Gelsenkirchen. Aktivisten möchten in der Klimadebatte mehr Gehör finden. Im Gelsenkirchener Wissenschaftspark gab’s dazu jetzt eine Projektwerkstatt.

„Einmischen möchten wir uns“, sagen die Jugendlichen einmütig. In ihren Augen muss sich beim Thema Klimaschutz in Gelsenkirchen noch einiges ändern. Darum sind sie in den Wissenschaftspark gekommen, um an der zweitägigen (6./7. März 2020) kommunalpolitischen Projektwerkstatt „Mein Veedel, mein Kiez, mein Quartier“ der Friedrich-Ebert-Stiftung teilzunehmen. Wie kann gute Klimapolitik auf kommunaler Ebene gelingen und wie kann ich mich selbst dafür einbringen? Mit diesen Fragen haben sich acht Jugendliche beschäftigt.

Dabei sollte es nicht um Fachwissen zum Klimaschutz gehen, sondern darum, wie sie sich Gehör verschaffen. Denn sie sind für gewöhnlich laut und sie befassen sich intensiv mit dem Thema Klima- und Umweltschutz: Sie engagieren sich bei Fridays For Future (FFF) in Gelsenkirchen. „Mit unseren Demonstrationen erreichen wir schon viele junge Menschen. Wir möchten aber auch ältere Bürger ansprechen“, sagt Wiktoria Szczurek, eine der Teilnehmerinnen und FFF-Aktivistin.

Für Philipp Lehmann, Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, kommt das Interesse der Jugendlichen an Kommunalpolitik aus einem Grund: „Für die Fridays For Future Bewegung geht es jetzt darum, sich zu verstetigen und in der Stadtgesellschaft Verbündete zu suchen.“

Realistische Teilziele sind die Lösung

Den Teilnehmern wird während des Projekts klar, dass die Entscheidungen über Klimapolitik, aber auch über Themen wie Mobilität, Energie und Recycling in den kommunalpolitischen Gremien Gelsenkirchens getroffen werden. Hier setzt die Friedrich-Ebert-Stiftung mit der Projektwerkstatt an. „Uns wurde bewusst gemacht, dass wir uns auf unserem Weg für mehr Klimaschutz realistische Teilziele stecken sollten, die nicht zu idealistisch sind. Denn wir sind ja so schon ungeduldig“, erklärt Lasse Bloek, der zum Organisationsteam von Fridays For Future in Gelsenkirchen gehört.

Jugendliche in Gelsenkirchen haben im Wissenschaftspark Ideen gesammelt, wie sie ihrem Wunsch nach mehr Klimaschutz Nachdruck verleihen können. Dazu haben sie sich unter anderem mit der Kommunalpolitik auseinandergesetzt und recherchiert, wie sich der Rat der Stadt zusammensetzt und wie er durch Wahlen gebildet wird.
Jugendliche in Gelsenkirchen haben im Wissenschaftspark Ideen gesammelt, wie sie ihrem Wunsch nach mehr Klimaschutz Nachdruck verleihen können. Dazu haben sie sich unter anderem mit der Kommunalpolitik auseinandergesetzt und recherchiert, wie sich der Rat der Stadt zusammensetzt und wie er durch Wahlen gebildet wird. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto


Dazu brauchen sie Gleichgesinnte, sagen die Jugendliche. „Über soziale Medien wie Instagram möchten wir noch mehr junge Leute erreichen“, sagt FFF-Aktivist Jan Bretinger. Es müsse aber auch gelingen, nicht nur für das Thema affine junge Leute zu gewinnen, sondern auch bisher skeptische Bürger zu sensibilisieren. Dazu möchten die Schüler mit Vereinen, Stadtteilinitiativen und Schulen kooperieren. Im Klimabündnis Gelsenkirchen, zu dem neben Fridays For Future, die Parents For Future und der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC Gelsenkirchen) gehören, fühlen sie sich auf jeden Fall gut aufgehoben.

Kommunalwahlen im Blick

Ein wichtiges Datum haben sie dazu bereits fest im Blick: die Kommunalwahlen am 13. September. Bis auf zwei der acht Teilnehmer dürfen alle ihre Stimme abgeben. Und von ihrem Wahlrecht, das auf kommunaler Ebene bereits bei 16 liegt, möchten sie Gebrauch machen. „Wir rufen die jungen Leute auf, wählen zu gehen, damit nicht immer nur die Älteren bestimmen, wie Politik gemacht wird“, sagt Jan Bretinger. Mehr Grünflächen in der Innenstadt gegen Hitzeinseln wie auf dem Heinrich-König-Platz, ein Ausbau des ÖPNV und vor allem bessere Fahrradwege sind Forderungen, mit denen die Jugendlichen die kandidierenden Politiker im Wahlkampf konfrontieren möchten.


„In Gelsenkirchen werden im Jahr gerade einmal drei Kilometer neue Radwege gebaut. Das ist für einen besseren Alltagsverkehr mit dem Rad zu wenig“, moniert Lasse Bloek. Zudem gebe es keinen vernünftigen Radweg, um von der Altstadt nach Buer zu kommen. Die Positionen der zur Wahl antretenden Parteien und Kandidaten werde man kritisch studieren, sagen die Jugendlichen. Sowohl auf der Hochstraße in Buer als auch auf der Bahnhofstraße in der Altstadt möchten sie die Ratskandidaten konkret auf ihre Themen ansprechen und deutlich machen, was ihre Erwartungen sind.

„Es ist wichtig, dass kommunalpolitische Engagement der Jugendlichen zu pushen“, sagt Philipp Lehmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Kommunalpolitik sei nämlich sehr nah an den Bewohnern einer Stadt. Seiner Meinung nach sollten „da auch die Interessen von jungen Menschen eine Rolle spielen.“ Womit wir wieder beim Thema wären: Beim Einmischen, Mitbestimmen.

gelsenkirchener fridays-organisatoren sehen erste erfolge