im Zug statt Bußgeld
Volkert Müller aus Münster fährt ein- bis zweimal in der Woche im Fernverkehr mit der Deutschen Bahn. Nach seinen Erfahrungen halte sich die Zahl der Maskenmuffel in den Zügen in überschaubaren Grenzen. Ansprechen würde er diese bei Fehlverhalten aber nur im Notfall: „Ich habe da keinen missionarischen Eifer.“ Statt der 150 Euro Strafe würde Müller jeden Verweigerer lieber zu einem Masken-Zwangskauf im Zug verdonnern. „Für 50 Euro das Stück.“
Anabel Stoltz fährt immer erst mit dem Bus, um zum Hauptbahnhof zu kommen. „In den Bussen gibt es mehr Maskenmuffel als in den Zügen“, schildert sie ihre Eindrücke. Freunde würde sie ansprechen, wenn diese das Aufsetzen der Maske mal versehentlich vergessen hätten. Bei Fremden tut sie das hingegen lieber nicht.
150 Euro sind Abschreckung genug
„Gefühlt weit über 90 Prozent halten sich ja an die Maskenpflicht“, findet ein Mann (33) aus der Altstadt, der namentlich nicht genannt werden wollte. Er pendelt täglich mit dem Zug von Gelsenkirchen nach Essen und zurück. Die Meisten ohne Maske seien jüngeren Alters. „Dabei sollten gerade für sie 150 Euro Bußgeld doch Abschreckung genug sein.“
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Das Thema Maskenpflicht kann Eva Borchert eigentlich nicht mehr hören. Sie selbst arbeitet im medizinischen Bereich, trägt damit Maske quasi rund um die Uhr. Mit der Straßenbahn war sie vorher aus Buer zum Hauptbahnhof gefahren. „Und da habe ich gleich mehrere ältere Leute ohne Maske gesehen“, ärgerte sie sich. Ausgerechnet die, die am gefährdetsten seien, ließen die Dinge jetzt schleifen. „Dafür habe ich wirklich kein Verständnis.“