Gelsenkirchen. Ein neuer Kampfsport Club in Gelsenkirchen wird Aktivisten der rechten Szene zugeordnet. Der Bandidos-Chef bestätigt Gründung der “Guerros“.

Im Verfassungsschutzbericht werden die „Steeler Jungs“ als „bürgerwehrähnliche Gruppierung“ bezeichnet. Sie unterhalten Ermittlern zufolge Verbindungen in die rechtsextreme Szene – nun fassen sie augenscheinlich auch in Gelsenkirchen Fuß. Treffpunkt und Basis ist wohl ein Fitness-Studio in einem Gewerbegebiet im Stadtsüden. An vorderster Front: ein revierweit bekannter Rocker-Boss und Mixed Martial Arts-Kämpfer (MMA). Stadt und Polizei Gelsenkirchen sind alarmiert.

„Verwaltung und Polizei befinden sich in dieser Angelegenheit in einem intensiven Austausch“, sagt Stadtsprecher Oliver Schäfer. Eine indirekte Bestätigung dessen, dass auch die Behörden von den Vorgängen im Gewerbegebiet Dördelmannshof gewarnt sind und ihr weiteres Vorgehen gemeinsam koordinieren. Alarm geschlagen haben zwei antifaschistische Bündnisse„Essen stellt sich quer“ (ESSQ) und das „Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung“ über ihre Sprecher Christian Baumann und Paul M. Erzkamp.

Gelsenkirchener Bündnisse: Über Kampfsport rekrutiert rechte Szene weitere Anhänger

Nach Angaben der beiden Bündnis-Sprecher Paul M. Erzkamp und Christian Baumann hat der Essener Rocker-Boss Christian W. im Gelsenkirchener Fitness-Studio Stahlwerk „einen Kampfsport Club namens ‘Guerreros‘ gegründet“. Den beiden Bündnissen nach dient die Kampfsportszene Nazis als Einstieg, um „Strukturen aufzubauen und Leute zu rekrutieren“.

Der Schriftzug
Der Schriftzug "Stahlwerk".

Die Bündnisse fordern den Rat der Stadt Gelsenkirchen und die Stadtverwaltung daher auf, diese Vorgänge zu prüfen und einzuschreiten. „Nach vorliegenden Bildern, bislang öffentlich zugänglich, bestand noch mindestens bis Ostern ein Trainingsbetrieb“, so das Bündnis.

Gelsenkirchener Bandidos-Boss bestätigt Existenz des neuen Kampfsport Clubs "Guerros"

„Tatsächlich gibt es einen neuen Fight Club Namens ‚Guerreros’“, erklärt Christian W. auf Anfrage dieser Redaktion. Die Mitglieder verbinde ein gemeinsames Hobby - Kampfsport. "Unsere Bilder und Videos sind überall im Internet einsehbar."

Eine Verbindung in die rechte Szene schloss Christian W. indirekt aus. Seine Argumentation dazu: „Die meisten Mitglieder haben einen Migrationshintergrund, circa 90 Prozent, und sind verschiedensten Glaubens. Bei uns trainieren Moslems und Christen Seite an Seite“, so der Bandidos-Chef und Umzugsunternehmer weiter. „Wie kann bei uns von einer rechtsradikalen Organisation ausgegangen werden?“ ESSQ selbst sei ihnen „als linksradikale und vom Staatsschutz überwachte Organisation bekannt“.

Schriftzug: "Freude durch Kraft"

Auf Facebook-Bildern auch zu sehen: Schriftzüge wie „Freude durch Kraft“, "Blut und Schweiß" oder "Stolz und Ehre", die auf Anleihen aus der NS-Zeit deuten könnten. „Kraft durch Freude“ (KdF) war das Freizeitwerk des Dritten Reiches, das als NS-Organisation in der Deutschen Arbeitsfront integriert war. Eine der wichtigsten Aufgaben bestand darin, Nah- und Fernreisen für Arbeiter und Angestellte zu organisieren.

Verfassungsschutz: Scheinlegitimierung, selbst für Sicherheit zu sorgen

Die Gruppierung „Steeler Jungs“ sorgt seit fast genau zwei Jahren durch ihre „Spaziergänge“ durch den Stadtteil Essen-Steele für Schlagzeilen. Die Rundgänge werden regelmäßig durch Polizeikräfte begleitet. Mit den „Spaziergängen“ verfolge die Gruppierung nach eigener Aussage die Intention, eine erhöhte Sicherheit im Stadtteil Essen-Steele in den Abend- und Nachtstunden zu vermitteln.

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„Durch ihre regelmäßige Präsenz will diese Gruppierung suggerieren, dass der Staat das Gewaltmonopol gegenüber Kriminellen und Flüchtlingen verloren habe“, urteilt der Verfassungsschutz über die "Steeler Jungs". Deshalb reklamierten sie eine Scheinlegitimierung für sich, selbst für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. „Dabei wird auch ein vermeintlicher Gebietsanspruch der Gruppe in ihrem Viertel demonstriert.“

Den Verfassungsschützern zufolge unterhalten die „Steeler Jungs“ Kontakt zur „Bruderschaft Deutschland“, einer als rechtsextrem eingestuften, selbst ernannten "Bürgerwehr". Sie gilt als Netzwerk für Hooligans, Rocker und Rechtsextreme.

Erst im April dieses Jahr hat es im Zusammenhang mit der Bruderschaft Deutschland Durchsuchungen in Düsseldorf, Herne und Neuss gegeben.

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