Gelsenkirchen-Hassel. Anwohner fürchten Verkehrslärm, -abgase und nicht zuletzt einen Kahlschlag auf dem grünen Grundstück in Hassel. Grüne lehnen Vollsortimenter ab.

Bedeckter Himmel, etwas Sonne: Das Wetter war nicht schlecht bei der Begehung des St.-Theresia-Geländes an der Polsumer Straße, zu der Vertreter der Grünen am Dienstagnachmittag eingeladen hatten. Doch bald war klar, dass sich bei den Anwohnern ein Sturm zusammenbraut angesichts der Pläne eines Investors, nach dem Kauf des Areals von der Pfarrei St. Urbanus die kirchlichen Nebengebäude abreißen zu lassen und dort einen Vollsortimenter anzusiedeln.

Mit der Befürchtung, das planungsrechtlich noch in den Anfängen steckende Projekt könne zu einer massiven Flächenversiegelung führen und die großen Bäume zur Disposition stellen, rannte Burkhard Wüllscheidt, Sprecher der Grünen im Stadtentwicklungs-Ausschuss, jedenfalls offene Türen ein. Denn die Nerven der Anlieger, sie liegen blank.

Gelsenkirchener fürchten Minderung der Wohnqualität

"Viele von uns sind nur wegen des vielen Grüns hierher gezogen. Und jetzt wird uns womöglich eine Mauer vor den Balkon gesetzt, oder ich muss auf 100 Supermarkt-Parkplätze gucken", schimpfte eine Seniorin. Ein anderer Anwohner fürchtet derweil Lärm sowie Abgase durch den Kunden-Verkehr und dadurch eine Wertminderung seiner Eigentumswohnung. Die Polsumer Straße verfüge mit Aldi, Netto und Penny schon jetzt über genügend Nahversorger.

Geradezu erbost zeigten sich Markus und Mareike Schilde, die seit 2010 in dem Küsterhaus wohnen und nun nach eigenen Angaben erst auf mehrmalige Nachfragen hin erfuhren, dass ihnen eine Kündigung ins Haus steht. "Wir haben so viel Geld und Mühe in das Haus und in den Garten investiert. Das hätten wir nicht gemacht, wenn wir von den Vermarktungsabsichten gewusst hätten", so das Paar.

Pfarrei ist froh, dass Investor die Kirche erhalten will

Während St.-Urbanus-Verwaltungsleiter Friedrich Klute und Kirchenvorstands-Mitglied Christian Zipper versuchten zu erklären, warum sich die Pfarrei nach 13 Jahren vergeblicher Vermarktungsbemühungen für diesen Investor entschieden habe ("er ist bereit, die für uns heilige, aber denkmalgeschützte Kirche zu erhalten, indem er dort eine Kita einrichten will"), wiesen sie die Verantwortung für eine mögliche Flächenversiegelung von sich. "Mit Baumschutz-Auflagen haben wir nichts zu tun, da ist die Stadt gefragt", so Zipper.

Das rief Widerspruch bei dem grünen OB-Kandidaten David Fischer hervor: "Nicht die Stadt, sondern die Politik entscheidet", betonte er und wehrte sich gegen den Vorwurf, die Begehung sei eine "Alibi-Veranstaltung".

Sie versprachen, "einen langen Atem" zu zeigen - und den Aufstellungsbeschluss Ende Juni im Rat abzulehnen. "Die entscheidenden Beschlüsse werden ohnehin erst nach der Kommunalwahl gefasst, wahrscheinlich mit anderen Mehrheitsverhältnissen", meinte Fischer.