Gelsenkirchen. Am 5. September hebt sich am Gelsenkirchener Musiktheater wieder der Vorhang: Die Corona-Pause ist vorbei. Alles kann sich aber schnell ändern.
Wenn der Chefdirigent lacht, schwingt Vorfreude und tiefe Erleichterung mit. Die Neue Philharmonie Westfalen wagt gemeinsam mit dem Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen nach der Corona-Zwangspause den vorsichtigen Neuanfang. Mit allen notwendigen Einschränkungen, Schutzmaßnahmen, Neuerungen. Wenn Generalmusikdirektor Rasmus Baumann lacht, dann klingt aber auch Galgenhumor durch, denn: „Wir fahren bis Ende Oktober nur auf Sicht.“ Heißt: Alle Planungen können auch schnell wieder über Bord geworfen werden müssen.
Der Dirigent ist derzeit mit zwei wichtigen Instrumenten unterwegs: mit Messlatten, eine zwei Meter, eine 1,50 Meter lang. Damit errechnen die Orchesterwarte in den Konzertsälen die Abstände, die nach der NRW-Corona-Schutzverordnung zwischen den einzelnen Musikern notwendig sind. Die Streicher dürfen näher beieinander sitzen, die Bläser müssen auf Distanz gehen.
In Gelsenkirchen wird mit Masken und Visieren geprobt
Mit Hilfe des Zollstocks errechnet Rasmus Baumann penibel, in welcher Ensemble-Stärke das Landesorchester überhaupt wo auftreten kann. Diese Vermessungen finden aktuell im Musiktheater Gelsenkirchen, im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen, in der Konzertaula Kamen, in Herne und an weiteren Gastspielorten statt.
Das Musiktheater im Revier wagt den Neuanfang in die Spielzeit 2020/21 bereits am Samstag, 5. September, mit der Neuinszenierung der Paul Lincke-Operette „Frau Luna“. Seit einigen Tagen kehrt schrittweise das Leben zurück ins Opernhaus am Kennedyplatz, die offiziellen Theaterferien sind beendet. Für die ersten Produktionen wird bereits geprobt. Mit Abstand, mit Masken und Visieren.
So viele Zuschauer dürfen unter Corona-Bedingungen ins Große Haus
Die Operette wurde vom Kleinen ins Große Haus verlegt, das Bühnenbild angepasst. So können mehr Zuschauer in den Genuss des musikalischen Vergnügens kommen. Im Kleinen Haus werden sich am 5. und 6. September die Puppenspielerinnen mit der Produktion „Puppet Masters“ und drei Inszenierungen zurückmelden.
Neben der künstlerischen Arbeit nehmen derzeit vor allem organisatorische Aufgaben einen großen Raum ein, beim Orchester, im Opernbetrieb. Das Hygienekonzept für die Eröffnung der Spielzeit steht. Gefeilt wird in diesen Tagen noch an der Belegung der Zuschauerplätze. Im Großen Haus dürfen bis Ende des Jahres pro Vorstellung anstelle von üblicherweise 1000 Besuchern vorerst maximal 250 Zuschauer Platz nehmen.
Zusatztermine für die Sinfoniekonzerte
Damit wird es vor allem bei der Reihe der Sinfoniekonzerte eng. Zwar buchten diesmal mit fast 350 Menschen deutlich weniger ein Konzert-Abonnement für die Veranstaltungen der Neuen Philharmonie Westfalen als in den Vorjahren. In den Saal passen aber nicht alle Karteninhaber.„Wir versuchen, für die ersten vier Sinfoniekonzerte jeweils eine zweite Vorstellung anzubieten“, sagt Anna-Lea Knubben, Sprecherin des Musiktheaters.
Für jeden Abonnenten sei zudem eine individuelle Lösung möglich. Rasmus Baumann feilt derweil an Programm und Besetzung: „Wir stehen in Verhandlungen mit den Spielstätten, den Gastdirigenten und den Solisten, um bis Ende des Jahres tatsächlich jeweils ein zweites Konzert geben zu können.“ Geplant sind die Zusatzkonzerte in Gelsenkirchen jeweils für einen Montag.
Der Name des ersten Sinfonie-Konzertes ist Programm . . .
Wem am Ende keiner der angebotenen Termine passt, der wird einen Gutschein bekommen. „Keine Karte geht verloren“, verspricht Knubben. Und auch für den Fall, dass einigen Konzertbesuchern angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen unwohl ist beim Gedanken an einen Konzertbesuch, auch kein Problem. Auch in dem Fall gibt es einen Gutschein.
Die Neue Philharmonie wird ihre allerersten Konzerte nach dem Corona-Stopp am 28. und 29. August in Recklinghausen geben. 400 Plätze dürfen im Festspielhaus beim Crossover-Event „NPW goes Pop“ belegt werden. Das erste Sinfoniekonzert in Gelsenkirchen steht am Montag, 14. September, um 19.30 Uhr unter dem beziehungsreichen Titel „Himmelhoch jauchzend …“ Rasmus Baumann plant mit einer Ensemble-Stärke von rund 45 Musikerinnen und Musikern. Auf dem Programm stehen Ludwig van Beethovens Schauspielmusik „Egmont“ und Robert Schumanns Sinfonie Nr. 2. Prominenter Sprecher wird der Schauspieler Dominique Horwitz sein, ein alter Bekannter im MiR.
Die Proben starten in diesen Tagen. Und diesmal lacht Dirigent Rasmus Baumann tatsächlich befreit: „Ich freue mich ungeheuer, dass wir überhaupt wieder auftreten können. Diese Vorfreude überwiegt einfach alles!“
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen
- Oder folgen Sie der WAZ Gelsenkirchen auf Facebook