Gelsenkirchen-Feldmark/Schalke. Mit Empörung und Kritik reagiert die Gelsenkirchener Politik auf das angekündigte Aus. Die beiden Traditionsfirmen sollen Ende 2020 schließen.

Die angekündigte Schließung der Küppersbusch Großküchentechnik und der Jobverlust für 146 Beschäftigte lässt die Stadtspitze nicht kalt: „Hier drängt sich, ebenso wie bei der angekündigten Werksschließung von Seppelfricke, der Verdacht auf, dass der Zeitpunkt der Ankündigung nicht zufällig gewählt wurde“, so Oberbürgermeister Frank Baranowski empört. Geschäftsführungen und Konzernleitungen nutzten offenbar die Corona-Situation aus, "um unliebsame Entscheidungen durchzusetzen".

Gelsenkirchener Wirtschaftsförderung war involviert

In beiden Fällen, so der OB, habe die Wirtschaftsförderung der Stadt "konstruktiv an möglichen Lösungen mitgearbeitet. "Die Entscheidungen der Unternehmensführungen sind allerdings negativ ausgefallen." Die Stadt jedenfalls werde ihre "Möglichkeiten nutzen und Betriebsrat sowie Gewerkschaft bei ihren Verhandlungen über einen Sozialplan unterstützen.“

Küppersbusch ist "ein Stück Heimat"

Auch bei der SPD sind Kritik und Ärger groß. „Mit dem Wegfall der Großküchengeräte bricht einer der letzten großen Bereiche eines Traditionsunternehmens in der Feldmark weg“ so Daniel Siebel, Stadtverordneter der Feldmark. „Küppersbusch ist für den Stadtteil ein Stück Heimat" der Wegfall der Industriearbeitsplätze sei "mehr als bitter". Die Hausgeräte-Sparte bleibt mit Vertrieb, Lager und Service vor Ort.

Kritik der AfA und der Gelsenkirchener Linke

Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD und die Linke kritisieren die Entscheidung. „In Zeiten von Corona fehlt die Möglichkeit, durch Streiks und Demonstrationen Unmut zu äußern“, sagt der AfA-Vorsitzende Sebastian Kolkau. Hier werde darauf gesetzt, dass Menschen vor lauter Sorge um die Gesundheit "die asozialen Entscheidungen nicht wahrnehmen würden", kritisiert die Gelsenkirchener Linke die "Strategie der hinter Seppelfricke stehenden Aalberts-Industries". Auch die Verantwortlichen bei Küppersbusch nutzten "die Gunst der Stunde – Corona-Krise und Seppelfricke-Schließung – schamlos für sich aus.“

Beide Firmen sollen bis Ende 2020 schließen

Seppelfricke Armaturen und Küppersbusch Großküchentechnik, so entschieden die jeweiligen Unternehmen, sollen Ende 2020 in Schalke und Feldmark schließen. Die Produktion von Seppelfricke soll nach England verlagert werden. Hier sind 80 Beschäftigte betroffen.

Aus Sicht von Robert Sadowsky, Linken-Mitglied und ehemaliger 1. Bevollmächtigter der IG Metall Gelsenkirchen, ist "Seppelfricke Armaturen seit Jahren schon von den Kapital-Eignern systematisch kaputt gespart worden. Nichts mehr wurde investiert, nicht einmal genug zur notwendigen Erhaltung der Anlagen und Gebäude, nur Gewinn herausgezogen."

Abgeschlossener Tarifvertrag trat nie in Kraft

Die IG Metall und der Betriebsrat hätten sogar eine Beteiligung der Beschäftigten an den notwendigen Investitionen angeboten – wenn sie denn erfolgen. Sadowsky: "Ein dazu abgeschlossener Tarifvertrag liegt seit Jahren in der Schublade, ist von beiden Seiten unterzeichnet, trat aber nie in Kraft." Statt in eine neue Maschinenlinie für die Armaturen-Produktion zu investieren, wurde eine von vier Maschinen abgebaut und nach England gebracht. "Meiner Kenntnis nach läuft sie dort immer noch nicht", sagt Sadowsky.

Küppersbusch für die Zukunft fit gemacht

Im Grunde ähnlich stellt sich für die Linke die Situation bei der Küppersbusch Großküchentechnik dar: "Mit viel Mühen und immer wieder Beiträgen der Belegschaft ist das Unternehmen für die Zukunft fit gemacht worden." Auch hier habe es immer wieder verschiedenste Hilfen von der Stadt Gelsenkirchen gegeben. Aber aus „konzernstrategischen Überlegungen“ hätten die Eigentümer kein Interesse mehr an diesen Produkten, so Sadowsky.

>> Kaufverhandlungen liefen bei Küppersbusch

Verkaufsverhandlungen für die Küppersbusch-Sparte mit einem amerikanischen Interessenten standen 2019 vor dem Abschluss, mit dem Betriebsrat sei ein entsprechender Interessenausgleich und Sozialplan zum Verkauf abgeschlossen worden. Strittig war offenbar zuletzt der Kaufpreis. Aber auch Auftragseinbrüche (zum Beispiel durch die Handelsbeschränkungen mit Russland) und aktuell durch die Corona-Krise, die besonders die spanische Küppersbusch-Mutter Teka treffen, hätten die Entwicklung beschleunigt.

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