Ückendorf. Im Wissenschaftspark Gelsenkirchen zählt Constanze Kussauer zum Team der Empfangsdamen. Die Information ist der Dreh- und Angelpunkt im Hause.
Vor Ausbruch der Corona-Pandemie gab es nicht wenige Tage, an denen bis zu 500 Besucher am Tresen von Constanze Kussauer auftauchten. Pro Schicht, wohlgemerkt. Hinzu kamen in der Spitze bis zu 100 Telefonate. Wer sich für eine Stunde an den Informationsschalter des Wissenschaftsparks setzt, der sieht und hört sofort, dass dies tatsächlich der zentrale Punkt im Hause ist, an dem der alltägliche Publikumsansturm vorbeiziehen muss. Und die in Schalke lebende Kussauer, die von fast allen Arbeitskollegen nur „Conny“ gerufen wird, sitzt als Empfangsdame im Auge dieses Hurricanes.
„Guten Morgen“, grüßt eine ältere Dame mit Brille, die da an diesem Vormittag durch den Haupteingang des Technologiezentrums tritt und zielgerichtet auf den verglasten Schalter zuläuft. Das in pechschwarzen Großbuchstaben geschriebene Wörtchen „Information“ weist ihr den Weg. „Ich möchte gern zur Deutschen Rentenversicherung“, sagt sie. „Die Beratungsstelle hier im Haus ist wegen Corona leider gerade geschlossen“, antwortet Kussauer. Der Gast ist sichtlich enttäuscht. „Ich warte jetzt schon so lange auf meinen Rentenbescheid und bekomme telefonisch niemanden an die Strippe“, klagt die Seniorin. Kussauer zückt einen Zettel. „Probieren sie mal eine von diesen Nummern – vielleicht klappt es dann“, rät die Empfangsdame. Zumindest halbwegs getröstet zieht die ältere Dame wieder von dannen.
Kundige Wegweiserin und manchmal auch der Blitzableiter
Es sind Begegnungen wie diese, die den Berufsalltag von Kussauer perfekt abbilden. Sie ist dort am Empfang nicht nur die erste Ansprechpartnerin für Besucher, sondern auch der kundige Wegweiserin. Sie weiß genau, welcher Mieter im Hause wo seinen Sitz hat, erklärt geduldig und knüpft Kontakte. Im Einzelfall führt sie sogar die ortsunkundigen Gäste in die richtige Richtung, damit diese ihr Ziel im 300 Meter langen Hauptgebäude oder in einem der neun Pavillons auch erreichen.
„Ich habe hier jeden Tag mit ganz vielen Menschen zu tun“, antwortet Kussauer auf die Frage nach den Vorzügen ihres Jobs. Natürlich seien immer wieder Leute dabei, die schon beim Reinkommen unter Strom stünden. „Für die ist man dann auch eine Art Blitzableiter“, sagt die 49-Jährige. Und mit ihrer freundlich-verbindlichen Art fängt sie fast immer sogar die knatschigsten Zeitgenossen wieder ein. „Wer sich mit seinem Ärger und seinen Problemen verstanden fühlt, der kühlt ganz schnell wieder ab“, weiß sie aus Erfahrung.
Ein zuvor unsteter Geist ist im Wissenschaftspark heimisch geworden
Der DHL-Paketbote tritt ein. „Grüß Dich“, sagt er. „Kann ich ein paar Sachen hier bei dir lassen?“ Kussauer nickt zustimmend. Lächelt. Und nimmt sieben Päckchen entgegen. Fünf sind von ihren Ausmaßen so übersichtlich, dass sie locker in eines der Postfächer passen, die sich im Rücken der Empfangsdame an der Wand auftürmen. Die beiden anderen sind dafür aber zu voluminös. Ein Plätzchen zur Zwischenlagerung findet Kussauer in ihrem Arbeitsbereich trotzdem. „Die werden eh gleich abgeholt“, sagt sie. Keine fünf Minuten später taucht ein junger Mann am Schalter auf. „Ist was für uns dabei?“, will er wissen. Als Antwort bekommt er von Kussauer besagte Pakete überreicht.
Ihr normaler Arbeitstag beginnt morgens um sieben und geht bis in den Nachmittag. Stehen Großveranstaltungen an, verschiebt sich der Feierabend nach hinten. Vier Kolleginnen und Kollegen teilen sich die in zwei Schichten eingeteilte Aufgabe am Empfang. Kussauer gehört seit 2006 zu diesem Team. „Ich war vorher im Einzelhandel beschäftigt und habe danach am Fließband gestanden“, erzählt sie von zahlreichen Jobwechseln zu Beginn ihres Berufslebens und stellt fest: „Ich war früher ein unsteter Geist. Erst hier im Wissenschaftspark bin ich richtig heimisch geworden.“
Während sie das erzählt, zückt sie eine Liste. Schließlich muss sie auch dokumentieren, welche Arbeiten die Hausmeister an diesem Tag erledigen. „Wir am Empfang teilen zudem die Reinigungskräfte ein und sagen, was zu machen ist“, so Kussauer, Dann klingelt das Telefon. Fast zeitgleich tritt ein Seminarteilnehmer an den Tresen, der den Veranstaltungsraum nicht finden kann. Kussauer arbeitet eine Sache nach der anderen ab. Hier am Dreh- und Angelpunkt helfen Ruhe, Empathie und Gelassenheit nun einmal am besten weiter.