Gelsenkirchen-Heßler. Im Heft “Wissenswertes zum Westfriedhof“ des Heimatbunds Gelsenkirchen geht es auch um einen brutalen Mord 1949. Das Opfer: Pfarrer Niggemeyer.

Gelsenkirchen-Heßler. Dem Trauerzug folgten Tausende. Voran ein Leichenwagen, der von einem Pferdegespann gezogen wurde, in der Folge zahlreiche Kinder aus der Gemeinde, dahinter allein 70 Geistliche, darunter drei Prälaten, Dutzende Ordensleute und Ministranten, die Familie, der Kirchenvorstand, Freunde und Gemeindemitglieder. Meinolf Niggemeyer wurde am 18. Februar 1949 beigesetzt. Der beliebte katholische Pfarrer war wenige Tage zuvor in seinem Pfarrhaus brutal erschlagen worden.

In dem vom Heimatbund Gelsenkirchen veröffentlichten Heft "Wissenswertes zum Westfriedhof" widmen die Autoren Lothar Ullrich und Heinz Pfaff der Bluttat ein Kapitel. Im Mittelpunkt: Ein Artikel aus der Westfalenpost, der am 14. Februar erschien, kurz nach dem Raubüberfall. Geschildert wird die "Furchtbare Bluttat in Heßler", der Niggemeyer, ein "durch seine seelsorgerische und soziale Tätigkeit allseits beliebter und verehrter Pfarrer" zum Opfer fiel.

"Wissenswertes zum Westfriedhof" - Bilder aus 100 Jahren

Die Gestaltung der Trauerhalle mit der achteckigen Dachtrommel und den gestreckten, nach vorne offenen Arkaden-Seitenflügeln, erinnert an Vorbilder aus München und Ravenna.
Die Gestaltung der Trauerhalle mit der achteckigen Dachtrommel und den gestreckten, nach vorne offenen Arkaden-Seitenflügeln, erinnert an Vorbilder aus München und Ravenna. © Funke Foto Services | Martin Möller
Familiengruften fanden in den seitlichen Arkaden neben der Trauerhalle Platz.
Familiengruften fanden in den seitlichen Arkaden neben der Trauerhalle Platz. © Funke Foto Services | Martin Möller
Die gemauerten Urnennischen im Untergeschoss der Trauerhalle: Im Gebäude war auch ein Sezierraum und ein Aufenthaltsraum für Ärzte und Geistliche. Für die Beförderung der Särge in die Gedächtnishalle oder den Sezierraum gab es bereits 1912 einen Aufzug.
Die gemauerten Urnennischen im Untergeschoss der Trauerhalle: Im Gebäude war auch ein Sezierraum und ein Aufenthaltsraum für Ärzte und Geistliche. Für die Beförderung der Särge in die Gedächtnishalle oder den Sezierraum gab es bereits 1912 einen Aufzug. © Ullrich
Bauleute und Friedhofsarbeiter stellen sich 1912 vor der neu gebauten Trauerhalle in Heßler zum Erinnerungsfoto auf.
Bauleute und Friedhofsarbeiter stellen sich 1912 vor der neu gebauten Trauerhalle in Heßler zum Erinnerungsfoto auf. © Institut für Stadtgeschichte/ Stadtarchiv
Die Brücke der Zechenbahn August-Viktoria und im Vordergrund die Grimmstraße: Der Friedhof wurde 1902 von der evangelischen Gemeinde eröffnet und 1908 von der Stadt Gelsenkirchen gekauft und erweitert. 
Die Brücke der Zechenbahn August-Viktoria und im Vordergrund die Grimmstraße: Der Friedhof wurde 1902 von der evangelischen Gemeinde eröffnet und 1908 von der Stadt Gelsenkirchen gekauft und erweitert. 
Die Trauerhalle des Nordfriedhofs in München. In der Stadt hatte David Schuster studiert und für die Landesbauverwaltung gearbeitet. Das Gebäude in München hat Hans Grässel entworfen. Möglich, dass sich Schuster, der später die Entwurfsabteilung im Gelsenkirchener Hochbauamt übernahm und für die Pläne in Heßler verantwortlich zeichnete, sich von der Münchener Architektur hat inspirieren lassen. 
Die Trauerhalle des Nordfriedhofs in München. In der Stadt hatte David Schuster studiert und für die Landesbauverwaltung gearbeitet. Das Gebäude in München hat Hans Grässel entworfen. Möglich, dass sich Schuster, der später die Entwurfsabteilung im Gelsenkirchener Hochbauamt übernahm und für die Pläne in Heßler verantwortlich zeichnete, sich von der Münchener Architektur hat inspirieren lassen.  © Huber
1949: Ein Leichenwagen mit Pferdegespann setzt sich seitlich der Trauerhalle in Bewegung. Ziel ist die Priestergruft auf dem Westfriedhof. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird Pastor Niggemeyer beigesetzt. Der Pfarrer war in seinem Haus von Raubmördern brutal getötet worden. Die Tat wurde nie aufgeklärt.
1949: Ein Leichenwagen mit Pferdegespann setzt sich seitlich der Trauerhalle in Bewegung. Ziel ist die Priestergruft auf dem Westfriedhof. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird Pastor Niggemeyer beigesetzt. Der Pfarrer war in seinem Haus von Raubmördern brutal getötet worden. Die Tat wurde nie aufgeklärt. © Institut für Stadtgeschichte/Stadtarchiv | Kurt Müller
70 Geistliche, darunter drei Prälaten, Vertreter zahlreicher Vereine, Ordensschwestern, Kirchenvorstand und Hunderte Menschen aus Heßler folgten dem Leichenwagen auf dem Weg zur Priestergruft, wo der erschlagene Pfarrer Meinolf Niggemeyer am 18. Februar 1949 beigesetzt wurde.
70 Geistliche, darunter drei Prälaten, Vertreter zahlreicher Vereine, Ordensschwestern, Kirchenvorstand und Hunderte Menschen aus Heßler folgten dem Leichenwagen auf dem Weg zur Priestergruft, wo der erschlagene Pfarrer Meinolf Niggemeyer am 18. Februar 1949 beigesetzt wurde. © Institut für Stadtgeschichte/Stadtarchiv | Kurt Müller
Blütenpracht vor der Trauerhalle. Gelsendienste hat in Heßler in der Vergangenheit mehrmals Wildblumensaaten ausgebracht.
Blütenpracht vor der Trauerhalle. Gelsendienste hat in Heßler in der Vergangenheit mehrmals Wildblumensaaten ausgebracht. © Funke Foto Services | Martin Möller
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Täter "nahmen in aller Ruhe ein frugales Mahl ein"

