Gelsenkirchen-Neustadt. Finanzminister Olaf Scholz drängt auf eine Lösung der Altschuldenfrage. Nur so könne Strukturwandel gelingen, sagte er in Gelsenkirchen.
Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel: Das sind die großen Herausforderungen dieser Zeit. Wie die Politik und – vor allem – die Wirtschaft diesen begegnen können und welche Veränderungen in der Arbeitswelt das mit sich bringen wird, damit beschäftigten sich die Teilnehmer des Kongresses „Stark im Wandel“, den der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Donnerstag im Wissenschaftspark ausrichtete. Mit den Vertretern der acht Gewerkschaften, die unter dem Dach des DGB organisiert sind, diskutierten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP).
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Das Ruhrgebiet und damit auch Gelsenkirchen, da waren sich die Anwesenden einig, nimmt bei allen anstehenden Transformationsprozessen eine Sonderrolle ein. Hat die Region doch den Strukturwandel nach dem Ende des Steinkohlebergbaus kaum beendet. „Gelsenkirchen ist heute nicht nur eine Industriestadt, sondern auch eine Technologiestadt“, sagte Olaf Scholz. Um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein, so der Finanzminister, müsse es jedoch gelingen „mehr Wachstum mit weniger Emissionen zu schaffen“.
Minister fordert höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung
Er spricht sich deshalb für noch höhere Investitionen in die Bereiche Forschung und Entwicklung aus (Deutschland investiert aktuell drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts). Die Kommunen nähmen dabei eine Schlüsselrolle ein, tätigten sie doch Investitionen vor Ort. Damit die hoch verschuldeten Ruhrgebietsstädte in den kommenden Jahren jedoch weiter in die Zukunft investieren könnten, müsse eine Lösung der Altschuldenproblematik her, so Scholz: „Ich plädiere sehr dafür, dass der Bund den Kommunen einmalig hilft.“
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Bereits in der Vergangenheit hatte der Minister mit diesem Vorstoß Aufsehen erregt. Konkrete Pläne, wie ein Schuldenerlass aussehen könnte, nannte er jedoch auch am Donnerstag nicht. Erst müssten sich die Landesregierungen einigen. Und „das wird schwer“, prognostiziert Scholz. Schließlich würden längst nicht alle Länder von der Regelung profitieren.
„Nordrhein-Westfalen stellt sich den Herausforderungen des Wandels wie keine andere Region“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart. Die Altschuldenhilfe sei deshalb „absolut richtig und notwendig“. Denn schon jetzt hake es im Land, etwa beim für die Energiewende so wichtigen Netzausbau. „Wir haben tolle Ideen, aber meine größte Angst ist, dass wir zu viel Zeit verlieren“, sagte Pinkwart. Neben dem finanziellen Druck bremsten lange Genehmigungsverfahren Innovationen. „Verfahren müssen schneller werden“, forderte der Minister deshalb.
Auch für Nicht-Akademiker müssen Arbeitsplätze entstehen
DGB stellt Forderungen auf
Im Rahmen des Kongresses stellte der DGB NRW elf zentrale Forderungen für einen erfolgreichen Strukturwandel auf. Gute Arbeit, Tarifbindung und Mitbestimmung seien von entscheidender Bedeutung.
Außerdem fordert der Gewerkschaftsbund Investitionen in eine nachhaltige Zukunft, bezahlbare Energie für Wirtschaft und Bürger sowie eine Bildungsoffensive, die niemanden zurücklässt.
Auch die Einbeziehung der Beschäftigten und der Gewerkschaften durch die Einrichtung von Transformationsbeiräten in den Regionen ist Teil der Forderungen.
Besondere Aufmerksamkeit in diesem Wandlungsprozess, so mahnte Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW, müsse den Beschäftigten zuteil werden. „So ein fundamentaler Wandel löst natürlich Sorgen und Ängste aus.“ Deshalb sei es wichtig, dass dieser sowohl ökonomisch und ökologisch als auch sozial sei, „wie ein gleichschenkliges Dreieck“. Von der Landesregierung fordert die Gewerkschafterin mehr Initiative. Es gelte, nicht nur neue Arbeitsplätze in der Forschung zu schaffen, sondern auch für Nicht-Akademiker.
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Einig sind sich die Experten im Wissenschaftspark auch darüber, dass Lebensläufe künftig oft nicht mehr linear sein werden. „Es muss mit 40 möglich sein, einen neuen Beruf zu erlernen“, sagte Scholz. Denn durch die Digitalisierung werde sich die Arbeitswelt immer schneller verändern, Berufsgruppen werden wegfallen, neue entstehen, so Pinkwart. Neben Investitionen in neue Technologien wie Wasserstoff und der Lösung der Schuldenfrage ist es laut Scholz eine wichtige Aufgabe der Politik, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen.