Gelsenkirchen-Horst. Am Samstag bekommt Gelsenkirchen eine Lenin-Statue. Die Stadt reagiert mit einer Ausstellung, die sich kritisch mit dem Kommunismus beschäftigt.
Nachdem nun feststeht, dass an diesem Samstag ab 14 Uhr vor der MLPD-Bundeszentrale am Rande der Schmalhorststraße eine Lenin-Statue aufgestellt wird, will sich die Stadtverwaltung Gelsenkirchen in ihrer grundsätzlichen Ablehnung gegenüber diesem Projekt nun nicht einfach in den Schmollwinkel zurückziehen. Stattdessen setzt sie auf die Möglichkeit der seriösen Auseinandersetzung mit dem Thema: Die Wanderausstellung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ macht ab Freitag, 19. Juni, bis einschließlich Ende August in der Glashalle von Schloss Horst Halt. Damit trennen die Ausstellung und die Lenin-Statue nur wenige hundert Meter Luftlinie.
„Mit dieser Ausstellung wird die Stadt ihrem kulturellen und historisch-politischen Bildungsauftrag gerecht“, sagte die für Bildung und Kultur zuständige Stadträtin Annette Berg bei einem Erstrundgang am Donnerstagnachmittag. Konzipiert wurde die aus 25 Schautafeln bestehende Ausstellung von Gerd Koenen, einem in Gelsenkirchen geborenen und nun in Frankfurt am Main lebenden Historiker und Publizisten. Erstmals zu sehen war sie bereits im Jahr 2017 aus Anlass des 100. Jahrestages der „Oktoberrevolution“. Als Herausgeber fungieren das Deutsche Historische Museum in Berlin und die im Jahr 1998 gegründete Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Leiterin des Kulturreferats sprach mit dem Sohn des Lenin-Statuen-Erschaffers
„Wir sind extrem froh, diese seriöse Ausstellung zum Kommunismus bekommen zu haben“, betonte Daniel Schmidt, der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte. Sie sei eine „breite Fundgrube“ zum Kommunismus, der als eine der zentralen Massenbewegungen des 20. Jahrhunderts dargestellt wird, blicke aber auch auf den Stalinismus, die Geschichte der DDR oder die Rolle der Frau im Kommunismus. In den vergangenen drei Jahren war sie schon an vielen Orten zu sehen – nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in Asien sowie Süd- und Nordamerika.
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Aus Sicht von Andrea Lamest, der Leiterin des städtischen Referats Kultur, wolle man „mit der Ausstellung der Verklärung und Mythenbildung zur Geschichte des Kommunismus etwas entgegensetzen: nämlich Fakten!“ Sie habe selbst Recherchen zu jener umstrittenen Lenin-Statue angestellt, die nun ab Samstag auf dem MLPD-Grundstück aufgestellt wird. Dazu hatte sie den Kontakt zum Sohn des Künstlers Vladimir Kyn gesucht, dessen Vater die Statue Ende der 50er Jahre in der damaligen Tschechoslowakei entworfen hatte. „Er hat mir erzählt, dass sein Vater die Staute in seiner Studienzeit angefertigt habe und diese gegen seinen Willen gegossen worden sei“, berichtete Lamest. Der Einmarsch russischer Truppen während des „Prager Frühlings“ hätte Künstler Kyn zudem dazu bewogen, aus der Kommunistischen Partei auszutreten. Diese kunsthistorische Aufklärung sei ihr sehr wichtig, so Lamest.
In der Glashalle von Schloss Horst gelten die Corona-Hygieneregeln
Auf jeder der 25 Schautafeln, die insgesamt 200 zeithistorische Fotos und Dokumente zeigen, ist auch ein QR-Code gedruckt. Dieser führt alle Smartphone-Nutzer nach dem Einscannen zu weiteren Filmen und Bildern, die zum jeweiligen Teilbereich passen. „Diese digitale Ergänzung rundet das Angebot ab“, betont Daniel Schmidt.
Hans-Joachim Siebel, der Leiter des Erlebnismuseums Schloss Horst, weist darauf hin, dass die Ausstellung zu den üblichen Museumsöffnungszeiten zu besichtigen ist: montags bis freitags 15-18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr. An diesem Samstag zur Statuen-Enthüllung auf der anderen Seite der Straße An der Rennbahn gibt es zudem eine Sonderöffnung von 14 bis 17 Uhr. „Beim Ausstellungsbesuch gelten die derzeit geltenden Hygienevorschriften“, so Siebel. Soll heißen: Auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist Pflicht.