Gelsenkirchen. Schulleiter David Fischer ist Oberbürgermeister-Kandidat der Grünen. Die Kreisvorsitzende Adrianna Gorczyk führt die Liste für ein Ratsmandat an.
Viel mehr Schwung kann man wohl kaum aufnehmen aus der Bundespolitik. Es reicht allemal für ordentlich Schub in der Gelsenkirchener Parteizentrale an der Ebertstraße. Die Stimmungslage der Grünen dort entspricht den hohen Umfragewerten. Und sie wird durch Mitgliederzahlen befördert. Fast 50 Frauen und Männer sind in den vergangenen Wochen neu zur Partei gestoßen, die Mitgliederzahl stieg auf 151. Nicht wirklich viel, aber für die Grünen ein Wert, der hoffen lässt. „Wir waren noch nie so gut aufgestellt für die Ratsliste und könnten sie bis Platz 30 besetzen. Das haben wir die letzten 20 Jahre nicht gehabt“, sagen David Fischer (45) und Adrianna Gorczyk (32). Die beiden verkörpern so etwas wie grünen Aufbruch – er als OB-Kandidat, sie auf Platz 1 der Ratsreserveliste.
Der nächste politische Schritt in Gelsenkirchen
Gorczyk stieß 2009 zur Grünen Jugend, ist seit 2018 Vorsitzende und fühlt sich nun reif „für den nächsten Schritt. Der war eigentlich logisch“, sagt sie und tritt an, den Stadtrat „und die vielen alten weißen Männer dort“ zu fordern. „Ich kann kann ganz ordentlich streiten“, sagt die 32-Jährige selbstbewusst.
Zur Person: David Fischer
David Fischer ist 45 Jahre alt, leitet ein Berufskolleg in Oberhausen, ist verheiratet und hat ein Kind. 2003 trat er in die Partei ein, seit 2004 ist er Mitglied der Ratsfraktion, zunächst als Bezirksverordneter und sportpolitischer Sprecher, seit 2016 als Stadtverordneter. Seine Schwerpunktthemen: Bildung, Sport, Kultur und Integration. Seit 2017 ist Fischer Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) „Bildung und Schule“ der Grünen.
In Zwickau aufgewachsen, floh Fischer 1989 aus der DDR und kam über die Prager Botschaft nach Gelsenkirchen in das Auffanglager an der Adenauerallee. Sein Abi hat er an der Gesamtschule Berger Feld gemacht. Gelsenkirchen, sagt Fischer, ist meine Heimat.
Fischer ist seit 16 Jahren für die Fraktion aktiv. Nun will er OB werden, um Gelsenkirchen „lebenswerter, sozial gerechter und nachhaltiger zu gestalten“, dafür wolle er seine „empathischen, kommunikativen und organisatorischen Fähigkeiten“ einbringen. ,„Ich habe eine gewisse Erfahrung aufzuweisen“, auch beruflich hat der 45-Jährige als Leiter eines Oberhausener Berufskollegs „eine Führungsrolle inne“. Da sei der Schritt, für das Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren, „konsequent“. Seine Motivation? „Endlich ein grüneres Gelsenkirchen“ hinzubekommen, im „bildlichen Sinne, aber auch innerhalb des Parteienspektrums“. Im bisherigen Rat der Stadt macht er Stagnation aus. „Wir brauchen eine sehr deutliche Verantwortungsübernahme, die wollen wir anstreben.“
Stärkere Begrünung auf Dächern, Fassaden und Plätzen
Lokal sehen Gorzyk und Fischer die Grünen mit ihren „klassischen Themen ganz weit vorne“ und sind entsprechend sicher, „dass wir im Rat mit einer großen Fraktion eine große Rolle spielen werden“. Seit die Klimakrise starkes Menschen- und Medienthema ist, dürfen sich die Grünen hier durchaus Kernkompetenz zusprechen – bei Klima- und Artenschutz, „stärkerer Begrünung auf Dächern, Fassaden und Plätzen. „Auf Klimawandel müssen wir vor Ort reagieren“, fordert die 32-Jährige. „Auf Plätzen wie dem Grilloplatz in Schalke oder St. Urbanus in Buer kann und will sich doch kein Mensch aufhalten.“
Dazu passt ein anderer Schwerpunkt: Wichtig sind Fischer die Quartiersentwicklung, die Teilhabe vor Ort. „Dort muss die Arbeit passieren. Wir brauchen stärkere Quartierszentren und Quartiersmanager. Da geschieht noch viel zu wenig.“ Gleiches gelte für den öffentlichen Nahverkehr, das „katastrophale“ Radwegenetz. „Die Angebote müssen attraktiver werden“, so Fischer. Es gehe „nicht ums Verbieten“, ergänzt die Grünen-Vorsitzende. Aber Verzicht schaffe „auch mehr Lebensqualität und birgt Chancen. Ich trete dafür ein, dass wir die Straßen und Plätze von den Autos zurückerobern und bürgerschaftliches und kulturelles Engagement stärker unterstützen.“
Gemeinsame Lösungen für die Altschuldenproblematik
Eine Lösung (mit Bund und Land) für die Altschuldenproblematik, ein schlüssiges Gewerbesteuerkonzept für den städtischen Haushalt, Integration, Migration, soziale und Bildungsgerechtigkeit sind weitere Themen, die die Grünen setzen wollen. „Wir brauchen die besten Schulen für unsere Kinder“, postuliert Fischer und fordert, „den Sanierungsstau endlich“ aufzulösen „und endlich dem Elternwillen zu folgen: Wir brauchen eine weitere Gesamtschule für Gelsenkirchen-Mitte.“
Inhaltlich sehen sich die Grünen gut und breit aufgestellt. „Für die OB-Wahl“, glaubt Fischer, sei es zudem „unfassbar wichtig, dass man von hier kommt“. Ihren Wahlkampf wollen sie verstärkt über soziale Medien führen, „aber wir werden auch sehr, sehr viel auf der Straße sein“. Letztlich, findet Gorczyk, sei vor allem das „persönliche Gespräch entscheidend“. Dass die personellen Reserven gewachsen sind, kann da nicht schaden. Gorczyk: „Zu uns kommen viele neue Mitglieder mit eine Erwartungshaltung. Aber bei uns geht es relativ schnell, Verantwortung zu übernehmen. Wir bieten einfach Chancen und wollen die Aufbruchpartei sein, als die wir uns begreifen.