Gelsenkirchen-Hassel. Spaziergänger, Jogger und Radler entdecken die alte Kokereifläche neu. Einige kritisieren fehlende Papierkörbe, alle loben den Naherholungswert.
„Der Schwiegervater hat hier gearbeitet“, sagt Martin Meissner. Noch gut habe jener sich erinnern können, eben, beim ersten Rundgang durch den neuen Park. „Er hat erzählt, was wo gestanden hat.“ Dass hier einstmals der Standort einer großen Kokerei war, die den Stadtteil prägte, den Menschen einerseits Arbeit gab und andererseits den Unmut auf sich zog, weil sie durchaus belastete, davon sieht man nun nichts mehr. Hier ist nun ein Stadtteilpark – und der ist nach kurzer Zeit zur Freizeitstätte geworden.
Natürlich wirkt hier wenig. Das Schachbrettmuster der Wege macht spürbar: Der Park ist am Reißbrett entstanden. Asphaltierte Wege führen gerade und längs durch die Fläche. Am Wegesrand sieht man große Flächen Wildwuchs. Ganze Karrees voller Kamille, Disteln, Klee und Huflattich. Grillen zirpen nahe den Fußgängern und doch gänzlich unsichtbar. Aus einer Wiese ragt der Turm der Kirche St. Michael heraus. Mehr ist vom Gebäude nicht zu sehen.
Gelsenkirchener erinnern sich an Kokerei-Zeiten, als Wäsche draußen schwarz wurde
„Gut, dass man hier alles wachsen lässt“, findet Meissner. So sieht es auch seine Frau Mechthild: „Schön, dass es hier so naturbelassen ist.“ Beide finden den Park gelungen. Auch weil man ihn gut nutzen könne für eine Hunde-Runde. Auf jeden Fall will das Ehepaar wieder kommen, dann den Eingang vom Freistuhl aus versuchen. Martin Meissner hofft nur eines: „Dass es auch so schön bleibt“, fürchtet er Graffiti oder Müll. „Nur ein sauberer Park ist ein schöner Park“, mahnen denn auch Schilder an jeder der Bänke. Sie bitten, den eigenen Unrat im Mülleimer zu entsorgen. Nur ist davon weit und breit keiner zu sehen.
„Der Park wird sehr gut angenommen“, meint Christa Rosina-Kapluck. Sie dreht hier mit ihrem Sohn eine abendliche Runde, ist nicht zum ersten Mal im neuen Park unterwegs. Noch sehr gut hat die Hasselerin in Erinnerung, wie sehr die Kokerei einst das Leben der Menschen prägte: „Sie konnten keine weiße Wäsche raus hängen.“ Die habe stets schwarze Flecken gehabt oder gar kleine Löchlein.
Spaziergänger sehen Umgestaltung als Verbesserung
„Wir haben die Kokerei immer gerochen“, erinnert sich auch Oliver Kapluck. „Besonders, wenn man aus dem Urlaub kam.“ Kein sehr rühmlicher Duft der Heimat, kann man sich vorstellen. „Selbst heute ist es noch so: Wenn der Wind aus Westen kommt, stinkt es hier nach Benzol. Das steht einem Naherholungsgebiet wie dem Stadtteilpark schon entgegen“, so der Hasseler.
Zum Flächengrün sagt er noch: „Das, was hier passiert, würde von alleine ohnehin geschehen.“ Allerdings, es würde länger dauern. „Eben haben wir ein Kunststoffgewebe gesehen, das den Rasen fixiert.“ Nutzen hin oder her, es sei Kunststoff. „So ist es eben, wenn es schnell gehen soll.“ Insgesamt aber, das meinen beide, sei das Projekt schon eine Verbesserung zum Vorherigen.
Jeder entdeckt seinen eigenen Lieblingsplatz
Jetzt, am späten Samstagnachmittag, sind es vor allem Radfahrer, die unterwegs sind, rasch ihre Runden drehen oder den Park als Trasse nutzen. Schwalben fliegen über die Köpfe der Besucher hinweg. Auf dem Boden zeugen verblichene Zeichen von einer Rallye durch den Park.
Am anderen Ende des Parks kündigt ein Schild einen Skatepark an. Gleich daneben sitzen viele Menschen am Wasser oder schlendern vorbei. „Wir gehen gern spazieren“, sagt Ramazan Yanik. Schon zum zweiten Mal ist er hier. Die Fertigstellung der Fläche habe ihn überrascht: „Ich habe immer gehört, hier soll ein Park entstehen. Aber dass es so schnell geht, damit habe ich nicht gerechnet.“ Seinen Lieblingsfleck hat er schon gefunden: „Oben auf dem Hügel. Das erinnert mich an die Hertener Halde.“ Den Ausblick, den könne er immer wieder genießen.
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Das Schilf am Ufer rauscht im Wind. Auf einer Bank unweit davon sitzen drei junge Männer, rauchen gemeinsam eine Shisha. Ein paar Meter weiter, wo sich das Ufer seicht gen Wasser absenkt, spielen Kinder, werfen Steinchen und freuen sich am lauten „Blubb“. Obwohl der Himmel mit Regen droht, sind etliche Menschen unterwegs, scheint der neue Stadtteilpark in Hassel gut angenommen zu sein.