Gelsenkirchen-Rotthausen. Im Mai 1950 starben 78 Kumpel bei einer Explosion in Gelsenkirchen. Im Mai 1955 wurden drei Verschüttete gerettet – mit der Dahlbusch-Bombe.

Der Mai war auf Dahlbusch so etwas wie ein Schicksalsmonat. Mal mit Freude verbunden, dann mit tiefer Trauer: Am 20. Mai 1950 starben 78 Menschen bei einer Schlagwetterexplosion, es war das verheerendste Unglück in der langen Zechengeschichte. Seit Mai 1955 ist die Erinnerung an die Zeche dagegen untrennbar verbunden mit einer spektakulären und erfolgreichen Rettungsaktion – und der Dahlbusch-Bombe, jenem legendären, vor Ort entwickelten Rettungsgerät.

Dahlbusch-Bombe kam beim Unglück in Gelsenkirchen zum Einsatz

Nach bangen Tagen und aufwendigen Rettungsbohrungen gelang mit dem engen Zylinder die Bergung von drei verschütteten Bergleuten. Der Durchmesser von gerade mal 38,5 Zentimetern erlaubte den Einsatz als Rettungsgerät in einem nur 40 Zentimer breiten Bohrloch. 42 Meter lang war die senkrechte Bohrung, durch die drei Kumpel am 12. Mai 1955 aus 855 Meter Tiefe zurück an Tageslicht geholt wurden.

Drei Rettungsröhren wurden auf Dahlbusch 1955 konstruiert

Drei Rettungsröhren wurden damals für den Einsatz auf Dahlbusch angefertigt. Eine wurde als Ausstellungsstück ins Deutsche Museum nach München gebracht, eine weitere wird im Bochumer Bergbaumuseum gezeigt – und im Treppenhaus der früheren Dahlbusch-Hauptverwaltung hängt ein weiteres Exemplar. „In welcher der drei Dahlbuschbomben die Kumpel tatsächlich gerettet wurden, lässt sich leider nicht mehr nachvollziehen“, sagt Karlheinz Rabas von der Bergbausammlung Rotthausen.

Zur 60. Wiederkehr des ersten Einsatzes der Dahlbuschbombe zur Rettung eingeschlossener Bergleute fand im Mai 2015 eine Feier in der Bergbausammlung Rotthausen in Gelsenkirchen statt. Im Bild: Wilhelm Tax, der damalige für die Bohrung zuständige Ingenieur (rechts) und Karlheinz Rabas (Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier) mit einem baugleichen Bohrer der ersten Bohrung,
Zur 60. Wiederkehr des ersten Einsatzes der Dahlbuschbombe zur Rettung eingeschlossener Bergleute fand im Mai 2015 eine Feier in der Bergbausammlung Rotthausen in Gelsenkirchen statt. Im Bild: Wilhelm Tax, der damalige für die Bohrung zuständige Ingenieur (rechts) und Karlheinz Rabas (Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier) mit einem baugleichen Bohrer der ersten Bohrung, © Funke Foto Services | Michael Korte

Im Bergbaustollen im Nordsternpark wird ebenfalls eine Dahlbusch-Bombe gezeigt. Auch in dem Museum an der Belforter Straße mit seiner kleinen, feinen Sammlung und einem sehr umfangreichen Archiv gehört sie zu den Vorzeigestücken. Allerdings ist es ein Nachbau. Das Rettungsgerät, vor allem aber die schweren Unglücke sind immer ein Thema“, sagt Rabas. 65 und 70 Jahre nach den Ereignissen beschäftigen sie nach wie vor die Menschen und auch die Aktiven der Sammlung und des Stadtteilarchivs Rotthausen. Allein schon durch die nahe räumliche Verbindung bildet Dahlbusch hier einen Forschungsschwerpunkt. „Neben Zollverein in Essen“, sagt Rabas. „Weil ich dort groß geworden bin.“

3500 Bücher und 2000 Pläne im Archiv

An die Katastrophe 1950 wurde vor zehn Jahren mit einer Gedenkfeier in Rotthausen erinnert. Mit dabei: Bergkapelle, Kranzträger, Knappenvereine, Fahnenträger und Geistliche.
An die Katastrophe 1950 wurde vor zehn Jahren mit einer Gedenkfeier in Rotthausen erinnert. Mit dabei: Bergkapelle, Kranzträger, Knappenvereine, Fahnenträger und Geistliche. © WAZ FotoPool | Thomas Schmidtke

Die Bibliothek der Sammlung umfasst rund 3500 Bände, ferner hütet die Sammlung „rund 2000 sofort zugängliche Pläne und 20.000 bis 30.000 Fotos. Wir kriegen andauernd neue Unterlagen, die wir sichten müssen“, sagt Rabas.

Den Grundstock lieferte einst der Fundus aus der Dahlbusch-Hauptverwaltung. 1848 begann die Zechengeschichte in Rotthausen mit dem Abteufen des ersten Schachts, am 31. März 1966 endete sie mit der letzten Förderschicht. Mit 1,2 Millionen Tonnen jährlich hatte die Jahresförderleistung um 1920 den Höchststand erreicht.

Nach einem Grubenbrand starben 42 Bergleute

Für die Dahlbusch-Toten wurde ein Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof in Rotthausen errichtet.
Für die Dahlbusch-Toten wurde ein Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof in Rotthausen errichtet. © Schneider

Am 3. August 1955, wenige Monate nach der glücklichen Rettung, kam es zum letzten großen Grubenunglück auf Dahlbusch. Bei einer Schlagwetterexplosion nach einem Grubenbrand starben 42 Bergleute. 16 Tote konnten geborgen werden. Doch dann mussten die betroffenen Grubenbaue am Morgen des 4. August laut Rabas abgedämmt werden. 24 weitere getötete Bergleute blieben unter Tage in über 900 Metern Tiefe. Zwei weitere Männer erlagen später Kohlendioxidvergiftungen. Eine Schlagwetterexplosion im Westfeld war auch Ursache für das Unglück am 20. Mai vor 70 Jahren. Sechs Kumpel überlebten, teils mit schwersten Verbrennungen, die Katastrophe, bei der 78 Männer starben.

Zur Trauerfeier am 25. Mai vor dem Unglücksschacht 6 kam der damalige Bundespräsident Theodor Heuss und hielt die Trauerrede. Die Explosion hatte ein Nachspiel: Sie führte zum sogenannten Dahlbusch-Aussschuss im Deutschen Bundestag, der versuchte, das Unglück aufzuarbeiten

Ein Denkmal für die Dahlbusch-Toten

Ein Denkmal – vier Kumpel flankieren eine Grabplatte – auf dem Friedhof in Rotthausen erinnert an die Dahlbusch-Toten. Mit einem Umzug durch Rotthausen vom Dahlbuschpark zum Denkmal an der Zechenstraße wurde vor zehn Jahren an die Katastrophe 1950 erinnert. Bergkapelle, Kranzträger, Knappenvereine, Fahnenträger und Geistliche nahmen an der Gedenkfeier teil.

Und noch eine weiteres schweres Unglück ist mit der Dahlbusch-Geschichte verbunden. Es ereignete sich am 23. August 1943. Mitten im Zweiten Weltkrieg starben 38 Bergleute. Ursache auch hier: eine Schlagwetterexplosion.