Gelsenkirchen-Beckhausen. Die Gelsenkirchener Suchtselbsthilfe der Evangelischen Kirche war für den Alkoholiker Wilfried Klossek die Rettung. Heute hilft er anderen.
Hier ein Wein, dort eine Flasche Bier, zwischendurch ein Schnaps, gute Laune garantiert: Wilfried Klossek war 26, als die Flucht aus dem Alltag so nicht mehr funktionierte. Er trank täglich, immer größere Mengen – bis er mit einem körperlichen Zusammenbruch im Krankenhaus landete. Dort hatte er „Glück im Unglück“, wie er heute, 42 Jahre später, sagt. „Auf meinem Zimmer lag ein Mann, der mir den Tipp gab, mich beim Blauen Kreuz in der Evangelischen Kirche zu melden.“ Die Suchtselbsthilfe BKE war der Anfang vom Ende seiner Sucht. Diese Erfahrung wollte er auch anderen ermöglichen und gründete 1990 die BKE-Ortsgruppe Beckhausen, die nun ihr 30-jähriges Jubiläum feiert.
Groß ist sie nicht mit ihren derzeit zwölf Mitgliedern, darunter nicht nur Betroffene, sondern auch deren Angehörige. Aus deren Leben ist die Gruppe aber nicht mehr wegzudenken: „In der Gruppe haben alle die gleichen Erfahrungen mit Alkohol gemacht“, sie wissen, wie es sich anfühlt, nur noch mit Wodka & Co. „gut drauf“ zu sein, zugleich aber die Kontrolle über sein Leben zu verlieren. „Dass diese Droge einen wirtschaftlichen und sozialen Abstieg einleitet, weil man womöglich seinen Job und seine Familie verliert, dass man sich zu Tode trinken kann: Das wird den meisten erst viel zu spät klar“, weiß der 67-Jährige nur zu gut.
Ohne Alkohol wieder lustig zu sein, musste Wilfried Klossek erst wieder lernen
Sich darüber mit anderen Betroffenen auszutauschen, hat Klossek sehr geholfen. „Ich habe damals zwar im Krankenhaus eine Entgiftung gemacht und anschließend eine sechsmonatige Therapie, aber die Gruppe hat maßgeblich dazu beigetragen, dass ich danach auch zufrieden alkoholfrei blieb“, erzählt Klossek. Ohne Alkohol lustig zu sein etwa, Spaß am Leben zu haben: „Das musste ich erst wieder lernen.“ Das Beispiel der anderen in der Gruppe hat ihm aber anschaulich vor Augen geführt, dass es funktioniert. „Mein Leben hat sich komplett gewandelt.“
Jeden Mittwoch treffen sich die Blaukreuzler von 19 bis 21.15 Uhr im Gemeindebüro der Evangelischen Epiphanias-Gemeinde, Bergstraße 9 – nüchtern, wohlgemerkt. „Wer angetrunken ist, wird gebeten, beim nächsten Mal wiederzukommen. Sonst bringt der Abend nichts, für ihn nicht und für die anderen auch nicht.“
Der Arbeitgeber zeigt ihm die Gelbe Karte, gab ihm aber dann noch eine Chance
Zuerst gibt’s Informationen aus dem BKE-Landesverband, etwa zu Weiterbildungsseminaren, dann eine so genannte „Befindlichkeitsrunde“. „Darin erzählt jeder kurz, aber ehrlich, wie es ihm in seiner aktuellen Lebenssituation gerade geht. Denn Sorgen und Nöte hat man ja auch, wenn man keinen Alkohol mehr trinkt. Darauf gehen wir dann, wenn es gewünscht ist, ein und versuchen, durch eigene Erfahrungen Hilfe zu geben oder auf Angebote von Beratungsstellen hinzuweisen“, berichtet Klossek.
Andere an seinem Leben teilhaben zu lassen, nicht alles mit sich selbst auszumachen: Das ist es, was Klossek über die Jahre geholfen hat, nicht mehr rückfällig zu werden. „Ein soziales Netz ist sehr wichtig, natürlich auch die Familie.“ Bei ihm waren es auch seine Angehörige und sein Arbeitgeber, der dem Elektroinstallateur in der Hochphase seiner Sucht zwar „die Gelbe Karte gezeigt“, aber nach der Therapie auch eine neue Chance gegeben hat.
Jubiläumsfeier mit Gottesdienst
Mit einem Gottesdienst in der Christuskirche, Kleine Bergstraße 1, feiert die Beckhausener Ortsgruppe des Blauen Kreuzes in der Evangelischen Kirche (BKE) am Sonntag, 8. März, 10 Uhr, ihr 30-jähriges Bestehen. Anschließend werden noch einige Grußworte gesprochen.
Wer sich für die wöchentlichen Gruppenstunden interessiert, kann ohne Voranmeldung einfach vorbeikommen: Sie finden mittwochs, 19 bis 21.15 Uhr, im Gemeindehaus der Evangelischen Epiphanias-Kirchengemeinde, Bergstraße 9, statt und richten sich an Medikamenten- und Alkohol-Abhängige sowie deren Angehörige und Interessierte.
Hilfreich waren und sind für ihn auch die Ausflüge und Theaterbesuche, die die Gruppe gemeinsam unternimmt, auch die Glaubensgespräche, die angeboten, aber nicht aufgezwängt werden. Und immer wieder sich klar zu machen, „warum ich getrunken habe und dass das Leben ohne Alkohol so viel besser ist. Wer weiß, ob ich jetzt noch leben würde, wenn ich so weitergemacht hätte….“