Buer. Nach langer coronabedingter Pause wurde in Buer ein kindgerechter Gottesdienst gefeiert. Die Kulisse: Der „Kulturbiergarten“ am Michaelshaus

„Unser Leben sei ein Fest.“ Das ist das erste Lied dieses besonderen Gottesdienstes. Es ist der erste, der sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wieder an die Familien, die Kinder in St. Urbanus richtet – unter freiem Himmel am Schauplatz des „Kulturbiergartens“ im Urbanus-Park in Gelsenkirchen-Buer.

„Den größten Teil singe ich alleine“, erklärt Kantor Carsten Böckmann. Eigentlich sei das Mitsingen nur in kleinen Teilen erlaubt. Weil man aber an der frischen Luft ist und die Abstände groß sind, dürften die Kinder, wenn sie denn möchten, mitsingen. „Wir haben Lieder ausgesucht, die die Kinder kennen. Wenn sie die mitsingen, tun sie es eben“, erklärt er im Vorfeld. Wichtig sei: „Wir wollen niemanden zum Singen animieren.“ Das sei, aus Corona-Sicht, eben doch zu gefährlich.

Gottesdienst auf der Bühne in Gelsenkirchen-Buer war schon länger geplant

Dass es heute zu diesem Gottesdienst kommt, ist einerseits von langer Hand geplant und wurde andererseits doch spontan entschieden. „Ursprünglich hatten wir mal vor, die Bühne des Festivals Rock am Dom für einen Gottesdienst zu nutzen. Das war für dieses Jahr fest eingeplant“, erzählt Pastor Marius Schmitz vor Beginn des Gottesdienstes. Wegen Corona hatte man dann davon wieder Abstand genommen.

„Bis vor kurzem Andreas Szepan aus dem Organisationsteam auf uns zukam und gefragt hat, ob wir das nicht machen wollen. Wir waren uns einig, das Angebot nehmen wir an und gestalten einen Gottesdienst für Kinder – weil es für die im Moment in unserer Gemeinde keine Familiengottesdienste gibt.“ Üblicherweise würden an solchen Formaten die jungen Gemeindemitglieder aktiv beteiligt. „Das ist im Moment in der Kirche nicht möglich.“

Viele Besucher trauen sich noch nicht, bei den Liedern mitzusingen

Und so sitzen einige Familien nun im Schatten der Bäume an Bierzelttischen – immer in coronakonformen Bezugsgruppen. Das nächste Lied steht an: „Ehre sei Gott“. Die Möglichkeit zum Mitsingen scheint vielen fast surreal. Zu oft gehört, zu sehr verinnerlicht ist die Warnung, dass Singen gefährlich, ja lebensbedrohlich sei. Die meisten trauen sich noch nicht, mitzusingen.

Gemeindereferentin Michaela Cornelius erinnert an das Fest Mariä Himmelfahrt am Samstag, erzählt von der Legende, nach Marias Bestattung habe man am nächsten Tag das Grab leer vorgefunden. „Aus dem Grab stieg der Duft von Kräutern.“ Dem entstammt sei der alte Brauch, zu diesem Fest Heilkräuter zu segnen. Das will man auch jetzt tun. Darum hatte man die Kinder eingeladen, ein Töpfchen mit Kräutern mitzubringen.

Beim „Laudato Si“ wird dann doch zaghaft mitgesungen

Lara ist der Einladung freudig gefolgt. Sie hat aus der heimischen Küche den Topf mit frischer Minze mitgebracht zu ihrem ersten Gottesdienstbesuch nach so langer Zeit. „Sie hätte dieses Jahr Kommunion gehabt“, erzählt die Mutter der Achtjährigen. Regelmäßig sei die Familie folglich zur Kirche gegangen. „Und dann im Grunde genommen keinen Kontakt mehr zur Kirche zu haben, das hat schon gefehlt.“ Somit habe man sich gleich, als man von diesem Gottesdienst erfuhr, angemeldet. Die ungewöhnliche Kulisse, das neue Format, das kommt bei der Familie gut an. „Es ist sehr schön. Man könnte so etwas doch öfter machen – auch ohne Corona. Dieses offene Angebot spricht auch jüngere Menschen an.“böckmann

Auf die Segnung folgt ein flottes „Laudato Si“. Und ganz vorsichtig und zaghaft fangen die Besucher an, mitzusingen. Es folgen noch einige Fürbitten, dann ist der Gottesdienst beendet. „Es war schön, euch und Sie wieder einmal gesehen zu haben“, verabschiedet Marius Schmitz die Gläubigen. Dann geht man auseinander. Für wie lange, das ist ungewiss.