Als die Täter Sonntagabend gegen 19.30 Uhr an der Pfarrhauspforte klingelten, zählten die Haushälterin und die Nichte des Pfarrers gerade das Geld aus der Kollekte. Niggemeyer öffnete die Tür. Die Frauen hörten einen Wortwechsel, dann einen Schrei. Der Pfarrer lag blutüberströmt in der Flurgaderobe. Zwei Männer drangen ins Haus ein. Mit einem Revolver bedrohten sie die Frauen, knebelten und fesselten sie in der Küche - und "nahmen in aller Ruhe ein frugales Mahl ein", nachdem sie Weinkeller und Speisekammer geplündert hatten.

Wertgegenstände und Kelche ließen die Männer zurück

Als der Pfarrer im Flur stöhnte, ging ein "Täter hinaus uns zertrümmerte den Kopf des am Boden Liegenden bis zur Unkenntlichkeit. Dann nahm man eine Hausdurchsuchung vor", heißt es im Zeitungsbericht. An Kelchen und Wertgegenständen hatten die Täter offenbar kein großes Interesse. Kollekte, Vereinsgelder und die Barschaft der Nichte nahmen die Männer mit, rund 2000 Mark. Ehe sie verschwanden, reinigten sie die Küche und sperrten die gefesselten Frauen ein. Mit "Otto" und "Hermann", sagten sie später aus, hätten sich die Täter angeredet. Eine Personenbeschreibung wurde veröffentlich, 1000 Mark Belohnung wurden ausgesetzt, um (O-Ton Zeitungsbericht) "diese Untermenschen zu fassen".

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Vergeblich. Die Tat wurde nie aufgeklärt.

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